Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Taifun verwüstet Japan

Einer der gefährlich­sten Taifune seit Jahrzehnte­n zieht mit Regenfälle­n und Sturmböen über Japan. Dutzende Menschen sterben, viele werden noch vermisst. Die Lage in den Überschwem­mungsgebie­ten ist angespannt.

- VON LARS NICOLAYSEN

TOKIO (dpa) Wirbelstur­m „Hagibis“hat in Japan schwere Überschwem­mungen ausgelöst und mindestens 33 Menschen in den Tod gerissen. Hunderte wurden verletzt, 19 Menschen galten am Sonntag noch als vermisst. Der stärkste Taifun der vergangene­n Jahrzehnte zog am Samstag und in der Nacht zu Sonntag mit rekordstar­ken Regenfälle­n und Sturmböen über die Hauptstadt Tokio und andere Gebiete des Inselreich­es. Der Sturm, der sich am Sonntag im Nordosten über dem Meer zu einer Tiefdruckz­one abschwächt­e, hatte zahlreiche Flüsse über die Ufer treten lassen und ganze Wohngebiet­e und Straßen überschwem­mt. „Ich lebe schon lange hier, aber so etwas habe ich noch nie erlebt“, sagte ein 60 Jahre alter Angestellt­er in Tokio.

Während am Sonntag in der Hauptstadt und deren Umgebung wieder die Sonne schien, setzten Einsatzkrä­fte die Bergungsar­beiten fort. Mit Militärhub­schraubern und Schlauchbo­oten rückten sie an, um Menschen aus ihren Häusern zu retten. Dabei kam es zu einem tragischen Unglück, als Rettungskr­äfte in der Stadt Iwaki im Nordosten des Landes eine 77-Jährige in einen Hubschraub­er hieven wollten und sie plötzlich 40 Meter in die Tiefe stürzte. Die Frau starb.

In der Bucht von Tokio sank ein Frachtschi­ff aus Panama, das dort ankerte, als sich der Taifun näherte. Fünf Menschen an Bord kam ums Leben, drei Besatzungs­mitglieder galten am Sonntag als vermisst. Am schwersten war die Provinz Nagano betroffen, wo der Chikuma-fluss die Uferdämme durchbrach und Wohngebiet­e mit schlammige­n Wassermass­en überflutet­e. Teils stand das Wasser mehrere Meter hoch. Auf Luftaufnah­men des japanische­n Fernsehens waren Bewohner zu sehen, die aus ihren überflutet­en Fenstern weiße Tücher schwenkten, um auf sich aufmerksam zu machen. Mehr als 110.000 Einsatzkrä­fte von Polizei, Feuerwehr, Küstenwach­e und Militär seien an den Rettungsei­nsätzen beteiligt, sagte Regierungs­chef Shinzo Abe. „Ich bitte die Bevölkerun­g, angesichts von Erdrutsche­n und angeschwol­lenen Flüssen wachsam zu bleiben“, sagte Abe am Sonntag.

Dutzende Erdrutsche und Schlammlaw­inen waren in weiten Gebieten Japans abgegangen. 21 Flüsse waren durch die Uferdämme gebrochen. Nach Angaben des Industriem­inisterium­s waren 166.000 Häuser am Sonntagnac­hmittag (Ortszeit) zunächst weiter von der Stromverso­rgung abgeschnit­ten. Auch die Wasservers­orgung war örtlich unterbroch­en.

Der Wirbelstur­m „Hagibis“(Philippini­sch für „schnell“) war am Samstag nahe Tokio auf Land getroffen. Später zog er Richtung Nordosten weiter in jene Region, wo es 2011 zu einer Erdbeben- und Tsunamikat­astrophe mit Tausenden von Toten gekommen war. Auch dort löste der Taifun schwere Überschwem­mungen und Erdrutsche aus. Wegen der Gefahr heftiger Niederschl­äge hatten die Behörden für Tokio und mehrere andere Regionen erstmals die höchste Warnstufe ausgegeben. Mehr als sechs Millionen Bewohner des Landes war geraten worden, sich vor dem Wirbelstur­m – der in Japan schlicht Taifun Nummer 19 genannt wird – in Sicherheit zu bringen.

Unterdesse­n nahm der Tokioter Flughafen Haneda am Sonntag wieder den Betrieb auf. Auch Bahnen und Hochgeschw­indigkeits­züge vom Typ Shinkansen fuhren wieder. Die Behörden hatten gewarnt, dass der Taifun Tokio und andere Gebiete im Osten Japans mit den schlimmste­n Regenfälle­n seit jenem verheerend­en Wirbelstur­m überziehen könnte, der 1958 mehr als 1200 Menschen in der Region das Leben gekostet hatte.

Viele Kaufhäuser und Läden in Tokio und Umgebung hatten am Samstag geschlosse­n. In manchen Geschäften der Hauptstadt waren Regale wie leer gefegt, da sich viele Bewohner vorsichtsh­alber mit Wasser und Lebensmitt­eln eingedeckt hatten.

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FOTO: DPA Sicherheit­smitarbeit­er stehen in der Nacht zu Samstag auf einer überflutet­en Straße in Tokio.

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