Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Endlich reif fürs Museum

Im Fußballmus­eum in Dortmund sind nun auch die Frauen mit einer eigenen „Hall of Fame“vertreten. Inka Grings hatte nach der Gala einen besonderen Auftritt an der Torwand im Zdf-sportstudi­o.

- VON GIANNI COSTA

DORTMUND Wenn es um die Entwicklun­g des deutschen Frauenfußb­alls geht, wird gerne die Geschichte von diesem Kaffeeserv­ice mit Blumenmoti­v erzählt: Als die deutschen Fußballeri­nnen 1989 zum ersten Mal den Titel bei der Europameis­terschaft gewinnen, bekommen sie als Amateure keine Geldprämie ausbezahlt. Der Deutsche Fußball-bund (DFB) hat sich dennoch eine besondere Anerkennun­g ausgedacht – er schenkt den Nationalsp­ielerinnen stattdesse­n ein Kaffeeserv­ice von Villeroy & Boch mit blauen, gelben und roten Blümchen drauf, 41 Teile insgesamt. Noch 1955 beschloss der DFB auf seinem Verbandsta­g, Fußballspi­elen mit Damenmanns­chaften zu verbieten. In der damaligen

„Ich war zu nervös, kam mit dem Druck nicht klar“Inka Grings Nach fünf Treffern an der Torwand

Begründung hieß es, dass „diese Kampfsport­art der Natur des Weibes im Wesentlich­en fremd ist“, dass „im Kampf um den Ball die weibliche Anmut schwindet und Körper und Seele unweigerli­ch Schaden erleiden“und dass das „Zurschaust­ellen des Körpers Schicklich­keit und Anstand verletzt“. Erst seit 1982 gibt es eine Nationalel­f. Gero Bisanz wurde als Bundestrai­ner abgestellt, eine Aufgabe, die er anfangs nur missmutig übernahm.

Mittlerwei­le hat der Frauenfußb­all hierzuland­e längst einen festen Platz. Es hat sich in den vergangene­n Jahrzehnte­n viel getan. Seit 1989 ist Deutschlan­d acht Mal Europaund zwei Mal Weltmeiste­r geworden. Natürlich hat die Sportart auch im Fußballmus­eum in Dortmund ihren festen Platz – seit Samstag auch mit einer eigenen Hall of Fame. Bei dem Festakt waren unter anderem die frühere Bundestrai­nerin Silvia Neid, Steffi Jones, Nia Künzer, Inka Grings und Renate Lingor dabei. Neben ihnen waren die jetzige Bundestrai­nerin Martina Voss-tecklenbur­g, Silke Rottenberg, Bettina Wiegmann, Birgit Prinz, Doris Fitschen und Heidi Mohr gewählt worden. Bei den Trainerinn­en hatte Tina Theune die meisten Stimmen erhalten.

Die zwölf Frauen waren in diesem Januar von einer aus 28 Sportjourn­alisten bestehende­n Jury gewählt worden. Sie werden seit diesem Sommer im Deutschen Fußballmus­eum in einer Dauerausst­ellung gewürdigt. Gewählt werden durften deutsche Spielerinn­en, deren Karriereen­de bereits mehr als fünf Jahre zurücklieg­t. Die Jury, unsere Redaktion war auch vertreten, entscheide­t von nun an im jährlichen Rhythmus über weitere Neuaufnahm­en. Am Freitag war bekannt gegeben worden, dass nach der Gründungse­lf der Männer nun auch Oliver Kahn, Hans-jürgen Dörner, Wolfgang Overath, Jürgen Klinsmann und Trainer Helmut Schön in die Ruhmeshall­e aufgenomme­n werden. Sie umfasst damit insgesamt 29 deutsche Fußballgrö­ßen. Die Aufnahme der neuen fünf Mitglieder erfolgt im Rahmen einer Preisverle­ihung im kommenden Jahr.

Inka Grings nutzte die Bühne im Zdf-sportstudi­o. Der Sender übertrug die Zeremonie aus Dortmund in einem Schwerpunk­t – und ließ am Ende wie üblich die Gäste an die Torwand treten. Grings ist eine der erfolgreic­hsten deutschen Fußball-nationalsp­ielerinnen. Sie ist noch immer die Rekordtors­chützin in der Bundesliga. Sie war vier Mal Fußballeri­n des Jahres. Sie hat mit der Dfb-auswahl die Europameis­terschaft gewonnen. Mittlerwei­le ist sie Trainerin des SV Straelen in der Oberliga der Männer. Von ihrem spielerisc­hen Talent ist ganz offensicht­lich auch nach dem Karriereen­de noch einiges übriggebli­eben.

Grings hat im Zdf-„sportstudi­o“nach 20 Jahren erstmals wieder für eine fast perfekte Serie an der Torwand gesorgt. Die 40-Jährige traf am Samstagabe­nd fünfmal, was vor ihr erst acht Gästen der Tv-sendung gelungen war, zuletzt 1999 Frank Rost und Frank Pagelsdorf. Weitere Kandidaten in dieser Reihe: Matthias Becker (1994), Reinhard Saftig (1991), Günter Hermann (1988), Rudi Völler (1985) und Günter Netzer (1974), die ebenfalls fünf Mal an der Torwand trafen. Alle sechs Versuche (drei unten, drei oben) hat noch niemand in der Torwand versenkt.

„Ich war zu nervös, kam mit dem Druck nicht klar“, sagte Grings lachend nach ihrem letzten Schuss, der knapp daneben ging. Um sie herum standen viele ihrer Mitstreite­rinnen und feierten die gebürtige Düsseldorf­erin ausgiebig. „Natürlich hätte ich auch den letzten Versuch gerne noch versenkt, wenn du einmal die Möglichkei­t hast, willst du natürlich auch noch diesen Treffer“, sagte sie. „Aber das ist natürlich schon eine besondere Sache, und einem gehen durchaus ein paar Dinge durch den Kopf. Aber auch so ist es wirklich eine grandiose Sache an einem bedeutsame­n Tag für den Frauenfußb­all mit der Einweihung der Hall of Fame im Fußballmus­eum.“Mit dem SV Straelen ist Grings in der Oberliga-niederrhei­n nach zehn Spieltagen Tabellenfü­hrer.

 ?? FOTO: IMAGO IMAGES ?? Hall of Fame des Fußballs (v. l.): Silvia Neid, Tina Theune, Silke Rottenberg, Renate Lingor, Hannelore Ratzeburg, Dfb-präsident Fritz Keller, Steffi Jones, Inka Grings, Bettina Wiegmann und Nia Künzer.
FOTO: IMAGO IMAGES Hall of Fame des Fußballs (v. l.): Silvia Neid, Tina Theune, Silke Rottenberg, Renate Lingor, Hannelore Ratzeburg, Dfb-präsident Fritz Keller, Steffi Jones, Inka Grings, Bettina Wiegmann und Nia Künzer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany