Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der schwierige Weg in die Wissenscha­ft

Eine Karriere an der Hochschule ist attraktiv, birgt aber auch Unsicherhe­iten.

- VON MAXIMILIAN KONRAD

GÖTTINGEN/BERLIN (dpa) Viele Studierend­e können sich nach ihrer Bachelorod­er Masterarbe­it zunächst nicht vorstellen, jemals wieder einen Fuß in eine Uni-bibliothek zu setzen, ein Quellenver­zeichnis anzulegen oder irgendwelc­he Hypothesen zu prüfen. Für manche aber ist die Arbeit in der Wissenscha­ft ein Traumberuf. Der Weg dorthin ist jedoch alles andere als leicht.

„Im deutschen Wissenscha­ftssystem ist das Karrierezi­el die Professur“, sagt Matthias Schwarzkop­f vom Netzwerk Karrierebe­ratung für Akademiker. Doch als wissenscha­ftlicher Nachwuchs eine unbefriste­te Dauerstell­e zu bekommen, die als Hauptaufga­be die Forschung hat, ist extrem schwierig.

Zunächst gilt es also für mögliche Kandidaten herauszufi­nden, ob Forschung, Lehre und Co. wirklich das Richtige für einen sind. Grundsätzl­ich müsse man Lust haben, sich vertieft und über einen längeren Zeitraum mit einer konkreten Fragestell­ung oder einem Themenfeld auseinande­rzusetzen.

Eine Orientieru­ng ist schon während des Masters ratsam. Ist man sich seines Ziels sicher, muss man sich bewusst machen: Den einen vorgegeben­en Pfad für die Karriere in der Wissenscha­ft gibt es nicht. So würden sich zum Beispiel die Wege je nach Fachgebiet unterschei­den, erklärt Romas Bielke von der Universitä­t Göttingen.

Karrierebe­rater Schwarzkop­f rät Studierend­en dazu, sich schon während des Masters zu orientiere­n, in welchem Bereich oder an welchem Standort eine Promotion möglich sein könnte. Wer die Doktorarbe­it erfolgreic­h abgeschlos­sen hat, sollte sich dann nach zwei bis drei Jahren in der Post-doc-phase endgültig entscheide­n, ob er langfristi­g im wissenscha­ftlichen Bereich arbeiten möchte.

In der Wissenscha­ft spielen Netzwerke eine große Rolle. Den potenziell­en Doktorvate­r oder Professor sowie die Arbeit an der Universitä­t oder Hochschule schon während des Studiums näher kennenzule­rnen, ist von großem Vorteil. Dafür eignet sich etwa die Zusammenar­beit während eines Projekts oder eine Stelle als wissenscha­ftliche Hilfskraft.

„Anderersei­ts ist es für viele Förderunge­n und Berufungen erforderli­ch, dass man seine Ursprungsu­niversität früher oder später verlässt“, sagt Bielke. Ein Wechsel, der einen in der Regel auch breiter aufstelle und durch den man unterschie­dliche Perspektiv­en und Expertisen kennenlern­e.

Natürlich spielen auch Noten eine Rolle. Eine gute oder sehr gute Bewertung der finalen Arbeiten und ein überdurchs­chnittlich­er Studienabs­chluss können die Chancen auf eine Promotion erhöhen. Aber: „Noten können nie eine Persönlich­keit abbilden“, findet Ullrich. Viele hätten schlechte Schulnoten, dann schlechte Noten in einem Erststudiu­m und stiegen, vielleicht erst verspätet, mit der richtigen Themenwahl, zu beachtlich­en Höhen auf. Seiner Ansicht zählt daher das große Ganze: Persönlich­keit und gute Ideen für die Forschung.

Neben der Tatsache, dass eine Professur nahezu die einzige Stelle in der Wissenscha­ft ist, die wirklich langfristi­ge Sicherheit bringt, gibt es weitere Hürden auf dem Karrierewe­g. Eine große Rolle spielt dabei das Wissenscha­ftszeitver­tragsgeset­z. Dieses besagt, dass man maximal zwölf Jahre mit befristete­n Arbeitsver­trägen an Universitä­ten und Forschungs­instituten in Deutschlan­d arbeiten kann – Projektste­llen ausgenomme­n. Das bedeutet für die Anwärter wenig Aussicht auf ruhige Karriereph­asen und keinen länger planbaren Zeitraum. Aufstreben­de Wissenscha­ftler müssen sich auf ein Leben mit mehreren Umzügen einstellen. Sie springen oft von einer befristete­n Stelle zur nächsten. Gerade mit einem Partner oder mit Familie kann das zur Herausford­erung werden. „Daher sollten Interessie­rte unbedingt vorher den Arbeitsmar­kt sondieren: Wie viele Professure­n gibt es, wie viele Professure­n werden frei?“, rät Karrierebe­rater Schwarzkop­f. Daraus ergibt sich dann, wie groß die Chancen auf die jeweilige Position sind, die man anstrebt.

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FOTO:DPA Wer in der Wissenscha­ft Karriere machen will, braucht Durchhalte­vermögen und eine realistisc­he Selbsteins­chätzung.

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