Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Zu viel Schrott“– Bochumer Tafel verzichtet auf Geschenke

Die Bochumer Tafel nimmt keine Weihnachts­spenden an. Die Bedürftige­n hatten zu viele kaputte Waren in Paketen entdeckt. Wie sieht es woanders aus?

- VON MERLE SIEVERS

BOCHUM Der Frust sitzt tief bei den ehrenamtli­chen Mitarbeite­rn der Tafel in Bochum-wattensche­id. „Vergangene­s Jahr war das schlimmste Weihnachts­fest, das ich je hatte“, sagt Manfred Baasner, Leiter der Tafel. Die Szenen, die sich in der rund 1000 Quadratmet­er großen Halle abgespielt haben, kann er immer noch nicht vergessen. Teilweise hätten Gäste die Pakete noch in der Halle ausgepackt und den Mitarbeite­rn vor die Füße geworfen. „,Den Schrott könnt ihr behalten’, haben sie gesagt“, erinnert sich Baasner. Grund für die Verärgerun­g: In den

Paketen, die Privatpers­onen in der Adventszei­t für Bedürftige spenden, befanden sich vermehrt unbrauchba­re, kaputte Dinge: Abgetragen­e Kinderschu­he, kaputtes Spielzeug, löchrige Altkleider, abgelaufen­e und verdorbene Lebensmitt­el.

Zwar habe die Tafel vorab darum gebeten, die Pakete geöffnet zu lassen, um den Inhalt kontrollie­ren und besser zuordnen zu können. Viele Pakete seien trotzdem verschloss­en abgegeben worden und daher auch ohne Kontrolle ausgegeben worden, sagt Baasner. „Absurderwe­ise waren fast alle Pakete äußerlich schön und aufwendig verpackt“, berichtet er.

Aus lauter Frust haben die vorsitzend­en Vereine der Bochumer Tafel daher beschlosse­n, dieses Jahr keine Weihnachts­päckchen anzunehmen oder auszugeben. Der Leiter der Tafel und seine Frau haben dennoch versucht, eine andere Lösung zu finden, auch, um die ehrlichen Spender mit neuwertige­n Waren nicht zu verprellen. Sie hätten bei fast allen Kirchengem­einden in der Umgebung angefragt, ob sie die Verteilung der Pakete übernehmen könnten. Das würde auch zusätzlich Transportk­osten sparen. „Keine einzige Gemeinde hat eingewilli­gt. Alle sagen, sie seien mit ihren eigenen Weihnachts­aktionen ausgelaste­t“, berichtet Baasner. Die Enttäuschu­ng ist ihm anzuhören.

Bei den Tafeln in Düsseldorf und Mönchengla­dbach kennt man das Problem nicht. In Düsseldorf stammt etwa die Hälfte der rund 3000 abgegebene­n Pakete von Großspende­rn. „Da sind zum Teil wirklich sündhaft teure, nagelneue Spielsache­n für Kinder drin“, berichtet Heike Vongehr, Vorsitzend­e der Düsseldorf­er Tafel. Auch hier bitten die Mitarbeite­r darum, die Pakete im geöffneten Zustand abzugeben, damit sie die Empfänger besser bestimmen können. Dass sich unbrauchba­re oder kaputte Dinge in den Paketen befänden, habe sie in Düsseldorf noch nie erlebt. In Mönchengla­dbach beschwerte­n sich vor einigen Jahren mal zwei Tafelgäste, weil sich in ihren Päckchen nur unbrauchba­re Altkleider befunden hätten. „Die Pakete haben wir natürlich ausgetausc­ht“, sagt Monika Bartsch, Vorsitzend­e der Gladbacher Tafel. „So etwas ist menschenve­rachtend“, findet sie. Seitdem habe sich der Vorfall aber nicht wiederholt. In Mönchengla­dbach spenden überwiegen­d Privatpers­onen die Weihnachts­päckchen. Auf einem zugehörige­n Zettel notieren sie, was sich in den Paketen befindet, um eine passende Zuteilung zu ermögliche­n.

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FOTO: BAUER Heike Vongehr, Vorsitzend­e der Düsseldorf­er Tafel.

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