Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
SPD sucht die Super-vorsitzenden
Die Stichwahl hat begonnen. Welches Team hat die besseren Karten?
BERLIN Seit dem Sommer beschäftigt sich die SPD nun schon damit, eine Nachfolge für Ex-parteichefin Andrea Nahles zu finden, die ihr Amt entnervt hinschmiss. Jetzt hat die finale Runde im Mammutprozess begonnen: Seit Dienstag können die knapp 430.000 Mitglieder abstimmen, ob die künftige Doppelspitze aus Finanzminister Olaf Scholz und der Brandenburgerin Klara Geywitz bestehen soll oder aus Ex-nrw-finanzminister Norbert Walter-borjans und der Baden-württembergerin Saskia Esken.
Fest steht: Der innerparteiliche Wettkampf hat zuletzt an Schärfe gewonnen, nachdem wochenlang bei 23 Regionalkonferenzen wenige Auseinandersetzungen zwischen den damals noch sieben Teams zu beobachten waren. Bei mehreren live übertragenen Duellen erlebten die Zuschauer Wortgefechte zwischen den beiden Finalistenduos etwa zum Klimaschutz oder zur Finanzpolitik. Für die künftigen Parteivorsitzenden folgt aus der auch zwischen Mitgliedern und Funktionären angeheizten Debatte die Schwierigkeit, die SPD wieder zu einen und hinter sich zu sammeln, wenn sie nach dem Parteitag Anfang Dezember ihr Amt antreten.
Welches Team in der Stichwahl die besseren Chancen hat, wird vor allem von der Mobilisierungskraft abhängen. Zumal beim ersten Votum vor wenigen Wochen nur etwas mehr als die Hälfte der Mitglieder abstimmte. Das Team Walter-borjans und Esken wird vom Bundesvorstand der Jusos unterstützt, an der Spitze wirbt Kevin Kühnert offensiv für die beiden. Er hat nun angekündigt, für den Bundesvorstand der Partei zu kandidieren, und hat das Amt des Generalsekretärs für sich ausgeschlossen – immer wieder wurde ihm ein entsprechender Deal mit den Kandidaten nachgesagt, den beide Seiten dementierten. Insbesondere für die Kritiker der Koalition, die allein deswegen nicht für Olaf Scholz stimmen wollen, bleibt das Team damit glaubwürdig. Scholz und Geywitz wiederum werden vor allem jene Genossen für sich gewinnen, die der Koalition weiterhin eine Chance geben wollen und insbesondere in Scholz einen geeigneten Kanzlerkandidaten sehen. Das Team wird von vielen Spitzengenossen, Abgeordneten und mehreren Bundesministern unterstützt – das könnte an der Basis strukturelle Vorteile bringen.
Ob das aber wirklich hilft oder in einer kriselnden und nach Veränderung lechzenden Partei nicht sogar das Gegenteil bewirkt, wird sich mit dem Ergebnis der Stichwahl am 30. November zeigen.