Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Viele Fragen, keine Antworten
Der IS gilt in Mossul als besiegt. Doch stimmt das wirklich? Und sind damit die dort vorherrschenden Probleme aus der Welt geschafft? Die hochemotionale Dokumentation „Verlorene Seelen“(Vortag, 23.20 Uhr, Arte) von Francesca Mannocchi und Alessio Romenzi wollte auf diese drängenden Fragen Antworten finden. Dazu reisten die Filmemacher an den Ort des Geschehens in den Irak. Dort entstanden beinahe schon ästhetisch anmutende Bilder von endlosen Wüsten, Ruinen und riesigen Staubwolken. Doch als Zuschauer fiel es natürlich schwer, sich über die tolle Kameraarbeit zu freuen, denn der Stoff des Beitrags war harter Tobak: Vorrangig ging es um die Familien ehemaliger Is-kämpfer, die nicht nur von der traumatisierten Bevölkerung verachtet und verfolgt werden, sondern auch von der Regierung. Selbst kleinen Kindern wurde keine Gnade gezeigt, auch sie wurden verhaftet. Dabei warf die Inszenierung subtil die Frage nach Schuld und Sühne auf – wie sollte man mit den Familienmitgliedern umgehen, die tatenlos dabei zugesehen hatten, wie ihre Ehemänner beziehungsweise Väter oder Brüder Gräueltaten im Namen des IS verübten? Und was wird es auf lange Sicht bewirken, diese Kinder wie Verbrecher zu behandeln, ihnen den Zugang zu Bildung und dem Gesundheitssystem zu verwehren? Der bedrückende Beitrag konnte darauf keine eindeutigen Antworten finden, zeichnete jedoch ein düsteres Bild, das zeigte: Die irakische Regierung muss so schnell wie möglich eine Lösung finden, sonst wird es bis zum Wiedererstarken des IS nicht lange dauern. Dadurch schaffte es die Doku, noch lange nachzuwirken. (ar)