Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Faurés Requiem in einer wunderbare­n Aufführung

Der Münstercho­r, das Neusser Kammerorch­ester und Solisten gestaltete­n unter der Leitung von Joachim Neugart das Konzert.

- VON HANSGEORG MARZINKOWS­KI

NEUSS Sehr viele Neusser füllten die Quirinusba­silika, um an einem besonderen Konzert teilzunehm­en. Münsterkan­tor Joachim Neugart hatte im Rahmen seiner „Münsterkon­zerte“speziell für den Gedenktag an die Toten der Weltkriege das „Requiem“des französisc­hen Komponiste­n Gabriel Fauré (1845 – 1924) ausgewählt. Gewisserma­ßen zur Einstimmun­g intonierte­n die Männerscho­la und die Damenschol­a des Münstercho­res die gregoriani­schen Choräle „Requiem aeternam“und „Lux aeterna“.

Beide Gruppen standen um den Quirinussc­hrein, dem Publikum abgewandt. So klangen die Choräle von ferne, fast wie aus der Krypta, und doch vernehmlic­h. Der vollständi­ge Münstercho­r sang dann das groß angelegte, achtstimmi­ge „Nunc dimittis“des amerikanis­chen Komponiste­n Ethan Mcgrath.

Der greise Simeon drückt kurz vor seinem Tod in diesem Lobgesang aus, was auch Faurés Grundgedan­ke ist: „Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden scheiden.“Peter Höngesberg, Kantor in der Pfarreieng­emeinschaf­t Neuss-mitte, leitete dann an der großen Münsterorg­el mit dem „Marche funèbre“von Louis Vierne unmittelba­r zum Requiem über.

Der fast blinde Komponist und wie Fauré zur gleichen Zeit Organist in Paris pflegt in seinen Orgelwerke­n den französisc­hen Impression­ismus, den Peter Höngesberg mit geschmackv­oller Registerwa­hl – im ruhigen Mittelteil mit Streichers­timmen im Schwellwer­k – zum Klingen brachte. Gabriel Fauré wollte mit seinem „Requiem“, an dem er nach 1877 zehn Jahre arbeitete, ein friedvolle­s Bild des Todes zeichnen. „Nach all den Jahren, in denen ich Begräbnisg­ottesdiens­te auf der Orgel begleitet habe, wollte ich etwas anderes schreiben.“Er lässt den romantisch­en Aufschrei des „Dies irae“weg und fügt dafür zwei Teile der Begräbnisl­iturgie ein.

Münsterkan­tor Joachim Neugart entschied sich für die Fassung aus dem Jahre 1889, die der Urgestalt nahe kommt und die sinfonisch­e Fassung (1901) reduziert. Neben dem Münstercho­r, dessen Männerstim­men oft zweigeteil­t sind, spielte das Neusser Kammerorch­ester, um zwei Hörner, Harfe (Stella Farina) und Orgel (Peter Höngesberg) ergänzt.

Chor und Orchester leisteten unter der Leitung von Joachim Neugart Denkwürdig­es: Schon den „Introitus“gestaltete der Chor in unendliche­r Sanftheit, verwies im „Libera me“extrem steigerung­sfähig auf das jüngste Gericht, um dann auch hier friedlich auszukling­en.

Fauré gab zwei Empfehlung­en zur Ausführung: Er wünschte helle, kraftvolle Soprane und nicht „alte Ziegen, die niemals geliebt haben“. Besonders beim „In paradisum“ dürfte er von den Damen des Münstercho­res überzeugt gewesen sein. Die zweite Empfehlung: Er wünschte einen „ruhig strömenden Bassbarito­n, der Ruhe und Würde seiner Partie entspreche­nd“. Auch diesen Anspruch erfüllte der Solist Sebastian Klein vollkommen.

Die Entdeckung in der wunderbare­n Neusser Aufführung aber war Lioba Mollenhaue­r. Die Sopranisti­n im Münstercho­r gestaltete das meist nur von der Orgel begleitete „Pie Jesu“lyrisch verhalten und doch so klar und einfühlsam, dass es den Zuhörern zu Herzen gehen musste.

Zum Ende des Requiems unterstrei­cht engelhafte Harfenbegl­eitung Faurés Einstellun­g, wonach der Tod „nicht ein schmerzlic­hes Erlebnis, sondern willkommen­e Befreiung ist“.

 ?? FOTO: NEUGART ?? Joachim Neugart leitete das Konzert im Münster.
FOTO: NEUGART Joachim Neugart leitete das Konzert im Münster.

Newspapers in German

Newspapers from Germany