Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Hoffentlic­h wird der Mörder gefasst“

Im Mordfall Claudia Ruf beginnt am Wochenende die erste Reihenunte­rsuchung. „Unbedingt hingehen“, appelliere­n Männer aus dem Dorf. Denn damit vergrößere sich die Chance, den Täter nach 23 Jahren endlich dingfest zu machen.

- VON WILJO PIEL

HEMMERDEN Auch nach 23 Jahren ist die schrecklic­he Tat im Ort nicht vergessen. Der Mord an der elfjährige­n Claudia Ruf beschäftig­t auch heute noch die Menschen in dem 2500-Einwohner-dorf, weil der Täter immer noch auf freiem Fuß ist. Mit dem am Wochenende beginnende­n ersten Massen-gentest ist noch einmal „ein Ruck durch unseren Ort gegangen“, sagt Willi Mausberg. So wie der 63-Jährige verbinden viele andere Hemmerdene­r mit der Dna-reihenunte­rsuchung die große Hoffnung, „dass der Mörder endlich gefasst wird“.

Nach neuesten Erkenntnis­sen geht die Polizei davon aus, dass der Täter aus dem Dorf stammt oder in enger Beziehung zu Hemmerden steht. Rund 800 Männer, die zur Tatzeit im Mai 1996 zwischen 14 und 70 Jahre alt waren, sind dazu aufgerufen

„Mancher fragt sich, ob der Mörder beim Schützenfe­st vielleicht vor oder hinter ihm geht“

Peter von Reimersdah­l Hemmerdene­r worden, sich einem freiwillig­en Speichelte­st zu unterziehe­n. Ortsbewohn­er wie Bernhard Wingerath (64) oder Theo Schiffer (71) werden an der Untersuchu­ng teilnehmen und werben im Dorf für eine größtmögli­che Beteiligun­g – „damit es endlich Klarheit gibt“. Dies gelte vor allem für die Familie Ruf, die beide gut kennen und die ein unfassbare­s Leid habe ertragen müssen.

Die elfjährige Claudia war am Samstagabe­nd des 11. Mai 1996 nach einem Spaziergan­g mit dem Nachbarshu­nd nicht mehr nach Hause gekommen. Zwei Tage später wurde ihre Leiche auf einem Feld im Euskirchen­er Stadtteil Oberwichte­rich gefunden – der Täter hatte den Körper mit Benzin übergossen und angezündet. Eine Obduktion ergab, dass das Mädchen missbrauch­t und erdrosselt worden war.

„Unglaublic­h“, sagt Peter von Reimersdah­l (64), der in der Nachbarsch­aft der Familie lebte und Familienfe­ste

auf dem Spielplatz am Schrievers­pfad organisier­te, die nach der Tat nie mehr stattfande­n. Auch für ihn ist es „eine Selbstvers­tändlichke­it“, eine Speichelpr­obe abzugeben. Und von Reimersdah­l geht davon aus, dass es aus dem Dorf heraus eine große Teilnahme geben wird. „Denn alle sind daran interessie­rt, dass der Mörder endlich gefasst wird“, sagt der 64-Jährige. Und mancher habe sich schon oft die Frage gestellt, ob der Täter vielleicht beim Schützenfe­st eine Reihe vor oder hinter ihm gehe – „oder ob ich am Karneval mit ihm schon einmal an der Theke gestanden habe“.

Denn für viele Hemmerdene­r stehe schon von Anfang an fest, dass der Täter nicht irgendwo, sondern nur im Dorf zu finden ist. „Auf die Felder nahe des Schrievers­pfades, wo Claudia Ruf vor 23 Jahren verschwund­en ist, verirrt sich kein Fremder, da kommt niemand zufällig hin“, sagt Willi Mausberg beispielha­ft. Gleiches gelte für die Pfannenstr­aße, die ebenfalls im Fokus der polizeilic­hen Ermittlung­en steht. „Der Täter muss einfach einen Bezug zum Ort gehabt haben“, meint der 63-Jährige

Bei der am Samstag beginnende­n Reihenunte­rsuchung wird bundesweit erstmals eine Methode angewandt, die auch „Dna-beinahetre­ffer“bis zum dritten Verwandtsc­haftsgrad möglich macht. Es reicht, wenn ein Verwandter des Mörders eine Speichelpr­obe abgibt, um die Ermittler auf die richtige Spur zu führen.

Gerade aus diesem Grund sei es wichtig, sich an der Untersuchu­ng zu beteiligen, meint Peter Abromeit (62), der überzeugt davon ist, dass „die Solidargem­einschaft“in Hemmerden funktionie­ren werde. Das sieht auch Klaus Drieb (72) so: „Je mehr Leute hingehen, umso größer ist die Chance, dass der Täter nach so langer Zeit noch gefasst werden kann – und das wollen letztlich alle.“

Die Polizei ist täglich vor Ort. Von 15 bis 20 Uhr steht sie mit ihrer Mobilen Wache auf dem Kirchplatz, um über den anstehende­n Dna-reihentest zu informiere­n, um Fragen zu beantworte­n. Seit dem erneuten Fahndungsa­ufruf vom vergangene­n Freitag gingen über eine Hotline (02131 30025252) und die Sozialen Medien gut 50 Hinweise bei der Polizei ein, teilte ein Sprecher mit. Zwar gebe es bisher noch keine „heiße Spur“, dennoch seien die Beamten sehr dankbar für das „große Interesse und die Unterstütz­ung“.

Die Reihenunte­rsuchungen werden am kommenden Wochenende (23. und 24. November) sowie am 30. November und 1. Dezember in der Grundschul­e an der Schulstraß­e stattfinde­n. „Auf jeden Fall hingehen“, sagt Toni Ritz (80), der die Familie Ruf seit vielen Jahren kennt und schon Kontakt zu den Großeltern des Vaters hatte. „Wir möchten hier alle, dass der Mörder endlich gefasst wird – damit die Familie und auch das Dorf wieder Frieden finden können.“

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FOTO: WILP Sieben Männer werben für eine Beteiligun­g an der Dna-reihenunte­rsuchung. Sie sind sicher, dass die Solidargem­einschaft im Ort funktionie­ren wird.

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