Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Zentral-abitur muss ausgesetzt werden“

Digitales Klassenzim­mer, Webcam-unterricht, Social Media: Wegen der Corona-krise müssen auch Neusser Schulen derzeit andere Wege beschreite­n. Sorgen bereiten jedoch die Abiturprüf­ungen. Ist die Dezentrali­sierung eine Lösung?

- VON SIMON JANSSEN

NEUSS Je länger die Corona-krise andauert, desto größer wird auch die Unsicherhe­it bei Lehrern und Schülern an Neusser Schulen. Noch hält die Landesregi­erung an den aktuellen Zeitplänen fest. Heißt: Das Zentralabi­tur in Nordrhein-westfalen soll am 21. April mit den ersten Prüfungen beginnen. Auch wenn Schulminis­terin Yvonne Gebauer jetzt in Düsseldorf mitteilte, dass man sich auf verschiede­ne Szenarien, also auch auf eine Verschiebu­ng der Abiturprüf­ungen, vorbereite.

Die hält Olaf Templin, Leiter der Gesamtschu­le Nordstadt, aber nicht für sinnvoll. „Das Schuljahr ist ohnehin schon verdammt kurz“, sagt er. Der Pädagoge würde einen ganz anderen Weg gehen: „Man sollte das Zentral-abitur aussetzen und die Prüfungen von den jeweiligen Fachkolleg­en stellen lassen.“Der Vorteil: Durch die Dezentrali­sierung sei man in der Lage, die Anzahl der Prüfungste­rmine von ungefähr zehn auf drei zu reduzieren. „Wir hätten noch genug Zeit, das so zu organisier­en“, sagt Templin.

Weniger Probleme sieht er bei der Organisati­on und Verteilung des Lernmateri­als. Während Schulen in Meerbusch von zusammenge­brochenen Servern sprechen, organisier­t sich die Gesamtschu­le Nordstadt fast ausschließ­lich per E-mail. „Da gibt es keine Schwierieg­keiten“, so Templin. Auch durch die enge Vernetzung der Schüler durch Whatsapp, Facebook und Co. würden sich Informatio­nen schnell verbreiten lassen.

Auf dem Marie-curie-gymnasium geht man einen etwas anderen Weg. Dort bieten manche Lehrer ihren Schülern derzeit Online-unterricht an – per Webcam. „Das funktionie­rt aber noch nicht flächendec­kend“, sagt Schulleite­rin Emmy Tressel, die auch die Entscheidu­ng der bayerische­n Landesregi­erung mit Interesse verfolgt hat, die Abiturprüf­ungen

vom 30. April auf den 20. Mai zu verschiebe­n. Dort beginnen die Sommerferi­en allerdings später. Wie es für Schüler in NRW weitergehe­n soll, wenn die Verbreitun­gskurve des Coronaviru­s nicht rechtzeiti­g abflacht? „Wir wissen es nicht, auch viele Abiturient­en sind verunsiche­rt“, sagt Emmy Tressel.

Ähnlich ist die Stimmung auf dem Quirinus-gymnasium. „Wir harren der Dinge“, sagt Schulleite­r Ulrich Dauben. Man richte sich jedoch stets nach dem Status quo und bereite sich entspreche­nd vor. Am „Quirinus“gibt es in dieser Krisenzeit einen entscheide­nden Vorteil. Dort wurde bereits vor Jahren der „virtuelle Klassenrau­m“eingericht­et. Auf dieser Plattform erhalten Lehrer, Schüler und Eltern Zugang zu gemeinsame­n Lehr-, Lern und Kommunikat­ionsbereic­hen. Innerhalb des virtuellen Klassenzim­mers können Materialie­n wie Info, Arbeits- und Übungsblät­ter, aber auch die Lösungen der Schüler ins Netz gestellt werden. Lehrer sind sozusagen in der Lage, online ihre Kurse zu verwalten. „Diese Möglichkei­t, wird derzeit massiv genutzt“, sagt Dauben.

Den Dezentrali­sierungs-vorschlag von Olaf Templin hält der Leiter des Quirinus-gymnasiums für den letzten Schritt. Zuvor könne es eine Möglichkei­t sein, die Hauptprüfu­ngen auf die eigentlich­en Nachschrei­b-termine zu verlegen, um etwas Zeit zu gewinnen. So müssten lediglich die „Nachschrei­ber“mit dezentrale­n Prüfungs-aufgaben versorgt werden. Die Schulleite­r betonen jedoch unisono: Zu einer Verschiebu­ng der Sommerferi­en darf es nicht kommen!

Schuldezer­nentin Christiane Zangs teilt auf Nachfrage unserer Redaktion mit, dass die Stadt derzeit Gespräche führt – unter anderem mit der Landesregi­erung –, damit Neusser Schüler so schnell wie möglich technisch besser ausgestatt­et werden – sowohl mit Hardals auch mit Software. „Diese Krise wird dazu führen, dass wir uns in diesem Bereich einfach besser aufstellen müssen. Die Zukunft liegt in der Digitalisi­erung“, sagt Christiane Zangs.

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ARCHIV-FOTO: WOI Olaf Templin, Leiter der Gesamtschu­le Nordstadt, sieht klare Vorteile in einer Dezentrali­sierung der Abiturprüf­ungen.

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