Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Politik lehnt Gewerbe-kompromiss ab
Der Bürgermeister bot im Ältestenrat an, die Erweiterung des Gewerbegebietes Derikum aus dem Entwurf des neuen Flächennutzungsplanes zu streichen, um das Gesamtpaket damit zu retten. Doch dafür fand sich keine Mehrheit.
NEUSS Die Erweiterung des Gewerbegebietes Derikum um noch einmal 25 Hektar hätte am Freitag im Ältestenrat hinter verschlossenen Türen politisch zu Grabe getragen werden können. Doch der von Bürgermeister Reiner Breuer vorgeschlagene Kompromiss, dieses Gebiet aus dem Flächennutzungsplanentwurf zu streichen und für die Landwirtschaft zu sichern, scheiterte – am Widerstand der CDU, der Unentschlossenheit der Grünen und den noch weitergehenden Wünschen der Links-fraktion.
Breuer hatte den Kompromiss angeboten, um im Wege der Dringlichkeit im Verfahren einen Schritt weiter zu kommen. Fachlich halte er diese Fläche nach wie vor für notwendig, stellt er klar. Doch ihn bewegte die Hoffnung, durch Bereinigung des Planentwurfes um den strittigsten Punkt das Gesamtpaket zeitnah ein zweites und letztes Mal öffentlich auslegen zu können. Denn von einem baldigen Satzungsbeschluss, der dem Plan Rechtskraft verleiht, hängt auch die Wohnbauentwicklung ab. Diese Chance, sagt Breuer, sei vertan worden. „Glasklar
ist: Das diente keineswegs einer Beschleunigung des sozialen Wohnungsbaus in Neuss“, sagt Breuer.
Trotz oder gerade wegen der Coronakrise war der Ältestenrat zusammengekommen, um in Zeiten eines fast zum Stillstand gekommenen öffentlichen Lebens politische Handlungsfähigkeit zu demonstrieren. Das gelang in den meisten der 26 Punkte, die die Vorsitzenden der Fraktionen stellvertretend für ihr jeweiliges Lager diskutierten. Sämtliche Anträge oder wenig dringliche Entscheidungen wie die über den Verkauf der Rwe-aktien aus städtischem Besitz wurden zurückgestellt, Anfragen knapp schriftlich beantwortet und auf Mitteilungen verzichtet. Doch beim Thema Flächennutzungsplan hakte es dann.
Grünen-fraktionschef Michael Klinkicht wollte die Dringlichkeitsentscheidung nicht unterschreiben. Er begrüßt zwar, dass das Gewerbegebiet Derikum nun auch von der Verwaltung aufgegeben wird, nachdem sich zuletzt neben SPD, Linken und Grünen auch einige Stadtverordnete der CDU in diesem Sinn geäußert hatten. Doch unterzeichnen wollte er nicht, weil im Entwurf weiter eine 4,2 Hektar große Fläche südlich des neuen Norfer Friedhofes für Wohnungsbau berücksichtigt bleiben soll. Dieses Areal wollen die Grünen aber nutzen, um Eingriffe an anderen Stellen im Stadtgebiet ökologisch ausgleichen zu können.
Die Linken hatten schon zuvor signalisiert, dass im Flächennutzungsplan ihrer Überzeugung nach auch ohne Derikum noch zu viel neues Gewerbeland ausgewiesen wird. Und die CDU fand sich mehrheitlich zuletzt bestenfalls bereit, über einer Reduzierung auf 20 Hektar zu diskutieren. Das Thema soll aber noch einmal Cdu-intern diskutiert werden, kündigt die
Fraktionsvorsitzende Helga Koenemann an, so dass ein späterer Dringlichkeitsbeschluss nicht völlig ausgeschlossen ist. Mit ihm würde der Verwaltung zugleich der Auftrag erteilt, mit Blick auf das Jahr 2035 Vorschläge für eine Gewerbeflächensicherung zu machen – und dazu ganz Neuss in den Blick zu nehmen.
Dorothee Helten, Sprecherin der Bürgerinitiative Elvekum, zeigte sich überrascht, dass in der Coronakrise ein solcher Punkt so dringlich sein soll. Als Gegner der Gewerbegebietserweiterung begrüße die BI die Entwicklung, denke aber beim Thema Wohnen wie die Grünen.