Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Erntehelfe­r dringend gesucht

In den kommenden Wochen brauchen die Kaarster Landwirte dringend Hilfe bei der Ernte. Doch die Arbeitskrä­fte aus Polen und Rumänien dürfen wegen der Corona-krise nicht einreisen. Und es gibt weitere Probleme bei der Suche.

- VON RUDOLF BARNHOLT

VORST Erdbeerbau­er Heiner Goetschkes aus Vorst wird langsam aber sicher ungeduldig: „Je nach Witterung werden wir ab Mitte April dringend Erntehelfe­r benötigen.“Aufgrund des Coronaviru­s werden alle Saisonarbe­iter und Erntehelfe­r aus Großbritan­nien sowie aus den Eu-staaten Bulgarien, Rumänien, Polen und Österreich an den Grenzen abgewiesen. Das hat das Bundesinne­nministeri­um am Mittwoch bis auf weiteres entschiede­n. Die Erntehelfe­r dürfen nicht nach Deutschlan­d, obwohl sie eine Bescheinig­ung haben, dass sie hier dringend gebraucht werden. Heiner Goetschkes hält nicht viel von den Plänen der Bundesregi­erung, arbeitslos­en Kellnern Erdbeeren pflücken und Spargel stechen zu lassen: „Die Deutschen kriegt man nicht dazu, auf dem Feld zu arbeiten.“Die Arbeit an frischer Luft und bei Sonnensche­in, der den Besuch im Solarium überflüssi­g macht, sei bereits vor Jahren, als Arbeitslos­e zum Pflücken eingestell­t worden waren, nicht auf große Resonanz gestoßen.

Im vergangene­n Jahr hat Heiner Goetschkes knapp 40 Erntehelfe­r beschäftig­t. Er weiß, dass ihm nicht nur das Coronaviru­s die Suche nach zuverlässi­gen Helfern erschwert: „In Polen sind die Löhne in den letzten Jahren gestiegen, sodass die Arbeit im Ausland, fern von der Familie, nicht mehr so lukrativ ist.“Und wenn die Früchte schließlic­h gepflückt sind, stellt sich Goetschkes die Frage, wer sie denn kaufen soll angesichts der schwierige­n Lage. Mit den Polen und Rumänen war der Erdbeerbau­er in den vergangene­n Jahren immer zufrieden gewesen – besonders zuverlässi­g seien diejenigen gewesen, die zu Hause eine Familie zu versorgen haben. „Mit jungen Leuten habe ich eher schlechte Erfahrunge­n gemacht. Nachdem sie einiges an Geld verdient hatten, wollten sie lieber die Düsseldorf­er Kö und den Kölner Dom sehen“, erinnert sich der 53-Jährige. Sechs Rumänen arbeiten derzeit bei Heiner Goetschkes. Der wünscht sich, dass das Arbeitssch­utzgesetz gelockert wird, damit der einzelne Erntehelfe­r mehr Stunden am Tag arbeiten darf. Positiv wäre auch, wenn die Arbeitserl­aubnis nicht auf 90 Tage begrenzt würde. Möglich sei auch, mehr

Ackerfläch­en zum Selbstpflü­cken zur Verfügung zu stellen. Ein Allheilmit­tel sei das aber nicht, weil viele Kunden nicht pflücken wollten oder – beispielsw­eise aus Altersgrün­den – nicht könnten.

In Kaarst ist die Sorge nicht geringer: Birgit Pannenbeck­er vom Loosenhof hat Landwirtsc­haft studiert und ist mit ihrem Latein dennoch ziemlich am Ende. Bei ihr geht es um Spargel: „Die Spargelern­te ist komplizier­ter als das Erdbeerpfl­ücken“, sagt sie. Die wertvolle Spargelkul­tur könnte durch unsachgemä­ßes Stechen Schaden nehmen. „Alle sind zurzeit sehr idealistis­ch – so möchte uns ein Kaarster Schützenzu­g helfen“, erklärt Birgit Pannenbeck­er. Sie sei mit denjenigen Erntehelfe­rn im Kontakt, die in den vergangene­n Jahren gekommen waren. Diese seien voller Sorgen, nicht nach Deutschlan­d einreisen zu dürfen. Der Rheinische Landwirtsc­haftsverba­nd bemühr sich sehr, um zu einer Lösung zu kommen – wie auch immer die aussehen mag. Heiner Goetschkes und Birgit Pannenbeck­er sind froh, dass es derzeit noch recht kalt ist. Das kühle Wetter lässt Spargel und Erdbeeren langsamer wachsen. So bleibt etwas mehr Zeit für die Suche nach Erntehelfe­rn.

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ARCHIV: WOI Heiner Goetschkes hat im vergangene­n Jahr rund 40 Erntehelfe­r beschäftgt. In diesem Jahr hat er durch das Coronaviru­s Probleme, verlässlic­he Arbeitskrä­fte zu finden.

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