Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Multi-kulti-musikschule verbindet Menschen
Bei Spicks in Nievenheim unterrichten Lehrerinnen und Lehrer aus vielen Nationen – von Japan über Polen bis Nigeria. INFO
NIEVENHEIM Schon wenn man das Gebäude Im Scheidpatt 11 in Nievenheim betritt, spürt man eine ganz besondere, heimelige Atmosphäre. Aus jedem Raum klingen Töne: Klavier, Saxophon, Geige oder Flöte, mal leise, mal lauter, dazu rhythmisches Trommeln auf dem Schlagzeug. Im Foyer sitzen Eltern bei einer Tasse Kaffee, plaudern miteinander oder genießen die Kreativität um sich herum, während sie auf die musizierenden Sprösslinge warten.
Seit 35 Jahren gibt es die Musikschule Spicks. Was mal in zwei Kellerräumen begann, ist nun seit 2003 eine feste Institution im eigenen Musikschulgebäude. Corinna und Reinhold Spicks leiten die Schule mit Herz und Seele. Rund 800 Schülerinnen und Schüler lernen in den Räumlichkeiten bei 30 diplomierten Lehrkräften. Dabei sind die Menschen so bunt wie das musikalische Angebot. An der Schule unterrichten Lehrerinnen und Lehrer aus Japan, Südkorea, Italien, Spanien, Polen, Russland, Nigeria, der Ukraine und natürlich Deutschland. Absolut multikulti. „Das war schon immer so“, erzählt Corinna Spicks. „Wir finden es einfach schön, Menschen aus so vielen unterschiedlichen Kulturen hier zu haben, das bereichert nicht nur die Kinder und uns, es macht auch die Musik bunter.“
So viele Lehrer aus unterschiedlichen Nationen zu haben, bietet über den musikalischen Aspekt hinaus noch weitere Möglichkeiten: die
Vertiefung von sprachlichen Fähigkeiten. Mila Wosik kommt seit drei Jahren zum Geigenunterricht. Mit ihrem Lehrer Radek Stawarz spricht sie meistens polnisch. „Ich habe gehört, dass Radek aus Polen kommt und ihn gefragt, ob er mit mir polnisch spricht, und dann ging das so weiter“, erzählt die Neunjährige. Ihre Eltern kommen aus Polen, sie ist in Deutschland geboren und ihre Muttersprache ist deutsch, mit ihren Eltern spricht sie manchmal polnisch, sagt sie. „Wenn ich Lust habe.“Um die Sprache ihrer Eltern nicht ganz zu verlieren und weil es von Vorteil ist, zweisprachig aufzuwachsen, besucht sie einmal in der
Woche eine polnische Schule. Der Musikunterricht hilft ihr spielerisch, die Sprache zu üben. Auch für Radek Stawarz, der seit 20 Jahren in Deutschland lebt und seit 17 Jahren bei Spicks unterrichtet, ist die bilinguale Musikstunde eine willkommene Abwechslung. „Es ist schön, mal wieder in der Muttersprache zu sprechen. Wenn auch mittlerweile manchmal die polnischen Begriffe für etwas fehlen“, erzählt er. „Aber die besprechen wir dann eben auf deutsch.“
So ähnlich handhaben das auch Yeon Steuer und sein Klavierlehrer Sihoo Kim aus Südkorea. Yeons Mutter ist Koreanerin, der Vater Deutscher, und er wächst zweisprachig auf. Einmal wöchentlich besucht er die koreanische Schule in Düsseldorf und freut sich, auch mit seinem Lehrer koreanisch reden zu können. Musikalische Begriffe erklärt Sihoo Kim seinem Schüler aber meist auf deutsch. „Er lebt ja hier, da macht es mehr Sinn, die Noten und andere Begriffe auf deutsch zu lernen, dann kann er sie auch für die Schule nutzen“, meint der Pianist. „Also sind wir oft zweisprachig bei der Sache, das finde ich super, nicht nur für die Sprache, sondern auch für die Flexibilität im Kopf.“
Gerne in ihrer Muttersprache würden auch andere Lehrer an der Musikschule unterrichten. Joaquin Saez Belmonte lehrt seit fünf Jahren Saxophon in Nievenheim, und er hätte großen Spaß daran, das auch mal auf spanisch zu machen. „Ich fand es immer schon schön, Musik und Sprache zu verbinden“, erzählt der Spanier. „An dieser Schule gibt es so unfassbar viele Schüler, die großes Interesse haben. Ich weiß nicht genau, wie Corinna und Reinhold das machen, aber die Schüler haben hier total viel Lust, und das Miteinander ist toll“, lobt der Saxophonist. Das sagt auch Italiener Marco Silvestri. „Es gefällt mir sehr gut an der Schule“, sagt der Gitarrist. Er hatte das Glück, bilingual mit einer deutschen Mutter und einem italienischen Vater in Rom aufzuwachsen und spricht fließend beide Sprachen. „Auch mal auf italienisch zu unterrichten, wäre echt cool“, findet der 25jährige.
Corinna und Reinhold Spicks sind froh über die Vielfalt und das fröhliche Miteinander, das es an ihrer Schule gibt. „Es ist so schön, auch die Lehrer untereinander zu sehen. Alle verstehen sich gut, manchmal kocht einer etwas Landestypisches und bringt es für die anderen zum Probieren mit. Es ist einfach ein nettes Miteinander, und das macht unsere Schule aus.“