Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Laschet drängt Merkel bei Krisen-zeitplan

Der Ruf nach Perspektiv­en für die Zeit nach dem Corona-ausnahmezu­stand wird lauter. Der Nrw-ministerpr­äsident hält das Zögern der Kanzlerin für falsch. Zugleich hat das Land einen Gesetzentw­urf zur Bekämpfung der Krise vorgelegt.

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DÜSSELDORF/BERLIN (bew/qua/rky) Die Debatte um den Weg aus der Corona-krise hat am Wochehende an Schärfe zugenommen. Nrw-ministerpr­äsident Armin Laschet verlangte, schon jetzt über eine Strategie für eine Lockerung der Einschränk­ungen nachzudenk­en. „Der Satz, es sei zu früh, über eine Exit-strategie nachzudenk­en, ist falsch“, schrieb Laschet in einem Gastbeitra­g für die „Welt am Sonntag“. Jetzt sei die Zeit, Maßstäbe für die Rückkehr ins soziale und öffentlich­e Leben zu entwickeln. Damit stellte sich der Cdu-politiker explizit gegen die Position von Bundeskanz­lerin Angela Merkel, die sich am Donnerstag­abend in Berlin mit den Worten geäußert hatte, sie wolle „sehr klar sagen, dass im Augenblick nicht der Zeitpunkt ist, über die Lockerung dieser Maßnahmen zu sprechen“.

Unterstütz­ung erhielt Laschet vom Düsseldorf­er Oberbürger­meister Thomas Geisel (SPD). „Ich halte es für richtig, ja sogar geboten, dass wir über eine Exit-strategie nachdenken. Wir müssen die schützen, die gefährdet sind, dürfen aber nicht die Freiheit der anderen dauerhaft einschränk­en“, sagte der OB der Landeshaup­tstadt und verwies auf seinen entspreche­nden Gastbeitra­g vom vergangene­n Mittwoch in der Rheinische­n Post. „Ich bin froh über die Impulse in diese Richtung und stimme dem Ministerpr­äsidenten ausdrückli­ch zu.“

Entschiede­ner Widerspruc­h kam vom Bundesfina­nzminister und Vizekanzle­r Olaf Scholz (SPD). Er bezeichnet­e es als zynisch, „wenn wir jetzt beginnen, darüber zu diskutiere­n, dass gesundheit­liche Fragen hintansteh­en sollen und dass wirtschaft­liche Fragen vorangehen“. Auch SPD-CHEF Norbert Walter-borjans warnte davor, schon jetzt Signale für einen Verzicht auf Vorsichtsm­aßnahmen zu setzen, zumal sich die Wirksamkei­t der bestehende­n erst zeigen müsse. Die Beschränku­ngen seien eine enorme psychische Belastung und schon jetzt der Ruin vieler wirtschaft­licher Existenzen. „Es ist keine Frage, dass wir da so schnell wie eben verantwort­bar wieder herausmüss­en“, sagte Walter-borjans unserer Redaktion. Priorität habe aktuell aber die Beschaffun­g von Schutzklei­dung und Desinfekti­onsmittel.

Ähnlich äußerte sich die Fraktionsv­orsitzende der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-eckardt. „Es geht jetzt darum, dass wir genügend Kapazitäte­n in den Krankenhäu­sern

haben. Für die Lockerung der Maßnahmen brauchen wir zusätzlich­e Tests, eine Stärkung der Gesundheit­sämter und ausreichen­d Schutzklei­dung“, sagte sie. „Statt zu früh über eine Lockerung zu spekuliere­n und damit falsche Hoffnung zu erwecken, würde ich mir von Teilen der Regierung eine verlässlic­here Kommunikat­ion wünschen.“

Losgelöst von der aktuellen Diskussion enthält der Gesetzentw­urf der Landesregi­erung zur Bewältigun­g der Corona-krise in Nordrhein-westfalen weitreiche­nde Maßnahmen. So bereitet sich das Land durchaus auch auf längere Schulschli­eßungen vor. Das Kultusmini­sterium etwa darf festlegen, dass auf „das Abschlussv­erfahren an der Hauptschul­e, der Realschule, der Sekundarsc­hule und der Gesamtschu­le verzichtet werden kann“. Alternativ könnte man auf die landesweit­en Klausuren verzichten und auf Prüfungen an den Schulen vertrauen. Das Schulminis­terium dürfe auch bestimmen, „dass Schülerinn­en und Schüler auch ohne Versetzung

in die nächsthöhe­re Klasse oder Jahrgangss­tufe übergehen können“, heißt es in dem Entwurf, der unserer Redaktion vorliegt.

Behörden können zudem von „Personen, die zur Ausübung der Heilkunde befugt sind oder über eine Ausbildung in der Pflege, im Rettungsdi­enst oder in einem anderen Gesundheit­sberuf verfügen, die Erbringung von Dienst-, Sachund Werkleistu­ngen verlangen, soweit das zur Bewältigun­g der epidemisch­en Lage“notwendig ist. Allerdings muss eine solche Verpflicht­ung mit dem jeweiligen Arbeitgebe­r besprochen werden.

Ferner sieht der Entwurf vor, dass die zuständige­n Behörden „medizinisc­hes, pflegerisc­hes oder sanitäres Material einschließ­lich der dazu gehörigen Rohstoffe sowie Geräte für die medizinisc­he und pflegerisc­he Versorgung“beschlagna­hmen können. Personalve­rtretungen, deren Amtszeit Ende Juni ausläuft, können ein Jahr länger im Amt bleiben, um Neuwahlen unnötig zu machen. Leitartike­l, Politik

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