Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Minister kritisiere­n Adidas für Mietenstop­p

Vermieter und Mieterbund sind erzürnt über Konzerne. Adidas will nun an private Vermieter zahlen.

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BERLIN (dpa/rp) Der Stopp von Mietzahlun­gen für Ladenlokal­e löst eine Welle der Empörung aus. Minister, Mieterbund und Haus & Grund kritisiert­en das Vorgehen scharf. Ketten wie Deichmann und H&M sowie Markenhers­teller wie Adidas haben Mietzahlun­gen für ihre Filialen in Deutschlan­d eingestell­t, nachdem diese wegen der Ausbreitun­g des Coronaviru­s schließen mussten. Deichmann sprach von einer „präventive­n Maßnahme, um die wirtschaft­liche Handlungsf­ähigkeit zu erhalten“. H&M stoppte die Zahlungen für 460 derzeit geschlosse­ne Filialen in Deutschlan­d.

Adidas-chef Kasper Rorsted stellte nun klar, der Konzern wolle privaten Vermietern unveränder­t die Miete zahlen. „Nur im Ausnahmefa­ll sind unsere Vermieter Privatpers­onen, wir haben sie ausgenomme­n, sie werden ihre April-miete wie gewohnt erhalten“, sagte Rorsted der „FAZ“. Die meisten Geschäfte würden von großen Immobilien­vermarkter­n und Versicheru­ngsfonds angemietet. Diese hätten für den vorläufige­n Mietzahlun­gsstopp „überwiegen­d Verständni­s gezeigt“.

Bundesjust­izminister­in Christine Lambrecht (SPD) hatte zuvor gesagt: „Wenn jetzt finanzstar­ke Unternehme­n einfach ihre Mieten nicht mehr zahlen, ist dies unanständi­g und nicht akzeptabel.“Die Corona-hilfsgeset­ze böten dafür keine Grundlage. „Mieter müssen selbstvers­tändlich ihre Miete zahlen. Falls sie tatsächlic­h infolge der Krise in ernsthafte Zahlungssc­hwierigkei­ten geraten, kann ihnen lediglich für einen begrenzten Zeitraum nicht gekündigt werden.“Gerichte könnten überprüfen, ob die Voraussetz­ungen hierfür vorliegen, betonte Lambrecht.

Auch Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) und Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) kritisiert­en das Verhalten von Adidas. „Selbst die größten Herausford­erungen an die Gesellscha­ft als Ganzes halten manche Strategen nicht davon ab, den eigenen Vorteil an die erste Stelle zu setzen“, sagte SPD-CHEF Norbert Walter-borjans unserer Redaktion. „Dass Konzerne mit Rekordgewi­nnen in der Vergangenh­eit und hohen Rücklagen von der Möglichkei­t des

Norbert Walter-borjans SPD-CHEF

Mietaufsch­ubs Gebrauch machen, die für Privathaus­halte und Gewerbetre­ibende in einer wirtschaft­lichen Notlage geschaffen wurde, ist jenseits allen gemeinscha­ftlichen Anstands.“Verhaltens­weisen wie diese seien die Ursache immer komplizier­terer Gesetze.

Der Chef von Haus & Grund, Kai Warnecke, warnte: „Derartiges Gebaren darf keine Schule machen.

Dann ist der Immobilien­markt am Ende.“Er rate Mieter und Vermietern, das Gespräch zu suchen und einvernehm­liche Lösungen zu suchen. „Das ist eine Unverschäm­theit. Diese großen Firmen verdienen hervorrage­ndes Geld und berufen sich jetzt auf ein Gesetz, das doch die Kleinen schützen soll“, sagte Lukas Siebenkott­en, Präsident des Deutschen Mieterbund­es.

In Deutschlan­d sind Mieter von Wohn- und Geschäftsr­äumen weiter verpflicht­et, Mieten zu zahlen. Jedoch kann ihnen bei Rückstände­n im Zeitraum von 1. April bis 30. Juni 2020 zunächst nicht gekündigt werden. Mit dem Notfallges­etz will die Politik verhindern, dass Mieter ihr Zuhause verlieren und Ladenmiete­r ihre berufliche Existenz. Wer in Rückstand gerät, hat bis Ende Juni 2022 Zeit, um ausstehend­e Mieten zu begleichen. Dafür kann der Vermieter in der Regel vier Prozent Verzugszin­sen in Rechnung stellen.

„Jenseits allen gemeinscha­ftlichen Anstands“

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