Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Die Musiker von Chandelier sind zurück
Die Nische Neo-prog erlebt in der Musik offensichtlich ein Comeback. Davon profitiert auch eine Neusser Band aus den 1970er Jahren.
NEUSS Progressive Rock verbindet man seit ungefähr 1970 mit Namen wie Yes, Genesis, ELP oder King Crimson. Da wurden musikalisch wie auch visuell komplexe Kunstwerke geschaffen, weit ab von bis dahin bekannten Formaten wie Rock, Beat oder Jazz. Ihm folgte der sogenannte Neo-prog, eine Richtung der Rockmusik, die anfangs der 1980er Jahre sich stark an musikalische Elemente des Progressive Rock anlehnte, namentlich mit Musik von Bands wie Marillion oder IQ. Diese Stilart kam ein wenig softer daher, war schon eher etwas für damalige Hitparaden.
In Neuss gründete sich auf dieser musikalischen Welle die Band Chandelier (englisch Kronleuchter), die sich ebenfalls dem typisch epischen, bombastischen und voluminösen Klangrausch verschrieben hatte. Fünf junge Männer von der Furth, teils Nachbarn oder bekannt durch gemeinsam erlebte Schul- beziehungsweise Messdienerzeiten. Und sie machten sich in der regionalen Szene rasch einen respektablen Namen. Die Arrangements kamen größtenteils aus eigener Feder. Denn trotz aller klangvollen Namen jener eingangs genannten Supergroups behielt Chandelier immer den eigenen künstlerischen Stil. Vorbilder brauchten die Musiker nicht,
Orientierungspunkte nahmen sie gerne auf. Doch sollte die Verbindung nicht allzu lange halten, nach der Auflösung trieb es die Mitglieder in alle Richtungen. Dresden, Basel, Kaarst und ein Bauernhof nahe Speck sind heute Heimatadressen. Und eben dort ist auch der Probenraum,
in dem sie nach der Wiedervereinigung zum Interview sitzen.
„Unser Keyboarder Armin Riemer wohnt hier“, sagt Bassist Christoph (Rombach) Tiber, der eben erst aus der Schweiz angekommen ist. „Und nachdem die Leute erneut auf uns aufmerksam geworden sind, wird – so oft es unser „normales“Leben erlaubt – wieder geübt.“Schlagzeuger Heribert Rubarth und Gitarrist Udo Lang haben es nicht so weit, kommen aus Neuss und Düsseldorf. Die Stimme der Band, Sänger und Wahldresdener Martin Eden, fehlt leider.
„GAD - ein kleines polnisches Musiklabel hat uns quasi wiederentdeckt und unser gesamtes Tonmaterial, nach heutigem Standard remastered, auf den Markt gebracht. Die Nische Neo-prog erlebt nämlich ein Comeback. Und uns macht es wieder und immer noch einen Heidenspaß, vor allem, wenn die Fans mitmachen. Letztes Jahr hatten wir vor mehreren tausend Zuschauern einen Riesenerfolg beim ,Night Of The Prog-festival’ auf der Loreley“, erzählen die Musiker. „Wir waren“, so sagen sie schmunzelnd, „Stars für einen Tag, mit ausgiebiger Autogrammstunde und dem ganzen Drum und Dran.“
Im Hamtorkrug an der Büttger Straße gab es einen Tag vorher eine ausverkaufte Generalprobe, bei der sich die Gruppe selbst anonym und ein wenig augenzwinkernd als „Armin und die Armleuchter“vorstellte. „Wir waren ja vertraglich an die Loreley gebunden, wollten aber das Lampenfieber unbedingt wegspielen.“Belgien und auch die Zeche Carl in Essen waren schon dran: „Im Mai soll es dann nach Reichenbach in Sachsen gehen.“Falls es nicht abgesagt wird...
„Neben Beruf und Familie haben wir geplant, vier- oder fünfmal jährlich aufzutreten“, sagt Christoph, „wollen aber parallel neues Songmaterial produzieren.“Erfolg damit wäre Chandelier unbedingt zu wünschen.