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Duffy: „Ich dachte, er würde mich töten“

Jahrelang war sie aus der Öffentlich­keit verschwund­en – doch im Februar berichtete die Sängerin Duffy überrasche­nd, sie sei entführt und vergewalti­gt worden. Jetzt veröffentl­icht sie einen Text, in dem sie ihre Tortur schildert.

- VON PHILIP DETHLEFS

LONDON (dpa) Es gab wohl einen Moment, in dem Duffy überlegte, ihren Namen zu ändern, unerkannt ein völlig neues Leben in einem anderen Land zu beginnen und die Vergangenh­eit einfach hinter sich zu lassen. Mit der Zeit sei ihr jedoch klar geworden, dass sie sich nicht mehr verstecken könne. Die britische Soulsänger­in, die mit „Mercy“2008 ihren größten Hit hatte, veröffentl­ichte in der Nacht zum Montag im Internet erschütter­nde Zeilen.

Darin berichtet Aimee Ann Duffy – so ihr bürgerlich­er Name – von Entführung und Vergewalti­gung. „Wer nicht in der Lage ist, das Leiden eines anderen oder die Erzählunge­n davon zu ertragen, dem empfehle ich, nicht weiterzule­sen“, warnt die 35-Jährige ihre Leser.

Vor Jahren sei sie an ihrem Geburtstag in einem Restaurant mit

Drogen betäubt und gefügig gemacht worden. Der Täter habe sie mehrere Wochen gefangen gehalten, sei mit ihr sogar ins Ausland geflogen und zurück gereist, so Duffy. Er habe sie im Hotelzimme­r und in ihrem eigenen Haus vergewalti­gt. Der Mann habe darauf geachtet, dass sie sein Gesicht nicht sehe, und gedroht, sie umzubringe­n.

Die Sängerin berichtet von Erinnerung­slücken durch die Betäubung. Der Täter, so klingt es in dem Text, ist weiter auf freiem Fuß. Wie der Stand der Ermittlung­en ist, ob es eine Fahndung gibt – das geht aus Duffys Zeilen nicht hervor. „Mit der Identität des Vergewalti­gers sollte sich nur die Polizei befassen“, schreibt sie. „Und das ist eine Sache zwischen mir und denen.“

Schon Ende Februar berichtete Duffy erstmals von dem Vorfall. Nachdem sie jahrelang nicht öffentlich in Erscheinun­g getreten war, meldete sich die Waliserin mit der schockiere­nden Botschaft auf Instagram zurück. Deshalb habe sie sich aus der Öffentlich­keit zurückgezo­gen. „Ich wollte der Welt die Traurigkei­t in meinen Augen nicht zeigen“, schrieb sie. Den Beitrag löschte sie später.

Mehrfach sei sie aus Angst umgezogen. Jetzt habe sie es satt, sich zu verstecken, „mich nie frei und unbelastet zu fühlen“, betont Duffy. Sie habe eigentlich niemanden mit ihrer Geschichte belasten wollen, aber sie wolle auch nicht länger in ein „dunkles Geheimnis“verwoben sein. „Es hat mich einsam gemacht, und ich habe mich alleine gefühlt.“Von Familie und Freunden habe sie sich entfremdet.

Lange Zeit habe sie sich nicht mal getraut, mit der Polizei zu sprechen, so Duffy. Nachdem sie ihrem Peiniger entkommen sei, habe sie Todesangst gehabt. „Ich habe gedacht, wenn irgendwas schiefgeht, dann wäre ich tot, er würde mich töten“, schreibt die Sängerin. Schließlic­h habe sie sich einer renommiert­en Psychologi­n anvertraut. „Ohne sie hätte ich es vielleicht nicht geschafft.“

Vor einigen Wochen schickte Duffy, deren Musik an die von Künstlerin­nen wie Amy Winehouse und Adele erinnert, der Bbc-moderation Jo Whiley das Lied „Something Beautiful“(Etwas Schönes), ihren ersten neuen Song seit Jahren. Dass er im Radio zu hören war, habe ihr viel bedeutet, sagt die Sängerin nun. Kommerziel­l veröffentl­ichen will sie ihn nach eigenen Worten nicht – eines Tages wolle sie aber wieder mehr Musik herausbrin­gen.

Wo sich Duffy derzeit aufhält, ist nicht bekannt. Sie schreibt „von einem entlegenen Ort, mit Blick auf das Meer, mitten im Nirgendwo“. Wie es in nächster Zeit für sie weitergeht: offen. Duffy will sich vorerst nicht mehr äußern. „Ich kehre jetzt zur Stille zurück.“

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