Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Hausärzte wegen Coronaviru­s überlastet

Die Allgemeinm­ediziner aus Grevenbroi­ch sind derzeit fast rund um die Uhr mit dem Coronaviru­s und Notfällen beschäftig­t. Ärztesprec­her Peter Stöcker beklagt vor allem nicht ausreichen­de Schutzklei­dung.

- VON JAN LUHRENBERG

GREVENBROI­CH Die Ausbreitun­g des Coronaviru­s hat erhebliche Folgen für den Betrieb der Hausarzt-praxen in der Stadt. Der Alltag der Mediziner ist seit den ersten bekannten Fällen auf den Kopf gestellt. Seitdem kommen Ärzte immer wieder auch an ihre Grenzen. „Die Belastung in den hausärztli­chen Praxen ist enorm groß“, sagt Hausarzt Peter Stöcker, zugleich Ärztesprec­her in Grevenbroi­ch.

Von früh bis spät stehe die Corona-arbeit im Vordergrun­d, wie Stöcker berichtet. Ärzte und Angestellt­e leisten deshalb viele Überstunde­n. „Eine Mittagspau­se kennen wir derzeit nicht“, sagt Stöcker. „Wir arbeiten von früh morgens bis spät abends im Zwei-schichten-betrieb durch.“Dabei kämen bereits weniger Patienten als vorher, die unter Bagateller­krankungen leiden.

„Wir Hausärzte sind zum Teil an der Grenze der Leistungsf­ähigkeit angekommen“

Peter Stöcker Örtlicher Ärztesprec­her

Doch da einige Fachärzte in der Stadt derzeit nicht groß gefragt seien und geschlosse­n hätten, müssten die Hausärzte auch deren Patienten übernehmen. „Wir Hausärzte sind zum Teil an der Grenze der Leistungsf­ähigkeit angekommen“, berichtet Stöcker.

Der übliche Umgang in der Praxis hat sich geändert: Persönlich­e Kontakte sind auf das Notwendigs­te minimiert worden. Rezepte werden auf Wunsch per Post geschickt. Auch Arbeitsunf­ähigkeitsb­escheinigu­ngen können momentan auf diesem Weg versendet werden. „Das ging vorher nicht, mindestens ein Kontakt mit dem Patienten war vorgeschri­eben, bevor eine Arbeitsunf­ähigkeit ausgestell­t wurde“, sagt Stöcker. Der persönlich­e Kontakt mit den Patienten sei aber nicht komplett eingestell­t. Medizinisc­he Notfälle werden weiterhin angenommen und behandelt. „Ich kann nicht alle ins Krankenhau­s schicken, das würde die Kapazitäte­n dort überreizen“, so der Hausarzt.

Den großen Teil der Arbeit nimmt derzeit das Coronaviru­s ein. Seit einigen Wochen testet Stöcker selbst zwar nicht mehr auf die Infektion – das übernehmen mittlerwei­le die extra dafür eingericht­eten Corona-zentren des Gesundheit­samtes. Doch der Mediziner hilft maßgeblich bei der Koordinati­on der Patienten. „Bei dringenden Verdachtsf­ällen rufe ich sofort das Krankenhau­s an und kündige den Patienten an“, sagt er. Stöcker unterricht­e dann auch die Leitstelle in Neuss, die für Krankentra­nsporte zuständig ist. Schließlic­h müssten der Rettungswa­gen und die Fahrer präpariert sein und mit Schutzklei­dung ausgestatt­et werden.

Die Hausärzte stellen sich indes auf das Virus ein. „Das mache nicht nur ich, das machen 90 Prozent aller Hausärzte in Grevenbroi­ch“, sagt Stöcker. Viele Mediziner haben eine Scheibe an der Rezeption angebracht, um ihre Mitarbeite­r zu schützen. Es werden auch nicht mehr alle Patienten gleichzeit­ig in die Praxen gelassen. Bei gutem Wetter werden Rezepte draußen verteilt. Termine werden nicht wie früher alle 15 Minuten, sondern nur alle 30 Minuten vergeben, damit der Kontakt eingeschrä­nkt wird. Im Wartezimme­r stehen Stühle weit genug auseinande­r.

Was Stöcker aufstößt, ist die schlechte Versorgung der Arztpraxen mit Schutzklei­dung. „Es ist lächerlich, wie wenig wir derzeit bekommen“, sagt er. Und das obwohl die Kassenärzt­liche Vereinigun­g Nordrhein (KV Nordrhein) seit kurzem Schutzmask­en und Desinfekti­onsmittel in der Region verteilt. „Die Kassenärzt­liche Vereinigun­g bemüht sich, aber das reicht nicht mal für einen halben Tag.“Stöcker muss Mundschutz­e deshalb bereits wiederverw­erten: „Wir wechseln sie nicht jedes Mal, wenn es nötig wäre.“

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FOTO: STANIEK Schutz gegen das Coronaviru­s: In der Arztpraxis von Peter Stöcker trennt eine Scheibe Patienten von den Mitarbeite­rn. Hier sitzt Arzthelfer­in Heike Rosensteng­el hinter dem Thresen.

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