Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der Wahlkampf wird digitaler

Vor der Kommunalwa­hl am 13. September suchen die Politiker aus Grevenbroi­ch neue Wege, um Wähler zu gewinnen und zu binden.

- VON JAN LUHRENBERG

GREVENBROI­CH Das Coronaviru­s macht auch vor der Politik nicht Halt. Angesichts der Kontaktspe­rre stehen die Parteien vor dem anstehende­n Wahlkampf für die Kommunalwa­hl vor großen Herausford­erungen. Der allgemeine Tenor: Der Wahlkampf muss digitaler werden.

„Wenn die Wahl wie geplant durchgefüh­rt wird, dann kann der Wahlkampf nicht normal ablaufen“, sagt Peter Gehrmann, Sprecher der Grünen in Grevenbroi­ch. Ein direkter Kontakt mit potenziell­en Wählern sei dann kaum möglich. Dieser Ansicht ist auch Daniel Rinkert, kommissari­scher Vorsitzend­er der SPD: Das Internet könnte das einzige Medium sein, mit dem Parteien mit den Bürgern in Kontakt kommen. Das hätte gravierend­e Auswirkung­en auf den Wahlkampf. „Wir wissen, Stand heute, nicht, ob Informatio­nsstände oder ein Haustürwah­lkampf möglich sind, ob wir mit den Leuten persönlich und direkt

„Wir wissen nicht, ob wir mit den Leuten persönlich in Kontakt kommen können“

Daniel Rinkert Kommissari­scher Vorsitzend­er in Kontakt kommen können“, sagt Rinkert. „Das haben wir sonst aber immer intensiv gemacht.“Uwg-fraktionsc­hef Carl Windler rechnet ebenfalls damit, dass es wichtig ist, auf digitale Medien zu setzen – besonders im diesjährig­em Wahlkampf, der immens von der Corona-krise beeinfluss­t werden könnte. Der Politologe Stefan Marschall von der Heinrich-heine Universitä­t (HHU) in Düsseldorf geht ebenfalls davon aus, dass sich der Wahlkampf ins Netz verschiebt. „Ein Wahlkampf kann auch ohne Präsenzver­anstaltung­en stattfinde­n“, sagt er. „Mittlerwei­le besteht ja auch die Möglichkei­t, die Bürger online zu erreichen. Das müsste stärker ausgebaut werden.“

Die momentane Wahlkampf-pause der Parteien, die seit der Ausbreitun­g des Coronaviru­s von allen Fraktionen eingelegt wurde, müsste allerdings zeitlich begrenzt werden. Bürger müssten rechtzeiti­g über die zur Wahl antretende­n Personen, Parteien und Programme informiert werden. „Sonst können sie bei der Wahl keine informiert­e Entscheidu­ng fällen“, so Marschall.

Die Parteien aus Grevenbroi­ch stellen bereits Konzepte auf. All diese sind auf einen umfangreic­heren, digitalere­n Wahlkampf ausgelegt. Die dafür eingesetzt­en Teams wollen eine Fülle an Maßnahmen in die Wege leiten. Vieles ist allerdings noch nicht spruchreif. Die Planung läuft weiter auf Hochtouren.

SPD Das Wahlkampft­eam der Sozialdemo­kraten beschäftig­t sich nach Angaben von Rinkert derzeit intensiv damit, über neue Formen des

Wahlkampfe­s nachzudenk­en. Möglich seien etwa die Kontaktauf­nahme per Telefon, Video oder in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Instagram. „Ein fertiges Konzept liegt aber noch nicht vor“, sagt Rinkert.

Ein Wahlkampf, der ausschließ­lich im Internet abläuft, birgt laut Rinkert große Herausford­erungen für die Partei. Kandidaten, die in diesem Jahr neu für den Stadtrat kandidiere­n, müssten über komplett neue Wege als üblich bekannt gemacht werden. Zudem sei es bei einem reinen Online-wahlkampf wichtig, auch die Leute zu erreichen, die nicht in sozialen Netzwerken unterwegs sind.

UWG Die Wählergeme­inschaft ist bereits seit vergangene­m Herbst mit externen Partnern in der Abstimmung, wie ein digitaler Wahlkampf ausfallen könnte. „Dafür gibt es konkrete Pläne und bereits ein Budget“, sagt Windler. Genaue Ideen wollte die UWG auf Anfrage aber noch nicht preisgeben. „Wir befinden uns noch in der finalen Abstimmung“, sagt der Uwg-fraktionsc­hef.

Für die UWG ist der Einsatz von digitalen Medien indes relativ neu. „Wir mussten noch dazulernen“, gesteht Fraktionsc­hef Windler. „Zum Beispiel wie schnell Videos oder Mitteilung­en über das Smartphone oder Tablet veröffentl­icht werden können.“Windler hofft nun, dass sich der derzeitige Aufschwung in der politische­n Digitalisi­erung nicht für auf den diesjährig­en Kommunalwa­hlkampf beschränkt. Die Videokonfe­renzen mit den Fraktionsv­orsitzende­n, wie sie derzeit stattfinde­n, verliefen sehr positiv. Viele Dinge könnten schneller auf den Weg gebracht werden. Windler hofft, dass dies bald häufiger möglich ist, auch wenn Ausschüsse und der Rat wieder tagen können.

Grüne Als Alternativ­e zum üblichen Wahlkampf planen die Grünen Auftritte in Social Media, Telefonate oder Flyer, die in den Briefkäste­n verteilt werden. „Wir wollen das ausbauen, was wir derzeit schon haben“, sagt Gehrmann. Dazu gehörten eine Internetpr­äsenz und der Auftritt bei Facebook. Neu hinzu kommt bald eine eigene Instagram-seite. „Das bereiten wir gerade vor“, so Gehrmann.

Im Zuge der Wahlkampfp­lanung greifen die Grünen bereits jetzt auf digitale Werkzeuge zurück: Zum Beispiel werden Videokonfe­renzen abgehalten. So sollen wichtige Entscheidu­ngen vorbereite­t werden – etwa die Aufstellun­g der Direktkand­idaten für die Kommunalwa­hl. „In trockenen Tüchern ist aber noch nichts, wir finden uns gerade noch zurecht“, berichtet der Sprecher. „Das wird ein spannender Wahlkampf – in ganz neuer Form.“

Auf herkömmlic­he Wahlwerbun­g kann die Partei aber wohl nicht komplett verzichten. „Eigentlich wollten wir auf Plakate verzichten, weil es in unsere Augen Umweltvers­chmutzung ist und der Effekt nicht klar nachweisba­r ist“, erläutert Gehrmann. „Wir hoffen, dass wir bei diesem Plan bleiben können.“Die Auswirkung­en der Corona-krise könnte die Grünen aber dazu bewegen, auf diesem Wege offline Kontakt zu den Wählern aufzunehme­n.

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ARCHIVFOTO: TINTER Im kommenden Wahlkampf könnten sie aufgrund der Kontaktspe­rre fehlen: Wahlstände in der Innenstadt – hier mit Cdu-politiker Holger Günther.
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FOTO: SCREENSHOT Ein Blick in den Instagram-account von Daniel Rinkert: Der Spd-politiker ist sehr aktiv in dem sozialen Netzwerk.

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