Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Pfarrer fordert Bundesfriedensdienst
Pfarrer Peter Stelten von St. Michael Dormagen-süd ist davon überzeugt: Ein solidarischer Dienst in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen könnte dazu beitragen, dass „die Gesellschaft wieder lernt, für andere da zu sein“.
DORMAGEN In der Corona-krise haben sich die Prioritäten geändert, vorher Wichtiges verschwindet, eher Unscheinbares wird geschätzt. Auch die Pfarrer haben sich angesichts des Kontaktverbots und ausfallender Gottesdienste andere Wege der Kommunikation überlegt, um ihre Gedanken zur Gemeinde zu transportieren. So regt Pfarrer Peter Stelten in seinem Brief an seine Gemeinde St. Michael Dormagen-süd einen „Bundesfriedensdienst“für die Gesellschaft an: „Eben nicht nur wie beim Bundesfreiwilligendienst oder beim Freiwilligen Sozialen Jahr auf freiwilliger Basis, sondern weil wir es gesamtgesellschaftlich für richtig erachten, dass das alle tun.“
Ein Bundesfriedensdienst könnte bedeuten, „etwas zurückzugeben für die Freiheit, in die wir hineingeboren sind, damit es bei uns solidarischer zugeht“, so Stelten: „Nicht als billige Arbeitskräfte, sondern als eine Art Lebensschule, um zu lernen, für andere da zu sein.“Der Pfarrer von St. Michael Dormagen-süd ist überzeugt: Krankenhäuser, Rettungsdienste, Kindertagestätten, soziale Einrichtungen und viele mehr, die im wahrsten Sinne des Wortes händeringend Hilfe brauchen, würden spürbar aufatmen. Und es wäre eine gesamtgesellschaftliche Hilfe für alle, die auch die Einzelnen stärken könnte.
Pfarrer Stelten erinnert an den Wehrdienst, den zivilen Ersatzdienst sowie den zehnjährigen Einsatz im Katastrophenschutz, bei DRK, THW oder anderer Hilfsorganisation. „Nach der Jahrtausendwende ist das alles dann Schritt für Schritt abgebaut worden. Nicht mehr passend für die Zeit, hieß es damals. Nun, Zeiten ändern sich – und Prioritäten“, so Stelten, der eine Wiedereinführung von Wehr- und Ersatzdienst in alter Form für „vermutlich zu rückwärtsgewandt“hält und einen Bundesfriedensdienst bevorzugt. In seiner Videobotschaft zum Palmsonntag, die auf der Homepage und auf Youtube zu sehen ist, weist Pfarrer Stelten auf den Esel, auf dem Jesus nach Jerusalem reitet, hin: „Wir können uns am Esel ein Vorbild nehmen: In Treue, Achtsamkeit und der Fähigkeit, manche Last zu tragen.“
In der Corona-krise, so Stelten, „stellen wir fest, wie viele Menschen an ganz wichtigen Stellen tätig sind. Das waren sie immer schon, aber jetzt fällt es uns auf.“Das sind die Leute, die im Supermarkt, in der Apotheke, in Verkehrsunternehmen, im Krankenhaus, in den Arztpraxen und im Rettungsdienst arbeiten, oder bei der Polizei und den Ordnungsämtern. „Oft belächelt, ganz oft gar nicht beachtet, und mitunter schlecht behandelt und schlecht bezahlt. Und das sind jetzt die, die hochkonzentriert für uns alle unseren Alltag in Betrieb halten.“Stelten schlägt vor, diesen Mitmenschen zuzuwenden Wertschätzung entgegenzubringen: „Bitte tun Sie das ganz praktisch. Schreiben Sie doch Ihrer Kassiererin, dem Polizisten, Ihrer Apothekenmitarbeiterin und anderen einen Ostergruß“, regt Stelten an: Ganz persönlich, per E-mail oder noch besser mit der Hand. „Wenn wir keine Hände mehr schütteln dürfen, lassen wir unsere Hände schreiben. Und sagen Sie in Ihrer Botschaft doch auch mal, ,Gott sei Dank, dass es Sie gibt.’“
Trotz Corona wird das Osterfest, das wichtigste Fest der Christen, auch in Dormagen gefeiert, wenn auch anders, als gewohnt. „Jesus Christus ist auferstanden und dieses Ereignis ist der Ausgangspunkt unseres Glaubens bis heute“, betont Stelten. „Ich lade Sie ein, Zuhause alles so zu planen, wie Sie es gewohnt sind. Schmücken Sie Ihre Wohnung mit Blumen, färben Sie gemeinsam die Ostereier und gestalten Sie für Menschen, die Ihnen nahe stehen, ein Osternest“, fordert Pfarrer Stelten zu Beginn der Karwoche auf.