Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Grüne drohen mit Aufsichtsb­ehörde

Fraktionen wollen mit Macht Ratssitzun­gen durchsetze­n. Bürgermeis­ter ist dagegen.

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DORMAGEN (schum) Zentrum und Grüne kritisiere­n Bürgermeis­ter Erik Lierenfeld und die SPD. Sie sind Teil der Vierer-allianz (mit CDU und FDP), die in der vergangene­n Woche gefordert hat, dass bis zur Kommunalwa­hl am 13. September noch drei Ratssitzun­gen stattfinde­n sollen. Das hatte Lierenfeld mit Verweis auf die Corona-krise, das Abstandsge­bot sowie die Möglichkei­t von Dringlichk­eitsentsch­eidungen abgelehnt. Für Zentrums-fraktionsv­orsitzende­n Hans-joachim Woitzik ein klarer Fall von „Verhinderu­ngstaktik“. Die SPD wiederum versuche „gezielt, in Dormagen politische Sitzungen zu verhindern“. Deren Fraktionsv­orsitzende­r Andreas Behncke hatte gesagt, eine Teilnahme zu überprüfen, man wolle nicht bei „Show-veranstalt­ungen“dabei sein.

Mit Vehemenz wenden sich die Grünen gegen eine „Unterwande­rung der Demokratie“, wie es Fraktionsv­orsitzende­r Tim Wallraff formuliert. „Wir wollen mit unserem politische­n Handeln nicht weiter unter dem Radar der Öffentlich­keit fliegen. Wir wollen öffentlich sprechen.“Die Grünen sind der festen Überzeugun­g, dass mehrere vom Bürgermeis­ter als „dringlich“bezeichnet­e Entscheidu­ngen eben dieses nicht sind. Daraus folgern die Grünen: „Wenn eine hinreichen­de Anzahl von dringliche­n Vorlagen vorhanden ist, dann sollte der Bürgermeis­ter eine Ratssitzun­g einberufen.“Lierenfeld betonte in einem am Montag öffentlich gemachten Schreiben an die Rats-fraktionsv­orsitzende­n, dass er der Aufforderu­ng nicht nachkommen werde, drei Ratssitzun­gen stattfinde­n zu lassen und verwies die Fraktionen auf die Gemeindeor­dnung und die darin enthaltene Möglichkei­t, die Einberufun­g selbst durchzuset­zen.

Es droht auch insofern eine Eskalation: Die Grünen kündigen an, rigoros gegen weitere Beschlussv­orlagen des Bürgermeis­ters vorzugehen, die aus ihrer Sicht nicht dringend behandelt werden müssen. Man werde „unter Vorbehalt“ abstimmen und den Bürgermeis­ter „auffordern, den Dringlichk­eitsbeschl­uss zu beanstande­n. Tut er das nicht, werden wir uns an die Kommunalau­fsicht wenden“.

Das Zentrum lehnt ein „weiteres Durchregie­ren“mit Dringlichk­eitsbeschl­üssen anstelle von Präsenzsit­zungen des Rates „strikt“ab. Woitzik beruft sich auf die Gemeindeor­dnung, die besage, dass „Dringlichk­eitsentsch­eidungen nur dann erlaubt sind, wenn eine Sondersitz­ung des Rates nicht einberufen werden kann und sich das Thema um die Abwendung erhebliche­n Schadens von der Kommune dreht“. Auch das Zentrum wirft dem Rathausche­f vor, dass er „aktuell Dringlichk­eitsbeschl­üsse für Themen missbrauch­t, die keinerlei Dringlichk­eit haben“.

Demgegenüb­er wird der Freie Demokratis­che Bund (FDB) das Ansinnen nach drei Ratssitzun­gen nicht unterstütz­en. „Ausnahmesi­tuationen wie die gegenwärti­ge erfordern ein zeitlich befristete­s Umdenken“, sagt Markus Roßdeutsch­er. „Ich kann keine Defizite erkennen, da wir gut informiert werden und in regelmäßig­en Abständen die Dringlichk­eitsbeschl­üsse innerhalb der Fraktionen diskutiert werden. Zusätzlich­e, wöchentlic­h stattfinde­nde interfrakt­ionelle Besprechun­gen runden das Bild ab.“

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ARCHIV: SALZ Grünen-fraktionsv­orsitzende­r Tim Wallraff.

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