Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
„Corona-maßnahmen greifen in Neuss“
Bürgermeister und Ordnungsdezernent über den Corona-stand, Schützenfeste und die nächsten Schritte.
Herr Breuer, mit Blick auf die Corona-pandemie geht der stetige Blick auf aktuelle Infektionszahlen und vor allem Kurven, die Anstieg und Entwicklung der Infektionen zeigen. Ziel ist eine Verlangsamung. Wie sieht die Lage in Neuss aus? REINER BREUER Wir sehen, dass die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-pandemie in Neuss greifen. Die Zahl der Verdopplungszeit der Infektionen beträgt in unserer Stadt 16 Tage, das ist deutlich besser als im Bundes- oder Landesschnitt. Natürlich ist das eine Momentaufnahme und noch lange kein Grund zur Entwarnung. Den Höchststand an Infektionen erwarten wir für Mitte Mai. Es ist also bei Weitem nicht so, als könnten wir uns jetzt nach Ostern schütteln und wären durch. Aber im Moment sieht es so aus, als bekämen wir die Welle gedrückt. Das ist ein Hoffnungsschimmer.
Was bedeutet das für Maßnahmen wie das Zurückfahren sozialer Kontakte und Geschäftsschließungen? BREUER Wir gehen davon aus, dass das Land die Empfehlung vorbereitet, zumindest einige Einschränkungen wieder etwas zu lockern. So könnten zum Beispiel die Kontaktbeschränkungen etwas zurückgefahren werden. Aber das darf nicht zu Lasten besonders gefährdeter Risikogruppen gehen. Daher bin ich überzeugt, dass eine Lockerung der Maßnahmen nur mit gleichzeitigen Kompensationsmaßnahmen erfolgen sollte. Darauf bereiten wir uns vor.
Zum Beispiel? BREUER Das Tragen von Mund-nasenschutz in der Öffentlichkeit halte ich für empfehlenswert. Ein einfacher Mundschutz zum Beispiel aus Baumwolle, ggfs auch selbst genäht, kann schließlich dazu beitragen, andere vor einer Infektion zu schützen. Damit lässt sich in einem relativ simplen, ersten Schritt einer weiteren Verbreitung des Coronavirus vorbeugen, zum Beispiel beim Einkaufen. Allerdings lassen sich mit einem solchen Mundschutz bekanntermaßen Ansteckungen nicht vermeiden. Dazu bedürfte es spezieller medizinischer Atemschutzmasken, sogenannter FFP 2 oder 3 Masken, die vordringlich für das entsprechende Fachpersonal zur Behandlung von Corona-infizierten benötigt werden. Grundsätzlich gilt: Die Infektionswelle wird uns noch länger begleiten, auf jeden Fall bis Mitte des Jahres. Und wir müssen alles tun, um die Infektionsrate so gering wie möglich zu halten.
Herr Lachmann, Sie haben betont, dass die Neusser bislang diszipliniert mit großem Verständnis mit den erforderlichen Einschränkungen
umgehen. Wie war es während der Ostertage? Das Wetter war verführerisch schön... HOLGER LACHMANN Die Neusser waren äußerst diszipliniert. Die Lage war ruhig.
Eine wirkliche Exitstrategie aus der Corona-pandemie wird es erst geben, wenn ein Impfstoff beziehungsweise wirksame Medikamente vorliegen. Auch gelockerte Kontaktbeschränkungen und das Tragen von Mundschutz würden wohl kaum etwas daran ändern, dass die Neusser auf einige geliebte Traditionen wie zum Beispiel Schützenfeste verzichten müssen. Wie ist da der Stand? LACHMANN Wir befinden uns in engem Austausch mit den Schützen auf der Furth und Martin Flecken, dem Präsidenten des Neusser Bürger-schützen-vereins. Erst einmal müssen wir sehen, welche Entscheidung die Landesregierung fällt, wie es nach dem 19. April weitergehen soll. Klar ist, dass die Vereine auch aus wirtschaftlichen Gründen Planungssicherheit benötigen. Auch das haben wir in gemeinschaftlichen Gesprächen im Blick. BREUER Die Unsicherheit ist natürlich groß, zumal uns das Virus noch länger beschäftigen wird. Ende der Osterferien werden wir eine Lageeinschätzung für den näheren Zeitraum haben. Es reicht wahrscheinlich nicht, ein paar Kerzen in der St.-josef-kirche aufzustellen, damit die Schützen auf der Neusser Furth über Pfingsten feiern können. Das gilt allerdings auch für viele andere Veranstaltungen, wie zum Beispiel im kulturellen Bereich für das Shakespeare-festival. Es geht mir da im Übrigen wie allen anderen Bürgern ebenfalls: Auch ich vermisse diese Veranstaltungen. Aber die Gesundheit steht an erster Stelle.
Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-pandemie sind immens. Was bedeutet das für die Stadt? BREUER Mit der Wirtschaftsförderung bereiten wir Maßnahmen vor, um Unternehmen zu unterstützen. In den Schulen und Kitas haben wir zudem zum Beispiel Sanierungsmaßnahmen in Auftrag gegeben, die derzeit umgesetzt werden. Aber auch den städtischen Haushalt wird die Corona-pandemie treffen. Es zeichnet sich ab, dass die Gewerbesteuer deutlich niedriger ausfällt. Zudem unterstützen wir Eltern – viele von ihnen sind ja mittlerweile in Kurzarbeit –, indem sie keine Kitaoder Ogs-beiträge zahlen müssen. Im ersten Monat handelt es sich um rund 350.000 Euro, die in der Stadtkasse fehlen.
Wie soll das aufgefangen werden? BREUER Wir werden mit dem Land über die Finanzen und die Frage, wer welche wegen Corona erforderlichen Maßnahmen zahlt, reden müssen. Das besprechen wir auch schon im Deutschen Städtetag. Wir brauchen einen kommunalen Rettungsschirm, insbesondere auch mit Blick auf Kommunen, die jetzt schon verstärkt auf Kassenkredite angewiesen sind. Sie dürfen nicht im Stich gelassen werden.