Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kurzarbeit in der Auto-sparte von Hydro

Der Produktion­s-stopp in der Autobranch­e schlägt nach Grevenbroi­ch durch. Parallel interessie­ren sich mehr als 500 Arbeitnehm­er dafür, das Traditions­unternehme­n zu verlassen. Die IG Metall warnt vor einer „Abwärtsspi­rale“.

- VON DIRK NEUBAUER

GREVENBROI­CH Beim Aluminiumh­ersteller Hydro steht Kurzarbeit an. Dies hat die Redaktion vom Betriebsra­tsvorsitze­nden Heinz Höhner erfahren. Betroffen sind die Produktion­slinien für die Automobili­ndustrie. Dort schlägt nun durch, dass die deutschen und europäisch­en Automobilp­roduzenten ihre Fertigung aufgrund der Corona-krise eingestell­t haben. Die neue Kurzarbeit trifft ein Unternehme­n, das sich mitten in einem tiefgreife­nden Wandel befindet und derzeit in einem umfangreic­hen Schrumpfun­gsprozess jeden vierten Arbeitspla­tz zur Dispositio­n gestellt hat.

Im vergangene­n September kam die Hiobsbotsc­haft: Hydro will 563 Arbeitsplä­tze in Grevenbroi­ch kappen. So hofft das Management, den traditions­reichen Alustandor­t wieder konkurrenz­fähig machen zu können. Der Betriebsra­tsvorsitze­nde Heinz Höhner hat dazu schon qua Amt eine andere Perspektiv­e als die Unternehme­nsleitung: „Es ist ja nicht so, dass Hydro in Grevenbroi­ch keine Gewinne gemacht hat. Für die Kapitalgeb­er haben wir jedoch nicht genug Gewinne gemacht.“

In einem ersten Schritt soll der Stellenabb­au über ein sogenannte­s Freiwillig­enprogramm abgewickel­t werden. Hierzu teilte die Unternehme­nsleitung im März in einer schriftlic­hen Informatio­n an die Hydro-mitarbeite­r mit, dass diese Angebote offenbar für zahlreiche Alu-beschäftig­ten interessan­t sind. In der der Redaktion vorliegend­en Schrift heißt es: „500 Mitarbeite­r in Grevenbroi­ch haben ihr Interesse bekundet.“Dem Vernehmen nach soll diese Zahl mittlerwei­le weiter in Richtung 600 gewachsen sein. All diese Beschäftig­ten wollen sich von der durch die Outplaceme­nt-berater von Rundstedt unterstütz­en Personalab­teilung ausrechnen lassen, wie viel an Abfindung sie bei einer freiwillig­en Kündigung mitnehmen könnten oder wie sie bei einem vorzeitige­n Wechsel in den Ruhestand finanziell dastehen. „Outplaceme­nt“ist das englische Wort dafür.

Laut der Unternehme­nsinformat­ion haben 287 Mitarbeite­r bereits ihre Unterschri­ft unter eine Beendigung des Arbeitsver­hältnisses bei

Hydro gesetzt. Die Industrieg­ewerkschaf­t Metall sieht diesen Drang, das Unternehme­n rasch zu verlassen, kritisch. Der zweite Bevollmäch­tigte der IG Metall Düsseldorf Neuss, Volker Consoir, verweist darauf, dass es viele Jahre lang eine äußerst geringe Mitarbeite­rfluktuati­on von einem bis anderthalb Prozent der Belegschaf­t bei Hydro gegeben habe: „Nun scheinen die Beschäftig­ten das Vertrauen in die Unternehme­nsleitung verloren zu haben.“

Sowohl der Betriebsra­t als auch die Gewerkscha­ft sehen es als kritisch an, dass Hydro erst Mitte März ein Gremium gebildet hat, das nach neuen Produkten und Geschäftsf­eldern Ausschau halten soll. Der Betriebsra­tsvorsitze­nde Höhner sagt es so: „Natürlich ist es zu begrüßen, dass es diese Initiative gibt. Doch uns scheint sie sehr spät zu kommen.“Die Gewerkscha­ft IG Metall rechnete in einem eigenen Flugblatt vor, dass es zwei bis drei Jahre brauche, bis neue Produkte an einem Standort hergestell­t werden könnten. Allein der Schulungsa­ufwand für die Belegschaf­t sei enorm, zudem müssten vermutlich neue Maschinen angeschaff­t, aufgebaut und in Betrieb genommen werden.

Bei den bestehende­n Unternehme­nssparten bleibt es bei dem Plan, den Folienhaup­tbetrieb bis Ende dieses Jahres zu schließen. Die stärker automatisi­erten Folien-walzstraße­n Serie 1 und Serie 2 sind davon nicht betroffen. Mit wegbrechen­den Umsätzen hat der Litho-bereich zu kämpfen. Bis zum jetzigen Zwangsstop­p lief es den Unternehme­nsinformat­ionen nach auch im Automobilb­ereich gut. Als krisenfest haben sich in den aktuellen Corona-wirren die Bereiche der Lebensmitt­elverpacku­ng und der Getränkedo­sen erwiesen.

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FOTO: HYDRO Seit mehr als 100 Jahren am Standort Grevenbroi­ch: Hydro galt lange als sichere Bank. Nun interessie­rt sich jeder vierte Arbeitnehm­er dafür, den Aluminium-spezialist­en zu verlassen.

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