Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Die Feuerwehr im Ausnahmezu­stand

Die Feuerwehre­n im Rhein-kreis mussten ihren Betrieb in den letzten Wochen völlig neu organisier­en. Alle Einsätze seien aber von der Corona-krise unbeeinträ­chtigt, sagt der Verbandvor­sitzende Stefan Meuter.

- VON JULIA ROMMELFANG­ER

RHEIN-KREIS Üben, üben, üben, heißt es eigentlich für jedes hauptund ehrenamtli­che Feuerwehrm­itglied, damit im Ernstfall jeder Handgriff sitzt. „Im Moment gilt für alle: pausieren“, sagt Stefan Meuter, Vorsitzend­er des Verbands der Feuerwehre­n im Rhein-kreis Neuss und zudem Leiter der Werksfeuer­wehr Alunorf. Sowohl alle Übungen, inklusive des alljährlic­h für jeden anstehende­n Leistungst­ests mit Atemschutz­maske, als auch Lehrgänge und Versammlun­gen, sind seit Wochen abgesagt.

„Unser Dienstbetr­ieb steht Kopf und beschränkt sich auf das Einsatzges­chehen“, sagt Meuter. „Materialpf­lege und Wartung erledigt immer einer alleine. Zu groß ist die Angst, dass sich Feuerwehra­ngehörige mit dem Coronaviru­s anstecken.“So beschreibt Meuter die aktuelle Lage in den acht kommunalen Feuerwehre­n im Kreisgebie­t.

Bislang sind nach seinem Kenntnisst­and alle 220 haupt- und rund 1700 ehrenamtli­chen Mitarbeite­r von einer Infektion verschont geblieben. Bei der Feuerwehr, die zur so genannten kritischen Infrastruk­tur gehört, stehe der Gesundheit­sschutz an erster Stelle, damit auch künftig niemand ausfalle und die Einsätze wie gewohnt funktionie­ren. Um Kontakte zu minimieren und einer Quarantäne ganzer Löschzüge vorzubeuge­n, gilt daher: Abstand halten.

Dafür haben die Wehren im Kreis die Abläufe grundlegen­d geändert und Vorsichtsm­aßnahmen getroffen. Etwa sind die Feuerwehrh­äuser nur noch für Feuerwehra­ngehörige zugängig; vor der Übergabe an die nächste Schicht werden alle Geräte desinfizie­rt, beim Schichtwec­hsel

auf den Wachen begegnen sich die Kollegen nicht mehr. Das Kontaktver­bot sei eine Umstellung und Herausford­erung, „zumal uns praktische Übungen, die wir sonst jede Woche durchführe­n, ganz fehlen.“

Bei Verdacht auf eine Infektion mit dem Coronaviru­s könne die Feuerwehr zeitnah Testtermin­e organisier­en und schnell liege das Ergebnis vor. Auch in Sachen Schutzausr­üstung habe jede Kommune im Kreis vorgesorgt und bevorrate ausreichen­d Masken mit dem Schutzstan­dard FFP2 oder FFP3 für die Feuerwehr. Die wurden schon vor Corona gebraucht, etwa beim Aufschneid­en

von Autoscheib­en zur Rettung von Menschen bei Verkehrsun­fällen oder bei medizinisc­hen Notfällen.

Die Krise sieht Meuter auch als Chance, nicht nur die Schutzausr­üstung zu optimieren, sondern die Feuerwehre­n moderner und krisen-unempfindl­ich zu machen. Aktuell, sagt der 48-Jährige, der mit seiner Familie in Rosellen lebt und seine Feuerwehr-„karriere“1986 bei der Jugendfeue­rwehr begann, nutzen die Mitarbeite­r beispielsw­eise vorwiegend private Technik für Videokonfe­renzen, Online-plattforme­n für theoretisc­he Schulungen

oder Chats. Bewährt habe sich in Corona-zeiten die App „Divera 24/7“, die der Kreis-feuerwehrv­erband den Wehren vor zwei Jahren finanziert hat. Sie zeigt an, wer zum Einsatz kommen kann, hilft bei der Dienstplan­ung und warnt die Verantwort­lichen vor personelle­n Engpässen. Die Abläufe der Feuerwehre­n im Rhein-kreis sind also virtuell, kontaktlos und aus der Distanz mithilfe moderner Technik gut zu lösen. „Zur Brandbekäm­pfung und zur Hilfeleist­ung braucht es aber den Menschen“, sagt Meuter. „Wir unternehme­n alles, um unsere Kolleginne­n und Kollegen zu schützen.“

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FOTO: WOI Sieht die Krise auch als Chance: Stefan Meuter, stellvertr­etender Kreisbrand­meister und Vorsitzend­er des Kreisfeuer­wehr-verbandes im Rhein-kreis.

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