Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
„Die Wirtschaft rasch hochfahren“
Eberhard Uhlig leitet die Wirtschaftvereinigung Grevenbroich. Er fordert eine klare Perspektive für die Firmen.
Derzeit befinden sich zahlreiche Unternehmen in einer Zwangspause – als Folge der Corona-pandemie. Für viele Firmen ist die Lage bedrohlich. Zwar takten Bund und Land rasch. Ob Kurzarbeitergeld oder Überbrückungshilfen – wann immer wir von der NGZ nachfragen, hören wir, dass die Hilfen schnell und unbürokratisch bewilligt werden. Wie gut kommt die Grevenbroicher Wirtschaft bislang durch die Corona-krise? Eberhard Uhlig Auf eine Befragung unserer Mitgliedsunternehmen zur Erhebung ihrer wirtschaftlichen Situation will der Vorstand der Wirtschaftsvereinigung bewusst verzichten. Deshalb haben wir keine konkrete Übersicht über die genaue Betroffenheit unserer Mitgliedsunternehmen. Die Mitglieder der Wirtschaftsvereinigung lassen sich allerdings in drei Kategorien unterteilen, die – neben der individuell unterschiedlichen Betroffenheit durch den gesundheitsbedingten Ausfall von Mitarbeitern – insbesondere durch die aktuellen Einschränkungen der Politik unterschiedlich betroffen sind: Produzierendes Gewerbe, Beratung und Dienstleistung und Handel. Entsprechend einer Befragung der Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein im März 2020 wissen wir, dass Probleme sowohl durch die Unterbrechung von Lieferketten, als auch durch eine sinkende Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen entstehen. Zudem werden Maßnahmen und Investitionen teilweise verschoben und es werden Aufträge storniert.
Wo sehen Sie als Wirtschaftsvertreter die größten Herausforderungen für Unternehmen hier am Ort und in der Region? UHLIG Die größten Herausforderungen bestehen für Unternehmen, die auf direkten Kundenverkehr angewiesen sind. Sobald dieser durch staatliche Festlegungen blockiert wird, fehlt den Unternehmen die Basis für ihr Geschäft.
Müssen wir damit rechnen, dass Grevenbroicher Unternehmen in die Insolvenz schliddern – oder besteht die Gefahr eher darin, dass Geld nun zu leicht zu haben ist – auch für Unternehmen in bereits prekärer Situation? UHLIG Nach der IHK Umfrage waren in der Region Mittlerer Niederrhein etwa 13 Prozent der Unternehmen unmittelbar von einer Insolvenz bedroht und weitere 40 Prozent hatten Probleme, ihre Zahlungen leisten zu können. Hier kann man nur hoffen, dass die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen schnell und ausreichend greifen.
Wer ist in der Krise im Vorteil – große Unternehmen mit ihrem stabilen Fundament oder eher kleine, wendige Geschäftseinheiten, die sich rascher auf neue Anforderungen einstellen können? UHLIG Grundsätzlich sind große Unternehmen besser in der Lage, kurzfristige Marktschwankungen zu kompensieren. Anderseits sind große Unternehmen in der Regel stärker von internationalen Absatzmärkten und Lieferketten abhängig. Je nach Branche, Produkt oder Geschäftsmodell können kleine Unternehmen im Einzelfall sogar eher unbeschadet durch die Krise kommen.
Der nordhrein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet fordert einen Plan zum Wiedereinstieg und möchte zum Beispiel kleine Läden möglichst rasch wieder öffnen. Wie beurteilen Sie den Ansatz, die Wirtschaft möglichst rasch wieder hochzufahren? UHLIG Wir halten dies für richtig und zwingend erforderlich, damit weitere – auch soziale – Probleme und Konsequenzen noch beherrschbar bleiben.
Welche Wünsche haben sie an die Stadt Grevenbroich, das Land NRW und den Bund – was sollte die öffentliche Hand tun? UHLIG Ein schnelles Hochfahren der Wirtschaft unter Einhaltung der Abstandsregel von mindestens 1,50 Metern. In Bereichen und in Zeitphasen, in denen dieser Abstand nicht eingehalten werden kann, könnten Masken einen persönlichen Schutz bieten.
Welche Auswirkungen wird die Corona-krise auf die Wirtschaft haben – weniger internationale Arbeitsteilung, mehr Grenzen, mehr Abgrenzung? UHLIG Aktuell sehen wir die Tendenz, Grenzen zu schließen. Die Pandemie hat aber gezeigt, dass dies kein wirkungsvolles Schutzinstrument ist. Vielmehr sollte der Austausch von Personal und Material in einer internationalen Weltwirtschaft weiter forciert werden, um die Potentiale der Weltwirtschaft – auch zur Bekämpfung von Pandemien – nutzen zu können.