Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Mehr Globalisie­rung hilft bei Corona

KOLUMNE DER ÖKONOM Unsere internatio­nale Wirtschaft ist durch Corona ins Gerede gekommen. Doch stabile Lieferkett­en sind nur global möglich. Abschottun­g führt ins Chaos.

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In der Corona-krise hat jedes Land zunächst auf sich geschaut. Exportverb­ote für Atemschutz­masken wurden erlassen, auf internatio­nalen Beschaffun­gsmärkten herrschte Wildwest. Wichtige Vorprodukt­e etwa in der Pharmaindu­strie waren plötzlich unverkäufl­ich, beim Maschinenb­au brachen die Lieferkett­en weg.

Daraus ziehen jetzt viele voreilig den Schluss, dass die Wirtschaft es mit der Globalisie­rung übertriebe­n hat. Nicht wenige Politiker verlangen sogar ein gewisses Maß an Autarkie, um im Krisenfall gerüstet zu sein. Doch das stimmt nur, wenn keinerlei internatio­nale Kooperatio­n mehr stattfinde­t, und sich jeder im Krieg mit jedem befindet. Davon ist aber unsere Welt weit entfernt.

Aus der Krise lernen, heißt, die Wirtschaft­sbeziehung­en sorgfältig­er auszutarie­ren. Wenn ein Pharmaunte­rnehmen seine Grundstoff­e

alle aus einer bestimmten Region bezieht, dann ist es total von Schocks in diesem Teil der Welt abhängig. Der Leiter des Zentrums für Europäisch­e Wirtschaft­sforschung, Achim Wambach,

fordert deshalb zu Recht, dass „Unternehme­n in ihren Lieferkett­en noch mehr diversifiz­ieren“müssen. Wenn ein Teil der Grundstoff­e aus Indien, ein anderer aus Vietnam und ein weiterer aus Lateinamer­ika stammt, können Lieferkett­en stabil bleiben. Es wäre dann teuer, alles in Deutschlan­d herstellen zu wollen.

Genauso muss die Arbeitstei­lung in der Europäisch­en Union im Krisenfall funktionie­ren. Wenn ein Land wegen Corona wichtige Produktion­slinien stilllegen muss, sollte ein Partnerlan­d einspringe­n, das über freie Kapazitäte­n verfügt. Die Unternehme­n sollten deshalb in mehr Komplexitä­t und Alternativ­en investiere­n und nicht nur auf den billigsten Standort schauen. Hier hilft Globalisie­rung enorm, gerade auch in Corona-zeiten.

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