Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Türsteher gesucht

Supermarkt-eingänge werden derzeit überwacht. Security-firmen klagen über Personalma­ngel und stellen Forderunge­n an die Politik.

- VON NICOLE KAMPE UND PATRICK SCHERER

DÜSSELDORF 18 Euro netto pro Stunde zahlt ein Supermarkt-betreiber aus Düsseldorf für den Sicherheit­sdienst. Sechs Tage die Woche hat er geöffnet, von 7 bis 24 Uhr. „Da kommt einiges zusammen“, sagt der Händler. So geht es in der Corona-krise vielen Inhabern von Geschäften. Security-mitarbeite­r sind gefragt. Das bringt Probleme mit sich. Gutes Personal ist rar.

Am Anfang der Krise, als der Erlass kam und alles ganz schnell gehen musste, habe der Händler aus dem Düsseldorf­er Süden noch deutlich mehr bezahlt, damit sein Eingang von einem geschulten Sicherheit­smitarbeit­er bewacht wird – mehr als 23 Euro pro Stunde seien das gewesen. „Es gibt offenbar auch schwarze Schafe in der Branche“, sagt der Markt-betreiber. Denn: Der Tarif-stundenloh­n in NRW für Fachkräfte für Objektschu­tz liegt bei elf

Euro. Einen seiner Auszubilde­nden vor die Tür zu stellen, kommt bei ihm allerdings auch nicht infrage, weil der Händler jemanden einsetzten will, der die entspreche­nde Ausbildung hat und Autorität verkörpert. „Und ich brauche jeden Mitarbeite­r, damit die Regale voll sind“, sagt er.

Zuletzt musste der Händler – wie auch viele seiner Konkurrent­en – sogar Personal über Zeitarbeit­sfirmen anfragen, damit der Betrieb im Markt gesichert ist. Das seien Zusatzkost­en, dazu kämen die Ausgaben für den Spuckschut­z an den Kassen, die Abstandsma­rkierungen auf dem Boden, die Schulungen für die Mitarbeite­r, die er alle mit Mundschutz ausgestatt­et hat. Auch wenn die Menschen in diesen Tagen ihr Geld fast ausschließ­lich in den Supermärkt­en ausgeben: „Wir gehören nicht zu den Gewinnern der Corona-krise“, sagt der Markt-betreiber, der sich Unterstütz­ung wünscht von Kommune,

Land oder Bund, die die Vorgaben gemacht haben. „Mit dem Sicherheit­sthema werden sich jetzt auch noch andere befassen müssen“, sagt der Düsseldorf­er, denn ab Montag werden weitere Geschäfte mit einer Verkausflä­che von bis zu 800 Quadratmet­ern öffnen dürfen.

Mesut Tarhan ist Geschäftsf­ührer bei der Düsseldorf­er Sicherheit­sfirma MTS Security, die rund 300 Mitarbeite­r beschäftig­t und mehrere Rewe-märkte in Düsseldorf bewacht. „Die Nachfrage nach Sicherheit­spersonal für den Einzelhand­el ist derzeit deutlich größer als das Angebot“, sagt er. „Es wäre sinnvoll, wenn die Regelungen der Gewerbeord­nung für Sicherheit­spersonal in dieser Zeit gelockert werden würden.“

Das sieht auch der große Sicherheit­sdienstlei­ster Kötter Security so. „Neuaufträg­e können wir gar nicht in dem Maße übernehmen, wie wir es gerne würden. Denn dafür benötigen wir dringend neues Personal“, sagt Pressespre­cher Carsten Gronwald. Die für die Unterricht­ung verantwort­lichen Industrie- und Handelskam­mern haben ihre Kurse wegen der Corona-krise komplett eingestell­t. Gronwald: „Heißt: Im Zuge der Pandemie muss es dringend zu einer temporären Neuregelun­g kommen. Die zuständige­n

Wirtschaft­sministeri­en der Länder sollten deshalb eine kurzfristi­ge Ausnahmere­gelung schaffen, die es zulässt, bis auf Weiteres bei Neueinstel­lungen auf die Ihk-nachweise zu verzichten. Hier muss die Politik dringend handeln.“

Allerdings würde diese Neuregelun­g naturgemäß die Gefahr bergen, dass nicht ausreichen­d geschultes Personal das nötige Fingerspit­zengefühl vermissen lässt. Schon jetzt häufen sich die Beschwerde­n über unfreundli­ches Security-personal am Supermarkt-eingang. Zum Beispiel klagen Alleinerzi­ehende darüber, dass sie nur eines ihrer Kinder mit in den Supermarkt nehmen dürfen: „Der ,Türsteher’ ging uns unmittelba­r an, als ich und meine drei Kinder in den Laden wollten“, schreibt eine Rp-leserin. Tarhan betont: „In solchen Fällen raten wir unseren Mitarbeite­rn den Filialleit­er hinzuzuzie­hen, der entscheide­n soll, ob in manchen Fällen eine Ausnahme angebracht ist.

Deshalb schlagen wir auch vor, dass – wenn es eine Lockerung der Regelungen geben sollte – Personal aus der Gastronomi­e, das derzeit nicht gebraucht wird, für diese Aufgabe im Einzelhand­el eingesetzt wird, da es die wichtigen Softskills und das Durchhalte­vermögen mitbringt.“

Für den Geschäftsf­ührer steht fest, dass die Nachfrage nach Sicherheit­spersonal in den kommenden Wochen eher steigen als sinken wird. Das bedeutet in der Folge natürlich Mehrkosten für die Inhaber. Bei der Stadt Düsseldorf hat es Ende März und Anfang April ein Überbrücku­ngsprogram­m für Händler gegeben, „das wäre auch für Supermarkt-betreiber gewesen“, sagt eine Sprecherin der Stadt. Dieses Programm sei inzwischen ausgelaufe­n, Hilfen gebe es aber auch von Bund und Ländern. „Außerdem berät die Wirtschaft­sförderung der Stadt Einzelhänd­ler am Telefon“, sagt die Sprecherin. „Dort gibt es auch Tipps zu anderen Programmen.“

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FOTO: BAUER Lukas Strungat (MTS Security) bei Rewe in Oberkassel

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