Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Türsteher gesucht
Supermarkt-eingänge werden derzeit überwacht. Security-firmen klagen über Personalmangel und stellen Forderungen an die Politik.
DÜSSELDORF 18 Euro netto pro Stunde zahlt ein Supermarkt-betreiber aus Düsseldorf für den Sicherheitsdienst. Sechs Tage die Woche hat er geöffnet, von 7 bis 24 Uhr. „Da kommt einiges zusammen“, sagt der Händler. So geht es in der Corona-krise vielen Inhabern von Geschäften. Security-mitarbeiter sind gefragt. Das bringt Probleme mit sich. Gutes Personal ist rar.
Am Anfang der Krise, als der Erlass kam und alles ganz schnell gehen musste, habe der Händler aus dem Düsseldorfer Süden noch deutlich mehr bezahlt, damit sein Eingang von einem geschulten Sicherheitsmitarbeiter bewacht wird – mehr als 23 Euro pro Stunde seien das gewesen. „Es gibt offenbar auch schwarze Schafe in der Branche“, sagt der Markt-betreiber. Denn: Der Tarif-stundenlohn in NRW für Fachkräfte für Objektschutz liegt bei elf
Euro. Einen seiner Auszubildenden vor die Tür zu stellen, kommt bei ihm allerdings auch nicht infrage, weil der Händler jemanden einsetzten will, der die entsprechende Ausbildung hat und Autorität verkörpert. „Und ich brauche jeden Mitarbeiter, damit die Regale voll sind“, sagt er.
Zuletzt musste der Händler – wie auch viele seiner Konkurrenten – sogar Personal über Zeitarbeitsfirmen anfragen, damit der Betrieb im Markt gesichert ist. Das seien Zusatzkosten, dazu kämen die Ausgaben für den Spuckschutz an den Kassen, die Abstandsmarkierungen auf dem Boden, die Schulungen für die Mitarbeiter, die er alle mit Mundschutz ausgestattet hat. Auch wenn die Menschen in diesen Tagen ihr Geld fast ausschließlich in den Supermärkten ausgeben: „Wir gehören nicht zu den Gewinnern der Corona-krise“, sagt der Markt-betreiber, der sich Unterstützung wünscht von Kommune,
Land oder Bund, die die Vorgaben gemacht haben. „Mit dem Sicherheitsthema werden sich jetzt auch noch andere befassen müssen“, sagt der Düsseldorfer, denn ab Montag werden weitere Geschäfte mit einer Verkausfläche von bis zu 800 Quadratmetern öffnen dürfen.
Mesut Tarhan ist Geschäftsführer bei der Düsseldorfer Sicherheitsfirma MTS Security, die rund 300 Mitarbeiter beschäftigt und mehrere Rewe-märkte in Düsseldorf bewacht. „Die Nachfrage nach Sicherheitspersonal für den Einzelhandel ist derzeit deutlich größer als das Angebot“, sagt er. „Es wäre sinnvoll, wenn die Regelungen der Gewerbeordnung für Sicherheitspersonal in dieser Zeit gelockert werden würden.“
Das sieht auch der große Sicherheitsdienstleister Kötter Security so. „Neuaufträge können wir gar nicht in dem Maße übernehmen, wie wir es gerne würden. Denn dafür benötigen wir dringend neues Personal“, sagt Pressesprecher Carsten Gronwald. Die für die Unterrichtung verantwortlichen Industrie- und Handelskammern haben ihre Kurse wegen der Corona-krise komplett eingestellt. Gronwald: „Heißt: Im Zuge der Pandemie muss es dringend zu einer temporären Neuregelung kommen. Die zuständigen
Wirtschaftsministerien der Länder sollten deshalb eine kurzfristige Ausnahmeregelung schaffen, die es zulässt, bis auf Weiteres bei Neueinstellungen auf die Ihk-nachweise zu verzichten. Hier muss die Politik dringend handeln.“
Allerdings würde diese Neuregelung naturgemäß die Gefahr bergen, dass nicht ausreichend geschultes Personal das nötige Fingerspitzengefühl vermissen lässt. Schon jetzt häufen sich die Beschwerden über unfreundliches Security-personal am Supermarkt-eingang. Zum Beispiel klagen Alleinerziehende darüber, dass sie nur eines ihrer Kinder mit in den Supermarkt nehmen dürfen: „Der ,Türsteher’ ging uns unmittelbar an, als ich und meine drei Kinder in den Laden wollten“, schreibt eine Rp-leserin. Tarhan betont: „In solchen Fällen raten wir unseren Mitarbeitern den Filialleiter hinzuzuziehen, der entscheiden soll, ob in manchen Fällen eine Ausnahme angebracht ist.
Deshalb schlagen wir auch vor, dass – wenn es eine Lockerung der Regelungen geben sollte – Personal aus der Gastronomie, das derzeit nicht gebraucht wird, für diese Aufgabe im Einzelhandel eingesetzt wird, da es die wichtigen Softskills und das Durchhaltevermögen mitbringt.“
Für den Geschäftsführer steht fest, dass die Nachfrage nach Sicherheitspersonal in den kommenden Wochen eher steigen als sinken wird. Das bedeutet in der Folge natürlich Mehrkosten für die Inhaber. Bei der Stadt Düsseldorf hat es Ende März und Anfang April ein Überbrückungsprogramm für Händler gegeben, „das wäre auch für Supermarkt-betreiber gewesen“, sagt eine Sprecherin der Stadt. Dieses Programm sei inzwischen ausgelaufen, Hilfen gebe es aber auch von Bund und Ländern. „Außerdem berät die Wirtschaftsförderung der Stadt Einzelhändler am Telefon“, sagt die Sprecherin. „Dort gibt es auch Tipps zu anderen Programmen.“