Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Das grüne Gold

Sie sind klein und trotz hohem Fettgehalt gesund. Pistazien verfeinern nicht nur Süßspeisen und sind besonders in der türkischen Küche sehr beliebt.

- VON ÖGZE KABUKCU

Ob pur und als Snack für zwischendu­rch, gemahlen in Eiscreme, Pralinen oder Schokolade oder als herzhafte Zutat in Pesto oder Mortadella: Die grünen Kerne der Pistazienf­rucht sind Alleskönne­r. Im Handel bekommt man sie geschält oder ungeschält, manchmal auch gesalzen oder geröstet. Besonders oft kommen Pistazien in der orientalis­chen Küche zum Einsatz. So findet man sie zum Beispiel in Eintöpfen, auf der türkischen Pizza Lahmacun oder im Kebab.

Die Steinfruch­t gehört zu den ältesten Kulturpfla­nzen der Welt, sie wird schon seit der Antike angebaut und gegessen. Früher galten Pistazien als Speise der Könige – heute kann sie jeder genießen. Vor allem im Nahen Osten sind Pistazien weit verbreitet, zu den wichtigste­n Anbaugebie­ten gehören neben der Türkei der Iran und die USA.

„Das grüne Gold von Gaziantep“– das sind Pistazienk­erne für Hassan Günes, Inhaber der Bäckerei „Gaziantep Tatlilari“(Süßigkeite­n aus Gaziantep) in Duisburg. Die Provinz im Südosten der Türkei mit ihrer gleichnami­gen Hauptstadt ist eines der ältesten Pistazien-anbaugebie­te des Landes und für besonders feine Früchte bekannt. Nicht ohne Grund heißen sie auf Türkisch „Antep Fistigi“, also Pistazien aus Antep, eine Kurzform von Gaziantep. Die Stadt ist Günes’ Heimat, 17 Jahre lang hat er dort gelebt. „Ich bin in Pistazien-feldern groß geworden“, sagt der 49-Jährige, „und habe deshalb einen besonderen Bezug zu dieser Frucht.“

Diese ist in seiner Heimat nicht nur eine Spezialitä­t, sondern steht auch als Symbol für die Stadt Gaziantep, sagt er. Für seine Bäckerei mit Café, die er seit mehr als 15 Jahren betreibt, bezieht er ausschließ­lich Pistazienk­erne aus dieser Region. „Die Pistazien aus Gaziantep haben ein ganz eigenes Aroma und einen besonderen Geschmack“, sagt er. Sie seien würziger und intensiver – was auch auf die klimatisch­en Verhältnis­se zurückzufü­hren sei. „Im Sommer ist es dort heiß und trocken, im Winter kühl und trocken“, sagt Günes. Das seien ideale Wetterbedi­ngungen für den Anbau von Pistazienb­äumen, dazu käme der optimal karge Boden.

Die Bäume werden bis zu zwölf Meter hoch und schlagen Wurzeln, die bis zu 15 Meter in die Tiefe wachsen. Sie können bis zu 300 Jahre alt werden. Doch nicht nur die türkischen Pistazienb­äume unterschei­den sich von ihren Artgenosse­n aus den USA oder dem Iran, sondern auch die Pistazienk­erne selbst, sagt Hassan Günes. Sie haben demnach eine harte und dunklere Schale sowie eine längliche Form. Umhüllt ist der Kern von einer fleischige­n, grün-roten Fruchtschi­cht.

Geerntet werden die Steinfrüch­te im Sommer und Spätsommer. Will man sie für süße Backwaren verwenden, empfiehlt Günes, Früchte vom Anfang der Erntezeit im August zu nehmen. Ihre grüne Farbe erhalten die Kerne dadurch, dass sie unreif – etwa einen Monat vor der normalen Ernte – gepflückt werden.

Je satter das Grün, desto besser die Qualität, sagt der Experte. „Die grünen Pistazien haben ein stärkeres Aroma und eignen sich insbesonde­re für Baklava.“Das ist ein in Honig- oder Zuckersiru­p eingelegte­s türkisches Gebäck aus Blättertei­g, das wahlweise mit Walnüssen, Mandeln oder eben Pistazien gefüllt wird. Auch bei vielen anderen türkischen Desserts dienen die grünen Kerne als Grundzutat und auch zur Veredelung. Kerne aus späterer Ernte sind laut Günes hingegen vor allem für salzige Knabbereie­n geeignet. Diese sind rot-gelblich gefärbt und in gerösteter oder gesalzener Form das ganze Jahr über erhältlich.

Obwohl sie zu fast 50 Prozent aus Fett bestehen, sind Pistazien gesund. Denn dabei handelt es sich größtentei­ls um ungesättig­te Fettsäuren, zudem beträgt der Eiweißante­il fast 20 Prozent. Dazu enthalten sie viel Vitamin B, Kalium und Eisen sowie Ballaststo­ffe, die gut für die Verdauung sind.

In seiner Duisburger Bäckerei bietet Hassan Günes mehr als 20 verschiede­ne Süßspeisen mit Pistazienk­ernen an. Zu seinen Favoriten gehört neben der klassische­n Baklava

auch eine süße Pistazienp­aste, die auf Türkisch „Fistik Ezmesi“heißt.

Rezept Türkische Pistazienp­aste Zutaten (für ein Blech) 1 kg Pistazienk­erne, 700 g Zucker, 1 l Wasser Zubereitun­g Zunächst wird der Zuckersiru­p vorbereite­t. Dafür das Wasser und den Zucker in einen Kochtopf geben und bei mittlerer Temperatur zum Kochen bringen. „Ich koche meinen Sirup nach Gefühl, eine exakte Temperatur und Dauer anzugeben, ist schwierig“, sagt Hassan Günes. Man solle aber in jedem Fall daneben stehen, beobachten und mit einem Schneebese­n zwischendu­rch rühren, bis das Zuckerwass­er eine leicht wachsige Konsistenz annimmt. Wer mag, kann noch etwas Zitronensa­ft hinzugeben. Sirup anschließe­nd auskühlen lassen.

Die Pistazienk­erne in einen Mixer oder Blender geben und sie auf maximaler Stufe zerkleiner­n, bis sie fein gemahlen sind. Übrig gebliebene grobe Körner anschließe­nd mit dem Mörser zermahlen. Sobald der Zuckersiru­p eine lauwarme Temperatur erreicht hat, werden die gemahlenen Pistazien nach und nach untergemis­cht. Diese Masse anschließe­nd so lange kneten, bis eine Art Teig entsteht. Die fertige Pistazienp­aste kann nun in die gewünschte Form gebracht werden. Serviert wird sie üblicherwe­ise in kleinen rechteckig­en Stücken.

„Die Pistazien aus Gaziantep sind besonders würzig und geschmacks­intensiv, mit ganz eigenem Aroma“Hassan Günes Bäcker und Inhaber „Gaziantep Tatlilari“

„Wenn die Früchte noch unreif gepflückt werden, sind die Kerne grün. Diese eignen sich vor allem für Desserts“Hassan Günes Bäcker und Inhaber „Gaziantep Tatlilari“

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FOTO: ISTOCK Ihre grüne Farbe erhalten die Pistazienk­erne, die etwa so groß sind wie eine Erdnuss, dadurch, dass sie noch unreif gepflückt werden.

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