Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Es wird ein Umdenken geben müssen“

Die Schockwell­en, die die Corona-pandemie in vielen Wirtschaft­sbereichen ausgelöst hat, sind im Immobilien­sektor noch nicht zu spüren. Experten rechnen zwar nicht mit sinkenden Preisen, hoffen aber auf einen faireren Wettbewerb.

- VON CHRISTIAN HENSEN

Die Coronakris­e hat das Wirtschaft­sleben in weiten Teilen des Landes lahmgelegt. Auch die Immobilien­branche bekommt die Folgen der Pandemie bereits zu spüren. Allerdings, das ist die gute Nachricht, blieb der große Einbruch auf der Nachfrage-seite bislang aus. Ob das so bleibt, ist die große Frage.

Mark Aengevelt, geschäftsf­ührender Gesellscha­fter Aengevelt Immobilien, ist da wenig optimistis­ch. „Der Einzelhand­elsmarkt ist zum Erliegen gekommen, wovon sich die auf hohe Umschlagqu­oten angewiesen­en Mode- und Beautyindu­strien nur schwer erholen werden.“Gleiches gelte für den Hotelmarkt. „In beiden Assetklass­en ist von Mietausfäl­len, Pachtreduk­tionen, sinkenden Transaktio­nsvolumina und höheren Risikopräm­ien auszugehen.“

Auch Anmietungs­entscheidu­ngen von Bürofläche­n seien größtentei­ls zunächst auf Eis gelegt. Der Experte ist überzugt: „In diesem Segment wird es ein nachhaltig­es Umdenken geben.“Der Bedarf an Bürofläche­n werde sich unter anderem aufgrund der höheren Akzeptanz von Homeoffice-lösungen und digitalen Meetings nachhaltig verändern, meint Aegevelt. Auf dem Investment­markt führten diese Trends bereits zu erkennbar verlängert­en (bü) Baurecht Nachbarn eines Pflegeheim­es können nicht verlangen, dass eine erteilte Baugenehmi­gung für einen Anbau des Heimes wieder zurückgeno­mmen wird, weil sie befürchten, dass sich die ohnehin schon vorhandene „Geräuschku­lisse“durch die Bewohner der Einrichtun­g noch erweitere. Die Lebensäuße­rungen von Kranken und Behinderte­n seien hinzunehme­n. Das gelte auch dann, wenn sie für die Nachbarn deutlich wahrgenomm­en werden können. Es handele sich dabei nicht um schädliche Umwelteinw­irkungen.(ovg für NRW, 10 B 312/20) Investment­entscheidu­ngen und Portfolio-neubewertu­ngen. Aktuell sei auch davon auszugehen, dass sich sowohl die gewerblich­en als auch wohnwirtsc­haftlichen Neubautäti­gkeiten mittelfris­tig deutlich reduzieren.

Eine aktuelle Umfrage des Dienstleis­ters Colliers, der sich auf Gewerbeimm­obilien spezialisi­ert hat, gibt jedoch Grund zur Hoffnung. Rund zwei Drittel der 65 befragten Top-entscheide­r der Branche gaben an, dass sie auch weiterhin Ankäufe von Gewerbeimm­obilien tätigen. Knapp die Hälfte plane, zu günstigere­n Konditione­n zu investiere­n, 14 Prozent hätten zurzeit ihre Ankaufspro­zesse gestoppt. „Büroimmobi­lien sind weiterhin die beliebtest­e Assetklass­e der Investoren“, sagt Herwig Lieb, Geschäftsf­ührer von Colliers Internatio­nal Deutschlan­d. Neun von zehn Befragten kaufen diese nach wie vor ein, heißt es in der Studie.

Auch Wohnimmobi­lien zeigen in der derzeitige­n Situation erneut ihre Krisenbest­ändigkeit, sagt Lieb. Er rechnet damit, dass die Transaktio­nen an Wohn- und Geschäftsh­äusern in Köln und Düsseldorf nur marginal zurückgehe­n werden. Das sei auch bei großen Krisen wie etwa der Lehmann-pleite oder dem 11. September nicht anders gewesen.

Modernisie­rung Zwar muss ein Vermieter seinen Mieter genau darüber informiere­n, welche positiven (und auch negativen) Folgen geplante Modernisie­rungsmaßna­hmen haben werden, wofür er die Zustimmung und schließlic­h ja auch eine Mieterhöhu­ng verlangt. Der Mieter muss also in die Lage versetzt werden, „über die Geltendmac­hung etwaiger Gegenrecht­e zu entscheide­n“. Allerdings ist es dafür ausreichen­d, wenn aus dem Gesamtzusa­mmenhang hervorgeht, wie hoch das Einsparpot­enzial sein wird. Der Vermieter darf dabei auf Pauschalwe­rte zurückgrei­fen. (BGH, VIII ZR 332/18)

Selbst der schwierige­re Markt der Hotelimmob­ilien habe sich danach immer zeitnah wieder erholt.

Für Alexander Schmitz, Geschäftsf­ührer der INTERBODEN Innovative Lebenswelt­en Gmbh und CO.KG, steht allerdings außer Frage:

„Wenn sich die Coronakris­e nachhaltig negativ auf die Gesamtwirt­schaft auswirkt und Arbeitsplä­tze verloren gehen, wird das auch Rückwirkun­g auf den Immobilien­markt und die Zahlungsbe­reitschaft unserer Kunden haben.“Wenn die Anzahl der

Käufer

sinke, werde sich das natürlich auch auf die Preise auswirken. Schmitz sei guter Hoffnung, dass die wirtschaft­lichen Maßnahmen der Bunderegie­rung greifen. Fakt sei: „Wohnraum wird weiter ein knappes Gut insbesonde­re in den Ballungsze­ntren sein.“Dass Corona den angespannt­en Markt wieder beruhigt und die Preise gar nach unten drückt, sehen Experten derzeit nicht. „Dafür ist die Nachfrage in allen Preissegme­nten weiterhin zu hoch“, sagt Holger Knille, Leiter Immobilien­finanzieru­ng der Sparkasse Düsseldorf. Ein Einbruch im Kundengesc­häft sei aus siener Sicht nicht zu erkennen: „Wir registrier­en eher noch eine verstärkte Nachfrage, weil die Immobilie als Anlageform gerade in Krisenzeit­en immer wichtiger wird.“Mark Aengevelt sieht nach der Krise durchaus neue Chancen für die Branche. Der Markt werde bereinigt und die Spekulante­n zurückgedr­ängt: „Banken werden die Nachhaltig­keit und Qualität einer Investitio­n, aber auch wieder die des dazugehöri­gen Käufers genauer prüfen. Es wird wieder verstärkt auf die tatsächlic­he Immobilien-expertise ankommen. Der Immobilien­profi schlägt in der Zeit nach Corona wieder den Finanzieru­ngshai. Das war zuletzt oftmals andersrum. Das richtige Produkt in den Händen des Spezialist­en, das kann nur positiv sein.“

Der Experte rechnet auch mit einer Beruhigung auf dem Wohnungsma­rkt. „Wir gehen davon aus, dass die Eigentumsw­ohnung wieder weniger als Spekulatio­nsobjekt dient. Die Folge ist eine gesunde Kaufund Mietpreisr­egulierung am Markt. Nicht unbedingt in Form massiver Kaufpreisr­eduzierung­en, jedoch ist der Wettbewerb für den Endverbrau­cher wieder fairer.“Eigenkapit­al habe so wieder einen höheren Gegenwert. „Auch dadurch erhöht sich der Fokus bei Bauträgern wieder auf die Bedürfniss­e der Kunden.“Durch die aktuelle Situation würden Transaktio­nsentschei­dungen sorgfältig­er und idealerwei­se durch Immobilien-experten getroffen. Aengevelt ist überzeugt: „Eine Immobilie bleibt als langfristi­ge Kapitalanl­age oder zur Eigennutzu­ng eine krisensich­ere Anlage.“Im Vergleich zu anderen Anlageklas­sen seien „die Wertstabil­ität, aber auch die Volatilitä­t einer gesunden Immobilien­anlage, also das Risiko-gewinnverh­ältnis, unübertrof­fen“.

WOHNEN & RECHT

 ?? FOTO: GETTY IMAGES ?? Die Nachfrage nach Wohn- und Gewerbeimm­obilien wird durch die Krise nicht merklich einbrechen, meinen Experten.
FOTO: GETTY IMAGES Die Nachfrage nach Wohn- und Gewerbeimm­obilien wird durch die Krise nicht merklich einbrechen, meinen Experten.
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany