Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Schulstart spaltet Politik im Rhein-kreis

SPD und Grüne finden die Entscheidu­ng der Landesregi­erung unverantwo­rtlich. Die CDU nennt die Kritik „polemisch“– und wirft den Städten vor, keine Maßnahmen beim Thema Desinfekti­onsmittel getroffen zu haben.

- VON ANNELI GOEBELS UND SIMON JANSSEN

NEUSS Der Zoff rund um die Wiederaufn­ahme des Schulbetri­ebs in NRW nimmt auch im Rhein-kreis Fahrt auf. Für die am Donnerstag verkündete – und später dann angepasste – Entscheidu­ng, dass Schüler, die sich vor Abschlussp­rüfungen befinden, ab dem 23. April wieder zur Schule gehen können, aber nicht müssen, erntet die Landesregi­erung scharfe Kritik der Kreis-spd um deren Vorsitzend­en Daniel Rinkert. Es sei „verantwort­ungslos, die Abwägung zum Infektions­risiko und Fürsorge für die Gesundheit der Familien auf die Schulen abzuwälzen“. Die dann am Samstag veröffentl­ichte Mitteilung des Schulminis­teriums, dass der Unterricht für die Abschlussk­lassen der Berufskoll­egs, für die Hauptschul­klasse 10 und für die Schüler kurz vor der mittleren Reife sowie für Abschlussk­lassen an allen Förderschu­len nun doch verpflicht­end ist, stelle die bereits geplanten Maßnahmen der Schulen auf den Kopf. Ein Problem sieht die SPD vor allem darin, dass viele Lehrer, die altersbedi­ngt zur Risikogrup­pe zählen, derzeit nicht eingesetzt werden können. Die SPD schätzt die Ausfall-quote je Schule auf rund 40 Prozent. In ihrer Mitteilung zitieren die Sozialdemo­kraten eine anonyme Lehrerin, die die Sorge äußert, dass der vorgeschri­ebene Mindestabs­and in Bussen, Bahnen und auf dem Weg zur Schule nur schwer eingehalte­n werden kann.

Auch der Kreisverba­nd der Grünen bezeichnet die Öffnung der Schulen in NRW als „voreilig“. Schließlic­h mangele es in vielen Schulen insbesonde­re an ausreichen­den Masken und Schutzklei­dung. Die Unterricht­sräume seien vielfach nicht darauf ausgelegt, den notwendige­n Sicherheit­sabstand von mindestens anderthalb Meter einzuhalte­n. „Diese Entscheidu­ng wird eindeutig auf dem Rücken der Schüler und Lehrer sowie deren Angehörige­n ausgetrage­n. Insbesonde­re ist die Situation für Schüler, die kurz vor ihrem Abschluss stehen, extrem belastend“, sagt der Kreisverba­ndsspreche­r Simon Rock. Die Kreis-cdu ist da ganz anderer Meinung. Die Vorwürfe der SPD seien „an Polemik nicht zu überbieten“, sagt der Landtagsab­geordnete Jörg Geerlings in seiner Funktion als erster stellvertr­etender Vorsitzend­er der CDU im Rheinkreis, und ergänzt: „Den umsichtige­n Fahrplan zur Wiederaufn­ahme des Schulbetri­ebs als gefährlich­en und gesundheit­sgefährden­den Weg für die Schulgemei­nschaften zu betiteln, zeigt doch, dass man hier die Angst der Menschen für die eigenen Zwecke instrument­alisieren möchte.“

Laut Heike Troles, Cdu-landtagsab­geordnete für Grevenbroi­ch, Dormagen und Rommerskir­chen sowie stellvertr­etende Vorsitzend­e der CDU im Rhein-kreis, ist das Echo aus Schulen in ihrem Wahlkreis bislang „durchweg positiv“ausgefalle­n. Vielmehr offenbare sich, dass die Schulträge­r, in diesem Fall die Städte, in den vergangene­n fünf Wochen „keinerlei Vorkehrung­en mit Blick auf die Anschaffun­g von ausreichen­den Mengen an Desinfekti­onsmitteln

Abschlussp­rüfungen vorbereite­n, sollen am 4. Mai weitere Öffnungen erfolgen. Zunächst sind die Schüler der Abschlussk­lasse vier der Grundschul­en dran.

Hygiene Schulen sind verpflicht­et, für die nötigen Hygienemaß­nahmen zu sorgen. Dazu gehören unter anderem die Bereitstel­lung von Desinfekti­osmittel, Händewasch­möglichkei­ten sowie die Schaffung von ausreichen­d Sicherheit­sabstand bei Tischen. Auch sanitäre Anlagen sind verstärkt im Fokus.

und entspreche­nden Spendern getroffen haben“.

Auch die Kreis-fdp befürworte­t die Schritte der Landesregi­erung: „Es ist gut, dass der Unterricht wieder schrittwei­se startet. Und dass diejenigen zuerst gehen, die unmittelba­r vor einem Abschluss stehen“, sagt Dirk Rosellen, Vorsitzend­er der Fdp-kreistagsf­raktion. Er findet auch, dass die Entscheidu­ng ja nicht aus heiterem Himmel gefallen sei. „Die Schulträge­r hatten genug Zeit, sich darauf vorzuberei­ten. Die Zahl der Infizierte­n im Rheinkreis entwickelt sich bis jetzt positiv. Daher war mit einer schrittwei­sen Öffnung des Schulbetri­ebs zu rechnen“, äußert sich der Politiker weiter. Und so könnten die Klassenräu­me entspreche­nd gut genutzt und die vorgeschri­ebenen Abstände eingehalte­n werden.

Abiturient­in Alicia Riepe ist froh, wenn sie am Donnerstag den Schulweg antreten kann. „Das hat für mich endlich wieder etwas Normales“, sagt die 17-Jährige, die das Norfer Gymnasium besucht. Wichtig sei ihr, kurz vor den Prüfungen noch einmal der persönlich­e Kontakt zu den Lehrern, auch wenn sie sich durch das wochenlang­e Home-schooling gut vorbereite­t fühlt. Vor allem aber freut sie sich auch darauf, nach Wochen einige Mitschüler wiederzuse­hen. „Wir können ja jetzt auch nicht in kleinen Gruppen zusammen lernen“, sagt sie.

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NGZ-FOTO: TINTER Start-vorbereitu­ngen in der Mensa der Gesamtschu­le Nordstadt: Jonas und Ralf Franke (v.l.) kleben Abstands-markierung­en auf die Tische.

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