Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Polizei entdeckt Toten im „Wabenhaus“
In einer Wohnung der Hochhäuser, die zurzeit unter Quarantäne stehen, wurde am Montag eine Leiche gefunden. Die Todesursache ist laut Polizei noch unklar. Die rund 380 Mieter dürfen den Komplex weiterhin nicht verlassen.
GREVENBROICH In dem vorläufig unter Quarantäne stehenden Hochhaus-komplex am Hammerwerk kam es am Montag Nachmittag zu einem Polizei-einsatz. Hinter einer der 117 Wohnungstüren ist eine tote Person gefunden worden. Zuvor hatte die Polizei einen Anruf erhalten, dass sich jemand nicht gemeldet habe, obwohl er zu Hause gewesen sein müsste. „Danach bestand der Verdacht auf einen medizinischen Notfall“, sagt Polizeisprecherin Daniela Dässel. Die Einsatzkräfte hätten wenig später eine Leiche in der Wohnung entdeckt. Zu Alter und Geschlecht wollte die Polizei am Montag noch keine Auskunft geben, die Todesursache sei noch unklar. Es werde nun ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet.
Nach Informationen unserer Redaktion soll es sich bei dem Toten um einen Mann handeln, der in einem türkischen Café gearbeitet hat. In der Sonntagnacht soll er noch mit seinem Bruder telefoniert haben. Als er sich am folgenden Tag – trotz mehrfacher Versuche – nicht mehr am Telefon meldete, hatte der Familienangehörige aus Sorge die Polizei verständigt. Die soll ihn tot im Badezimmer gefunden haben. Es soll sich um eine natürliche Todesursache – nicht ausgelöst durch das Coronavirus – handeln.
Nach dem Massen-test für 377 Bewohner ist der Hochhaus-komplex weiter abgeriegelt. Das Kreisgesundheitsamt erwartet am Dienstag die Ergebnisse der am Sonntag genommenen Abstriche. Bis dahin müssen die Mieter in ihren Wohnungen bleiben. Security-kräfte achten darauf, dass niemand das umzäunte Gelände verlässt.
Einer, der mit seiner Verlobten (48) und deren Tochter (19) in der Wohnung ausharrt, ist Konrad Baresa. „Für uns ändert sich eigentlich nichts“, sagt der 49-Jährige. Weil die drei vorerkrankt sind (Lunge, Herz), gehen sie seit acht Wochen nur noch für die nötigsten Erledigungen vor die Tür, oder um den Hund auszuführen. „Das waren für uns echte Highlights“, sagt Baresa und beklagt: „Vor dem Hintergrund, dass wir in der Vergangenheit alle Einschränkungen eingehalten und sämtliche Hygieneregeln befolgt haben, fühle ich mich nun widerrechtlich meiner Freiheit entzogen.“
Der 49-Jährige macht sich Sorgen, weil sich acht mit Corona infizierte Mieter aus Bulgarien nicht an die am 18. April verordnete Quarantäne gehalten haben. „Der Vater einer Familie war hier Hausmeister auf 450-Euro-basis und für die Außenanlagen zuständig“, schildert Konrad Baresa: „Er hatte auch Kontakt zu den anderen Hausmeistern, die in die Wohnungen
gehen, um dort Reparaturen durchzuführen.“Was ihn ärgert: Die Mieter seien nicht darüber informiert worden, dass es Infizierte im Haus gebe, die unter Quarantäne stehen. „Das hätte auch ohne Namensnennung geschehen können – und mit dem dringenden Hinweis darauf, dass Hygiene- und Abstandsregeln eingehalten werden müssen“, sagt Baresa. „Wenn das Ganze nicht zu einem zweiten Heinsberg wird, können wir froh und dankbar sein.“
Von seinem Balkon aus beobachtete er mit großer Skepsis das, was sich am Montag auf dem Innenhof abspielte. „Wir dürfen uns innerhalb der Umzäunung, unter Berücksichtigung der Abstandsregeln, ,frei’ bewegen“, schildert der 49-Jährige. „Für mich macht eine Quarantäne nur dann Sinn, wenn an der Innenseite der Wohnungstüre Ende ist.“
Wie andere Mieter schildern, habe die Hausverwaltung in dem Hochhaus-komplex zwar Hinweise auf Hygiene- und Abstandsregeln ausgehängt – doch das sei nur in deutscher Sprache geschehen. In den „Wabenhäusern“leben aber Menschen aus zwei Dutzend Nationen.
Während der vorläufig geltenden Quarantäne werden die Bewohner von Mitarbeitern des Roten Kreuzes mit den notwendigsten Lebensmitteln versorgt. „Brot, Wurst, Käse – also Standarddinge“, sagt Stadtsprecher Stephan Renner. „Viele der Bewohner haben aber mitgeteilt, dass sie auf die Versorgung nicht angewiesen seien, da sie sich vorbereitet haben“, sagt Renner.
Wie es weitergeht, hängt davon ab, wie viele andere Bewohner infiziert sind. Bei einer hohen Zahl müsse laut Bürgermeister Klaus Krützen der Komplex für zwei Wochen dicht gemacht werden.