Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Parteien beschädige­n den Parlamenta­rismus

- VON GREGOR MAYNTZ

Wenn jeder nur an sich denkt, ist ja an alle gedacht.“Wie krachend falsch diese Logik ist, lässt sich beim Thema Wahlrecht im Deutschen Bundestag besichtige­n. Alle wissen, dass die Bürger allmählich die Geduld verlieren, welches Armutszeug­nis die Abgeordnet­en bei dem Versuch abliefern, den schon 2017 um 111 Mandate aufgebläht­en Bundestag nicht erneut anwachsen zu lassen. Statt 598 hat das Parlament derzeit 709 Abgeordnet­e. Wenn nichts geschieht, sind als Ergebnis der Bundestags­wahlen im nächsten Jahr 800, ja 900 möglich.

Es gäbe einen Kompromiss: Ein klein wenig die Zahl der Wahlkreise und ein klein wenig die Zahl der Ausgleichs­mandate verringern. Doch den ersten Teil will die CSU unbedingt verhindern, weil sie dann weniger Abgeordnet­e bekäme. Den zweiten Teil lehnen FDP, Linke und Grüne ab, weil sie dann ebenfalls auf Mandate verzichten müssten.bei diesem Problem wird das Bewusstsei­n allein vom Sein bestimmt. Ursprüngli­ch kannte der Bundestag keine Ausgleichs­mandate. Das stabilisie­rte die Mehrheiten. Rot-grün wäre 1998 ohne diese Überhangma­ndate wohl nicht zustande gekommen. Kein Problem für die Grünen damals. Doch es ist ein Problem für die Grünen heute, wenn bis zu 15 Überhangma­ndate nicht mehr ausgeglich­en werden. Sie wollen allein die Direktmand­ate kappen.

Das Wahlrecht ist auf einen Mix von Erst- und Zweitstimm­en angelegt. So lange die Profiteure der einen wie die Nutznießer der anderen auf ihren egoistisch­en Extremposi­tionen beharren, wird der Bundestag weiter anschwelle­n. Sie etikettier­en das als Eintreten für die bürgernahe parlamenta­rische Demokratie. Sie sollten sich vor Augen halten, dass sie damit das Vertrauen der Bürger in diesen Parlamenta­rismus nachhaltig beschädige­n. BERICHT BEIM WAHLRECHT HILFT NUR NOCH EIN . . ., POLITIK

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