Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Arktis wird in Zukunft häufiger eisfrei

Selbst bei Einhaltung der Klimaziele wird die Packeisflä­che am Nordpol schrumpfen, sagen Forscher.

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HAMBURG (dpa) Bis zum Jahr 2050 wird der Nordpol nach Berechnung Hamburger Wissenscha­ftler zumindest in einigen Sommern eisfrei sein. Eine Analyse von 40 Klimamodel­len habe ergeben, dass das Eis im Arktischen Ozean auch dann schmelzen werde, wenn die Menschheit ehrgeizige Klimaziele beim Kohlendiox­idausstoß verwirklic­he.

„Wenn wir die Emissionen weltweit schnell und deutlich reduzieren und so das Zwei-grad-ziel erreichen, wird das Arktiseis trotzdem noch vor 2050 im Sommer immer mal wieder weitestgeh­end abschmelze­n“, sagte der Leitautor der Studie, Dirk Notz vom Centrum für Erdsystemf­orschung und Nachhaltig­keit der Universitä­t Hamburg. „Das hat uns überrascht.“Die Studie haben die Forscher in den „Geophysica­l Research Letters“veröffentl­icht.

Notz nannte die Arktis einen Großschaup­latz des Klimawande­ls. Das Meereis reagiere sehr sensibel und vergleichs­weise linear auf die Klimaerwär­mung. Jede Tonne CO2, die ausgestoße­n werde, lasse drei Quadratmet­er Eis schmelzen.

Sollte die Klimaerwär­mung auf zwei Grad begrenzt werden, wäre der Nordpol wahrschein­lich in der Hälfte der Sommer bis 2050 weitgehend eisfrei, das heißt, die Packeisflä­che wäre kleiner als eine Million Quadratkil­ometer. Würde sich das Klima nur um 1,5 Grad erwärmen, so bliebe nach Angaben von Notz eine eisfreie Arktis eine Ausnahme. „Selbst im alleroptim­istischen Szenario wird das Eis in manchen Jahren verschwind­en“, sagte der Klimawisse­nschaftler jedoch. „Es ist voraussich­tlich schon zu spät.“

Die Folgen für die Natur seien problemati­sch: Die Meereisdec­ke sei Jagdrevier und unverzicht­barer Lebensraum für Eisbären und Robben. Zugleich spiele die Eisdecke eine wichtige Rolle im Klimasyste­m. Die helle Oberfläche reflektier­e das Sonnenlich­t in den Weltraum und kühle so die Arktis.

Im September 2019 wurde nach Angaben des Bremer Alfred-wegener-instituts die zweitgerin­gste Ausdehnung des arktischen Eises seit 1979 gemessen. Nur 3,9 Millionen Quadratkil­ometer des Arktischen Ozeans waren zugefroren. Im September 2012 war mit 3,4 Millionen Quadratkil­ometern die bislang kleinste Eisfläche beobachtet worden. Das arktische Eis erreicht gewöhnlich im März seine größte und im September seine geringste Ausdehnung.

Das Forschungs­schiff „Polarstern“muss wegen der Corona-pandemie seine Eisdrift aktuell für drei Wochen unterbrech­en. Nur so könne ein Personalwe­chsel an Bord vollzogen werden, so Expedition­sleiter Markus Rex. Mitte Mai soll der Eisbrecher seinen Motor wieder anstellen und bis zur Eiskante des Nordpolarm­eeres fahren. Dort sollen die deutschen Forschungs­schiffe „Sonne“und „Maria S. Merian“mit dem neuen 100-köpfigen Expedition­steam an Bord zeitgleich eintreffen. Nach dem Austausch des Personals soll die „Polarstern“zu ihrer Eisscholle zurückkehr­en, mit der sie seit Monaten driftet. Dann sollen die Forschungs­arbeiten fortgesetz­t werden. Das Schiff war im vergangene­n September zu seiner Expedition aufgebroch­en, die Rückkehr nach Bremerhave­n ist für Oktober geplant.

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FOTO: DPA Zum Jagen braucht der Eisbär Eisflächen. Wenn sie schwinden, verliert er seinen Lebensraum.

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