Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Neue Bahn hat technische Macken
Es hakt bei Türen und Funk: Die Hochflurbahn HF6 ist der große Sorgenfall der Rheinbahn.
DÜSSELDORF Die Corona-krise kostet die Rheinbahn viel Geld. Vorstandschef Klaus Klar berichtete vor vier Wochen, dass der Ticket-barverkauf pro Tag um 100.000 Euro zurückgegangen sei. Die Finanzen spielen bei der Sondersitzung des Aufsichtsrates am Donnerstag ebenso eine Rolle wie Probleme mit der neuen Straßenbahn HF6 und ein Vorstandsposten. Die Fakten:
Straßenbahn Als der Deal vor fünf Jahren vermeldet wurde, herrschten Freude und Zuversicht. 194 Millionen Euro sollen in neue Hochflurstraßenbahnen investiert werden. Seit Jahresanfang werden Fahrer auf zwei Bahnen des neuen Typs HF6 geschult, aber wie von Rheinbahnern zu hören ist, gibt es Probleme: Die Türen sollen nicht ordentlich funktionieren. Auch mit der Kommunikationsanlage gebe es Schwierigkeiten. Fahrlehrer müssten teils via Handy mit der Leitstelle sprechen, weil die Funkverbindung nicht zustandekomme. Die Rheinbahn nimmt dazu nicht Stellung. Das erste Mal geriet die neue Bahn vor zwei Jahren in die Schlagzeilen, als sie in Duisburg an einem Bahnsteig entlangschrammte.
Experten versuchen, die Probleme in den Griff zu bekommen. Vor wenigen Tagen fiel die Entscheidung, externe Vertragsspezialisten für die Verhandlungen mit Bombardier hinzuzuziehen. Nach Informationen unserer Redaktion ist die Kanzlei Bird & Bird eingeschaltet. Bombardier selbst steht nicht nur in
Düsseldorf unter Druck: Die Übernahme der Zugsparte durch Alstom wird derzeit geprüft, die Bahn zeigte sich jüngst verärgert und wollten neue ICE-ZÜGE nicht mehr haben.
Ähnlich angespannt reagieren Düsseldorfer Politiker, denn es steht nicht fest, dass es bis zum Sommer mit der Lieferung und Inbetriebnahme der ersten sechs von 59 bestellten Zügen klappt. „Das alles ist höchst ärgerlich“, sagt Rheinbahn-aufsichtsrat
Norbert Czerwinski (Grüne), „wir bekommen fehlerhafte Züge und nicht, was wir bestellt haben.“Andreas Hartngik (CDU) sieht die Entwicklung ebenfalls kritisch und will bei der Aufsichtsratssitzung alle Fakten erfahren. „Wir sind bereits zwei Jahre im Verzug“, bestätigt auch Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD), der Vorsitzender des Aufsichtsrates ist.
Zunächst kann man sich laut Geisel
mit alten Bahnen behelfen, aber zum Fahrplanwechsel im Herbst benötige man die HF6, da Taktverdichtungen geplant seien. „Wenn die Bahnen jetzt nicht kommen, haben wir ein Problem.“Vor allem die hochfrequentierten Linien U75 und U79 sollen gestärkt werden. Die Verkehrswende insgesamt funktioniert nur, wenn die Kapazitäten ausgebaut werden. Die Rheinbahn teilte am Nachmittag mit, die weitere Auslieferung
2020 werde laut Bombardier Transportation „aus aktueller Sicht eingehalten“. Aber: Aufgrund der Corona-pandemie könne der Hersteller „nicht sagen, wann die nächste Lieferung erfolgen wird“. Die Bezirksregierung bestätigte Software-probleme bei der Türsteuerung, ist aber zuversichtlich, „dass die Zulassung in den nächsten Wochen erfolgen kann“.
Die Finanzen Anfang März meldete die Rheinbahn stolz, dass 2019 die Fahrgastzahlen um fünf Millionen auf rund 230 Millionen Menschen in Bussen und Bahnen angestiegen seien. Die Corona-krise hat einen brutalen Einbruch der Beförderungszahlen gebracht, der Rückgang könnte bei bis zu 90 Prozent liegen, hieß es jüngst. Der städtische Zuschuss dürfte dieses Jahr folglich höher ausfallen. Ging man im Aufsichtsrat zum Jahresanfang von knapp 90 Millionen Euro aus, dürfte es nun ein dreistelliger Millionenbetrag werden.
Die Vorständin Zwei Mal hat die Rheinbahn Vorstände mit Headhunter gesucht, beide Fälle endeten in vorzeitigen Vertragsauflösungen. OB Geisel wirbt darum, die aktuelle Finanzvorständin Susanne Momberg, die für rund 2700 Euro am Tag von einer Personalberatungsfirma „ausgeliehen“ist, fest anzustellen. Dies fand im Präsidialausschuss keine Mehrheit, weil man den Vorstand verjüngen will: Vorstandschef Klaus Klar ist 60, Technikvorstand Michael Richarz 57, Momberg 63. Nun kommt es auf den Aufsichtsrat an.