Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Filmemacher lieben das Elisabeth-krankenhaus
Til Schweiger war da, Annette Frier und Maren Kroymann wurden vom Coronavirus ausgebremst. Vorerst.
GREVENBROICH Hier werden erst zwei Tage alte Grevenbroicher zum Filmstar. Arztdarsteller lernen, wie ein Doktor bei einem Kaiserschnitt vorgeht, wo die sauberen Tücher zu liegen haben und wie sie am Optisch stehen müssen, damit später alles echt aussieht. Hier machen Mitarbeiterinnen auch schon mal eine Überstunde für die Filmcrew, um in einer Schlüsselszene als Komparsin voll im Bild zu sein. Im Grevenbroicher Krankenhaus geht es an 365 Tagen im Jahr um die Gesundheit der Patienten und beinahe nebenbei um filmreife Kulissen für zahlreiche Kino- und Tv-produktionen der Gegenwart.
2018 war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Ein Location Scout entdeckte das Klinikum an der Von-werth-straße. Genauer: den zur Parkstraße hin gelegenen A-trakt des Hospitals. Heute werden die Räume wieder für den Betrieb genutzt. Damals befanden sich die Räume gerade in einer Art Zwischenstadium ohne Aufgabe, wie sich die Assistentin der Geschäftsführung, Ursula Schreiber, erinnert: „Es gab helle Flure und Krankenhauszimmer und viel Platz für ein Filmteam.“
Denn diese Leute sind speziell. Erst kommt ein Experte gucken. Beim nächsten Termin sind es schon zwei oder drei Beteiligte, von denen meist einer später im Abstand als Regisseur genannt werden wird. Treffen Nummer drei versammelt alle Spezialisten und Gewerke eines Films vor Ort: Kameraleute, Beleuchter, Toningenieure, die Requisite, jede Menge Assistenten. „Das waren dann 15 Personen oder noch mehr“, erinnert sich Ursula Schreiber. Von Mal zu Mal schien die Begeisterung für das Krankenhaus in Grevenbroich zu wachsen.
Und nachdem sich Klinikum und Kino aufeinander eingeknirscht hatten, sprach sich herum, dass da in Grevenbroich ein kompetentes und freundliches Team auf die Menschen vom Film wartete. Seither scheinen sich hier die Teams und Stars in immer dichterer Folge abzuklatschen. Heike Makatsch, Jürgen Vogel und
Til Schweiger drehten für ihren Kinofilm „Gott, du kannst ein Arsch sein“. Der Streifen basiert auf dem gleichnamigen Buch mit der wahren Geschichte von Stephanie Pape. Er schildert die Reise eines 16 Jahre alten Mädchens, das unheilbar an Krebs leidet, als Roadmovie.
In diesem Jahr folgte „Geborgtes Weiß“, ein Kino-thriller mit Ulrich Matthes und Susanne Wolff in den Hauptrollen. Im Grevenbroicher Krankenhaus wurde einer von insgesamt 25 Drehtagen absolviert. „Allein unsere Op-leitung“hat sich zwei Stunden lang Zeit genommen, um im Film-op alles haargenau zu erklären“, berichtet Ursula Schreiber. Für sie sei es immer wieder faszinierend zu sehen, dass an einem Filmset 30 Leute scheinbar herumstehen – aber dennoch alle genau wissen, was sie zu tun haben, wenn es darauf ankommt. Junge Eltern stellten ihr zwei Tage altes Baby für Filmaufnahmen zur Verfügung.
Was hat das Elisabeth-krankenhaus davon, Filmset zu sein? „Das Geld ist es auf jeden Fall nicht“, sagt Pressesprecherin Susanne Niemöhlmann. Es gebe jeweils eine Aufwandsentschädigung. In akribisch ausgefüllten Protokollen halten die Filmteams fest, wie sie einen Drehort übernehmen – und in welchem Zustand sie ihn wieder zurückgeben; damit Schäden notfalls ersetzt werden können. Susanne Niemöhlmann: „Wir bekommen sehr positive Rückmeldungen – vor allem, weil unsere Beschäftigten so freundlich sind – und vieles ermöglichen.“Notfalls kämen Mitarbeiter unentgeltlich am Samstag oder machen Überstunden, um irgendwo im Hintergrund eines Films als Komparsen mitwirken zu können.
Ein Selfie mit Til Schweiger? Kein Problem! Viele ergriffen die Gelegenheit und den Star beim Schopfe. „Und schließlich hilft uns jede Produktion, mit dem Krankenhaus im Gespräch zu bleiben“, sagt Niemöhlmann, die Pr-frau. Derzeit jedoch mussten Maren Kroymann und Annette Frier absagen. Aus dem Drehort ist eine Corona-station geworden. Die Wirklichkeit hat die Fiktion überholt – auch in diesem Punkt.