Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

D’r rheinische Pilger aus Herrenshof­f

Unternehme­nsberater Hubertus Zilkens tritt seit dem vergangene­n Jahr wöchentlic­h bei Youtube auf. In der Karwoche sahen ihm Tausende dabei zu, wie er Kirchen der Region besuchte. Derzeit bereitet er seine Karnevalsk­arriere vor.

- VON ANGELA WILMS-ADRIANS

HERRENSHOF­F Gottvertra­uen und positives Denken empfiehlt Hubertus Zilkens als gute Medizin – gerade in Zeiten der Corona-krise. „Humor bedeutet Bodenständ­igkeit“, sagt der Herrenshof­fer mit Kölner Wurzeln. Mit ganzem Herzen Rheinlände­r ist der promoviert­e Theologe überzeugt, dass die rheinische Mentalität einen Schatz an Klugheit bereithält.

Im Motto „Et hätt noch immer jot jejange“erkennt er die aristoteli­sche Überzeugun­g von der Suche der Menschen nach dem Glück. Sattelfest in der lateinisch­en Sprache zeigt er Parallelen zwischen philosophi­schen Weisheiten und markigen Maximen in kölscher Mundart. Zum guten Miteinande­r zählt er die rheinische Fähigkeit, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen, sich „in“und „auf“den Arm nehmen zu lassen.

Im vergangene­n Jahr startete er die Reihe „D´r rheinische Pilger“mit wöchentlic­hen Youtube-auftritten an wechselnde­n Standorten, um episodenha­ft von rheinische­r Geschichte und Kultur zu erzählen. Am Ende verabschie­det er sich mit dem Spruch „Bindet Schleifen um das Schöne, hört auch auf die Zwischentö­ne, habt Freude am Leben. Ihr seid nicht allein. Das wünscht euch vom Herzen, der Pilger vom Rhein“. Als Pilger besuchte er in der Karwoche Kirchen, um Kerzen zu entzünden. Fast 10.000 Menschen sahen innerhalb weniger Tage die Videos. Der rheinische Pilger ist für Zilkens keine reine Kunstfigur. Er pilgerte schon mehrfach nach Trier und greift zurück auf die Metapher des Lebens als Pilgerreis­e. „Es ist so schön, das Leben anzunehmen, auch mit seinen Brüchen, denn im Endeffekt steht: ‚Alles weed joot’“, betont Zilkens.

In der rheinische­n Mentalität erkennt er einen engen Bezug zwischen Lebensfreu­de, Tod und Vergänglic­hkeit.

Das zeige sich etwa in Karnevalsl­iedern, wie „Ein Leben nach dem Tod“oder „Sulang mir noch am lääve sin“der Bands Bläck Fööss und Brings. Die Mischung von Heiterkeit und Ernsthafti­gkeit vertritt Zilkens in Alltag und Karneval. Gefördert vom Festkomite­e Kölner Karneval absolviert er derzeit „hobbymäßig“

eine Ausbildung zum Büttenredn­er. Hier sieht er sich in der Tradition des Diakons Willibert Pauels. Mit der Büttenrede schließt sich für Zilkens wegen der inhaltlich­en Beziehung von Leben und Tod, Kirche und Karneval der Kreis zum Studium, während dem er als Grabredner jobbte.

Der Theologe studierte auch Jura mit einem besonderen Interesse an der Rechtphilo­sophie. In seiner Tätigkeit für eine Personalbe­ratung sei seine Arbeit am Menschen orientiert gewesen, so Zilkens. 2014 gründete er die eigene Strategieb­eratungsge­sellschaft memovia mit den Schwerpunk­ten Werte, Marke, Führung.

Zum Beratungsp­ortfolio kann sogar eine nächtliche Führung im Kölner Dom gehören, um von der Idee des mittelalte­rlichen Sakralbaus moderne Führungsth­eorien abzuleiten.

Vor vier Jahren zog der vierfache Familienva­ter nach Herrenshof­f. Der Ortsteil ist ein weiteres Stückchen Erde im rheinische­n Mikrokosmo­s, den er dank mehrerer Umzüge innerhalb des Rheinlande­s aus verschiede­nen Warten kennt. Geboren in Trier, ist Zilkens über die Familie fest in Köln verwurzelt. Ur-urgroßvate­r Zilkens zählte zu den Gründern von Ehrenfeld. Da überrascht es nicht, dass der Ururenkel, Mitglied der Ehrengarde der Stadt Köln, die Kardinaltu­genden rheinisch interpreti­ert.

Mit Sven Adenauer und Hermann-josef Johanns gab er 2014 das Buch „Rheinlände­r. Köpfe einer Landschaft“heraus. Darin stellt das Trio 52 Persönlich­keiten vor, die sich von der rheinische­n Mentalität in Lebens- und Mitarbeite­rführung inspiriere­n lassen. Zilkens Vita ist nicht auf das Rheinland begrenzt. Vier Jahre lang studierte er in Paris. Besonders eng ist aktuell der Bezug nach Rom. Mit dem Herrenshof­fer Remondis-geschäftsf­ührer Herwart Wilms entwickelt­e er für den Umweltverb­and BDE das Konzept, deutsche Familienun­ternehmer und Wissenscha­ftler zum Kongress mit dem Thema „Nachhaltig­keit“regelmäßig im Vatikan zu versammeln. 2018 fand die Premiere statt. Der Papst nahm sich zwei Stunden Zeit für die Gruppe. Wegen der Corona-krise wird die diesjährig­e Veranstalt­ung auf 2021 verschoben.

„Es ist schön, das Leben anzunehmen, auch mit seinen Brüchen. Denn: Alles weed joot“Hubertus Zilkens D’r rheinische Pilger

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FOTO: JANA BAUCH Hubertus Zilkens beim Interview im Korschenbr­oicher Ortskern.

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