Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Das Ende des politischen Burgfriedens
Vier Wochen haben die Parteien auf Wahlkampf verzichtet, doch der geht jetzt los. Parallel müssen etliche Parteitagsbeschlüsse nachgeholt werden. Die Stadt hilft den Parteien dabei und bietet für Versammlungen Räume an.
NEUSS Der Mitte März verabredete „Burgfrieden“der politischen Parteien mit Verzicht auf publikumswirksame Wahlkampfveranstaltungen wurde einmal still und leise verlängert, mit Datum 2. Mai endet auch diese Frist. Offenbar endgültig. „Wir haben großes Interesse, langsam wieder in die Gänge zu kommen“, spricht der Cdu-vorsitzende Jürgen Brautmeier aus, was auch andere denken. Denn im Kommunalwahljahr 2020 läuft den Parteien die Zeit davon.
Das weiß auch die Stadt, die den Parteien ein kreisweit einmaliges Angebot macht: Für noch ausstehende Parteiversammlungen stellt Neuss-marketing den kleineren Parteien das Zeughaus und den größeren die Stadthalle zur Verfügung – und die Stadt zahlt die Differenz zwischen dieser Saalmiete und dem, was die Parteien etwa in Gaststätten hätten zahlen müssen. Die SPD in Stadt und Kreis sowie die Neusser UWG haben schon angefragt, berichtet Ralph Dymek von Neuss-marketing, der in der Stadthalle – wegen der Corona-abstandsregeln – Platz für 160 Parteisoldaten
sieht. Aber auch FDP, Linke und die Grünen werden auf die Offerte eingehen, wie die Vorsitzenden auf Nachfrage bestätigten.
Pech für die CDU Neuss: Sie hat noch vor der Pandemie die Kandidatenaufstellung in der Stadthalle über die Bühne gebracht – als Voll- und
Selbstzahler. Offen seien nur noch eine Mitgliederversammlung zur Verabschiedung des Wahlprogrammes – das soll noch vor den Sommerferien geschehen – und der nun für den 20. Juni geplante Parteitag des Cdu-kreisverbandes zur Kandidatenaufstellung, sagt Brautmeier. Aber für Kreisverbände gilt das städtische Angebot nicht.
Die Grünen sprechen schon über ein konkretes Datum: Am 19. Mai wollen sie nicht nur ihren Bürgermeisterkandidaten benennen, sondern auch ihr Wahlkampfprogramm verabschieden. Die FDP plant nach Angaben des Vorsitzenden Michael Fielenbach, Ende Mai die Wahlkreiseinteilung zu beschließen. Für die Programm-verabschiedung könnte noch ein weiterer Termin nötig werden. „Wir lassen uns da nicht drängen“, sagt er.
Bei SPD und der Partei „Die Linke“ist die Gefechtslage ähnlich. Für SPD-CHEF Sascha Karbowiak allerdings ist die Wahlkreiseinteilung vor allem ein formaler Akt, der nur wiederholt werden muss, weil die Stadt im Frühjahr noch einmal alle Wahlkreise ändern musste. Die Kandidaten müssten sich auch nicht mehr bekannt machen, ist er überzeugt:
„Die sind in ihren Wahlkreisen zum Teil seit zwei Jahren unterwegs.“
In der Partei „Die Linke“, die ebenfalls noch alle 29 Wahlkreise besetzen muss, ist man froh, dass das Wahlprogramm noch nicht verabschiedet wurde. Denn aus der Corona-krise, erklärt der Parteivorsitzende Roland Sperling, ergeben sich für seine Partei ganz neue Themen, die Berücksichtigung finden müssen. „So zu tun, als wäre nix, ist die falsche Haltung“, sagt er.
Nach dem Ende des „Burgfriedens“legen sich die Parteien – etwa was Infostände angeht – noch Zurückhaltung auf. Das würde auch nicht gut ankommen, sagt Brautmeier. Doch was erlaubt ist, um sich „irgendwie sichtbar zu machen“, werde die CDU nun tun.
„Der klassische Wahlkampf wird nie obsolet werden“, sagt Fielenbach. Auch Sperling würde etwas fehlen in der Demokratie, gäbe es nicht Austausch und Konfrontation an Infoständen und auf Podiumsdiskussionen. Zumindest im Mai, so ihre Erwartung, wird der Wahlkampf im Wesentlichen in den sozialen Netzwerken ausgetragen. Die Grünen, sagt Susanne Benary, haben dafür eine Expertin eingestellt.