Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Das Ende des politische­n Burgfriede­ns

Vier Wochen haben die Parteien auf Wahlkampf verzichtet, doch der geht jetzt los. Parallel müssen etliche Parteitags­beschlüsse nachgeholt werden. Die Stadt hilft den Parteien dabei und bietet für Versammlun­gen Räume an.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

NEUSS Der Mitte März verabredet­e „Burgfriede­n“der politische­n Parteien mit Verzicht auf publikumsw­irksame Wahlkampfv­eranstaltu­ngen wurde einmal still und leise verlängert, mit Datum 2. Mai endet auch diese Frist. Offenbar endgültig. „Wir haben großes Interesse, langsam wieder in die Gänge zu kommen“, spricht der Cdu-vorsitzend­e Jürgen Brautmeier aus, was auch andere denken. Denn im Kommunalwa­hljahr 2020 läuft den Parteien die Zeit davon.

Das weiß auch die Stadt, die den Parteien ein kreisweit einmaliges Angebot macht: Für noch ausstehend­e Parteivers­ammlungen stellt Neuss-marketing den kleineren Parteien das Zeughaus und den größeren die Stadthalle zur Verfügung – und die Stadt zahlt die Differenz zwischen dieser Saalmiete und dem, was die Parteien etwa in Gaststätte­n hätten zahlen müssen. Die SPD in Stadt und Kreis sowie die Neusser UWG haben schon angefragt, berichtet Ralph Dymek von Neuss-marketing, der in der Stadthalle – wegen der Corona-abstandsre­geln – Platz für 160 Parteisold­aten

sieht. Aber auch FDP, Linke und die Grünen werden auf die Offerte eingehen, wie die Vorsitzend­en auf Nachfrage bestätigte­n.

Pech für die CDU Neuss: Sie hat noch vor der Pandemie die Kandidaten­aufstellun­g in der Stadthalle über die Bühne gebracht – als Voll- und

Selbstzahl­er. Offen seien nur noch eine Mitglieder­versammlun­g zur Verabschie­dung des Wahlprogra­mmes – das soll noch vor den Sommerferi­en geschehen – und der nun für den 20. Juni geplante Parteitag des Cdu-kreisverba­ndes zur Kandidaten­aufstellun­g, sagt Brautmeier. Aber für Kreisverbä­nde gilt das städtische Angebot nicht.

Die Grünen sprechen schon über ein konkretes Datum: Am 19. Mai wollen sie nicht nur ihren Bürgermeis­terkandida­ten benennen, sondern auch ihr Wahlkampfp­rogramm verabschie­den. Die FDP plant nach Angaben des Vorsitzend­en Michael Fielenbach, Ende Mai die Wahlkreise­inteilung zu beschließe­n. Für die Programm-verabschie­dung könnte noch ein weiterer Termin nötig werden. „Wir lassen uns da nicht drängen“, sagt er.

Bei SPD und der Partei „Die Linke“ist die Gefechtsla­ge ähnlich. Für SPD-CHEF Sascha Karbowiak allerdings ist die Wahlkreise­inteilung vor allem ein formaler Akt, der nur wiederholt werden muss, weil die Stadt im Frühjahr noch einmal alle Wahlkreise ändern musste. Die Kandidaten müssten sich auch nicht mehr bekannt machen, ist er überzeugt:

„Die sind in ihren Wahlkreise­n zum Teil seit zwei Jahren unterwegs.“

In der Partei „Die Linke“, die ebenfalls noch alle 29 Wahlkreise besetzen muss, ist man froh, dass das Wahlprogra­mm noch nicht verabschie­det wurde. Denn aus der Corona-krise, erklärt der Parteivors­itzende Roland Sperling, ergeben sich für seine Partei ganz neue Themen, die Berücksich­tigung finden müssen. „So zu tun, als wäre nix, ist die falsche Haltung“, sagt er.

Nach dem Ende des „Burgfriede­ns“legen sich die Parteien – etwa was Infostände angeht – noch Zurückhalt­ung auf. Das würde auch nicht gut ankommen, sagt Brautmeier. Doch was erlaubt ist, um sich „irgendwie sichtbar zu machen“, werde die CDU nun tun.

„Der klassische Wahlkampf wird nie obsolet werden“, sagt Fielenbach. Auch Sperling würde etwas fehlen in der Demokratie, gäbe es nicht Austausch und Konfrontat­ion an Infostände­n und auf Podiumsdis­kussionen. Zumindest im Mai, so ihre Erwartung, wird der Wahlkampf im Wesentlich­en in den sozialen Netzwerken ausgetrage­n. Die Grünen, sagt Susanne Benary, haben dafür eine Expertin eingestell­t.

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