Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ein Kellerfund für das Kirchendac­h

Der verscholle­ne Wetterhahn der St.-sebastianu­s-kirche ist wieder da. Nach der Sanierung soll er zurück auf’s Dach.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

NEUSS Es war ein Kellerfund. Doch der Hahn, auf den Architekt Severin Heiermann bei einer Besprechun­g im Sebastianu­s-kloster von Pater Gregory aufmerksam gemacht worden war und der 30 Jahre als verscholle­n galt, landet nicht bei „Bares für Rares“, sondern dort, wo er hingehört: auf dem Türmchen der St.-sebastianu­s-kirche. Darüber aber wird es wohl Weihnachte­n werden, denn schneller wird die laufende Sanierung nicht zum Abschluss kommen.

Schon seit Jahren steht fest: Das barocke Kirchlein an der Niederstra­ße ist ein Sanierungs­fall. Erst ging es um die Renovierun­g des Innenraums, und nachdem die abgeschlos­sen war, nahmen die Verantwort­lichen im Seelsorgev­erbund Neuss-mitte das Äußere des Gotteshaus­es in den Blick. Zunächst wurde nur daran gedacht, den Anstrich der rot geputzten Backsteinf­assaden zu erneuern, doch dieser „Patient“

„Aus ,muss mal angestrich­en werden’ wurde ein Bauprojekt für eine Million Euro“Guido Assmann Oberpfarre­r und Bauherr

braucht mehr Hilfe. „Aus ,muss mal angestrich­en werden’ wurde ein Bauprojekt für eine Million Euro“, sagt Monsignore Guido Assmann, leitender Pfarrer von Neuss-mitte.

Die größten Schäden werden nur vom Gerüst aus sichtbar. „Naturstein­wände, Kapitelle und Pfeiler sind alle in einem guten Zustand“, sagt Heiermann, dem nur einige Risse und Ausbrüche auffallen, beim Baustellen­termin. Das wirkliche Elend zeigt sich erst von der Traufe an aufwärts – „getoppt“in doppeltem Sinne von dem kleinen Türmchen, das dem Denkmalamt schon seit längerem als nicht mehr standsiche­r bekannt ist. Die beiden Glocken, die schon lange nicht mehr läuten, wurden deshalb ausgehängt, sobald das Gerüst stand. Sie wurden im angrenzend­en Kloster eingelager­t.

Das Türmchen, sagt der Architekt, könne aber gerettet werden. Die Lamellen der Schallluke­n sind offenbar aus Tropenholz und kein Problem, die morschen Teile der Balkenkons­truktion selbst ließen sich mit robustem Lerchenhol­z verstärken. „Wir werfen kein Holz weg“, sagt Heiermann – auch weil ein neues Türmchen teurer würde.

Das Problem des Dachreiter­s wie auch der Kirche insgesamt ist Wasser. Bei der Verschalun­g des Turmes Anfang der 90er Jahre wurden unzureiche­nde Schutzvork­ehrungen getroffen, und auch die Abdeckunge­n für das Mauerwerk waren mangelhaft. Folge war, dass Wasser in das Mauerwerk eindringen konnte. „So würde man heute nicht mehr bauen“, sagt Heiermann, der alle Spenglerar­beiten für Blei- und Kupferabde­ckungen und die Entwässeru­ng neu in Auftrag gegeben hat.

Dass auch das Dach komplett neu eingedeckt werden muss, hat andere Gründe. So haben die Schieferpl­atten, die beim Wiederaufb­au der Kirche Mitte der 1950er Jahre verwandt wurden, einfach ihr natürliche­s Lebensalte­r erreicht. Für sie heißt es: Ab zur Bauschuttd­eponie. Ersetzt werden sie durch einen neuen Belag mit Schiefer aus Spanien. Damit soll im Mai begonnen werden – und zwar in Abschnitte­n von hinten nach vorne, also in Richtung Hauptporta­l. Ende Juli sollen die Arbeiter, die abschnitts­weise auch die Dachstuhlk­onstruktio­n sanieren und verstärken werden, dort angekommen sein. Dann will sich Heiermann mit seiner Mannschaft den Fassaden zuwenden.

Krönender Abschluss des Werkes soll die Rückkehr des Wetterhahn­es sein, auf dem die Namen der Seelsorger und Bauverantw­ortlichen eingravier­t sind, die seit 1850 Renovierun­gsarbeiten an St. Sebastian veranlasst hatten.

Er war wohl abgeräumt worden, weil das Turmkreuz rostete, glaubt Heiermann, der das Kreuz ersetzen und dabei auch der Turmkugel Gutes tun möchte. Diese Kapsel am Übergang vom Turm zum Kreuz, in der er leider keine Dokumente mehr fand, würde er gerne vergolden lassen. Denn alle anderen Kirchen ringsum, das sieht er vom Gerüst aus, haben das ja auch. zerstört, entstand seit 1967ein Klosterneu­bau in dem seit einigen Jahren Brüder vom Orden „Familie Mariens“leben.

Die Verbundenh­eit Dass die Sebastianu­skirche im Gegensatz zur ähnlich schwer getroffene­n Hospitalki­rche an der Brückstraß­e wieder aufgebaut wurde, ist nach Darstellun­g von Stadtarchi­var Jens Metzdorf der großzügige­n Unterstütz­ung der Familie Werhahn zu verdanken. Und dass die St. Sebastian von altersher „eine Lieblingsk­irche der Neußer Bürgerscha­ft“war, brachte Quirinus Jaegers als Argument vor, die neue Verbindung zwischen Büchel und Drususalle­e Sebastianu­sstraße zu benennen. Das erfolgte am 25. Oktober 1950. -nau

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FOTOS (4): -NAU Die großen Schäden werden erst vom Gerüst aus sichtbar: Oberpfarre­r Guido Assmann (l.) und Architekt Severin Heiermann besichtige­n beim Baustellen­termin den nicht mehr standsiche­ren Turm von St. Sebastian.
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Von der Traufe an aufwärts sind die Schäden am größten.
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Die beiden Glocken wurden ausgehängt und gesichert.
 ??  ?? Wasser drang in das Mauerwerk ein. Die Folge: Aus- und Abbrüche.
Wasser drang in das Mauerwerk ein. Die Folge: Aus- und Abbrüche.
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FOTO: HEIERMANN Der seit 30 Jahren verscholle­ne Wetterhahn ist wieder da.

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