Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Fast 3700 Betriebe beantragen Kurzarbeit
Die Corona-pandemie trifft den Arbeitsmarkt mit Wucht. Viele Unternehmen setzen auf Kurzarbeit. Die Arbeitslosigkeit steigt zudem.
RHEIN-KREIS Die Corona-pandemie ist jetzt auch in der Arbeitsmarkt-statistik angekommen. Im April waren im Rhein-kreis Neuss 13.876 Menschen arbeitslos gemeldet – das sind 1651 mehr als einen Monat zuvor (plus 13,5 Prozent) und 1816 mehr als im Vorjahresmonat (plus 15,1 Prozent). Das geht aus aktuellen Zahlen hervor, die die auch für den Rhein-kreis zuständige Agentur für Arbeit Mönchengladbach am Donnerstag veröffentlicht hat. Die aktuelle Arbeitslosenquote für den Rhein-kreis Neuss beträgt demnach 5,7 Prozent. Sie liegt damit um 0,7 Prozentpunkte über den Daten vom März 2020 und um denselben Wert über April 2019.
Landrat Hans-jürgen Petrauschke sprach von einem „bedauerlichen Anstieg“, der allerdings angesichts der Corona-pandemie und ihrer wirtschaftlichen Folgen auch zu erwarten gewesen sei. Und er warnte, dass sich die Arbeitslosigkeit voraussichtlich im Mai noch einmal erhöhen werde. „Deshalb ist jedes Unternehmen und jeder Mitmensch bei uns gefragt, mit kreativen Ideen für die Zeit nach der Krise sich Gedanken zu machen, damit wir an die gute wirtschaftliche Situation
vor Corona anschließen können.“
Denn die Pandemie trifft den Arbeitsmarkt mit Härte. Das betont auch Angela Schoofs, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Mönchengladbach. „Kennzeichnend ist, dass sich mehr Menschen neu oder erneut arbeitslos gemeldet haben als im Vormonat, vor allem aber, dass viel weniger Suchende in eine neue Arbeit einmünden konnten“, erklärt sie. „Beispielsweise fielen die 966 Abgänge in den ersten Arbeitsmarkt im Verhältnis zum April der Vorjahre deutlich geringer aus.“
Ein wichtiger Beitrag zum Erhalt der wirtschaftlichen Strukturen ist laut Schoofs die Kurzarbeit. Und da ist die Nachfrage groß: Mit Stichtag 26. April 2020 stellten 3686 Unternehmen im Rhein-kreis Anträge auf Kurzarbeit. Betroffen sind alle Branchen, insbesondere das Gastgewerbe, aber auch der Handel und andere Dienstleistungsbereiche; die Anträge wurden für 38.542 Personen im Kreis gestellt. „Wie viel Kurzarbeit von den Unternehmen tatsächlich realisiert wurde und wie viele Menschen betroffen waren, werden wir aber erst in einigen Monaten sehen, wenn die Betriebe ihre Abrechnungslisten für den jeweiligen Kalendermonat eingereicht haben“, sagt Schoofs. „Dafür haben sie drei Monate Zeit.“Schoofs wertet es als „positive Botschaft“, dass viele Unternehmen die Möglichkeit der Kurzarbeit nutzen. Damit würde weitere Arbeitslosigkeit verhindert.
Die Frage ist, wie lange. Denn die Sorgen der Wirtschaft sind groß. Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein, jedenfalls betont: „In einer ganzen Reihe von Branchen herrscht Verzweiflung, 21 Prozent der von uns befragten Unternehmen sind von der Insolvenz bedroht.“Zwar zeige sich, dass Kurzarbeitergeld ein wichtiges Instrument sei, um Mitarbeiter in schwierigen Zeiten zu halten. „Dennoch sehen viele Unternehmer keine andere Möglichkeit als Stellenabbau“, erklärt Steinmetz. Angesichts der unsicheren Lage und negativer Geschäftsaussichten würden viele Betriebe zudem derzeit auf Neueinstellungen verzichten. „Vor diesem Hintergrund gehen wir davon aus, dass Menschen, die ihre Arbeit verloren haben, nun länger suchen müssen, um eine neue Stelle zu finden.“Der Ihk-hauptgeschäftsführer ist allerdings auch überzeugt: „Ohne die Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld und die verschiedenen staatlichen Hilfen wäre der Anstieg der Arbeitslosigkeit weitaus dramatischer ausgefallen.“
Die Kreis-zahlen im Einzelnen: In der Geschäftsstelle Neuss stieg die Arbeitslosenquote im April im Vergleich zum Vormonat um 0,7 Prozentpunkte auf 6,1 Prozent (April 2019: 5,4 Prozent), in der Geschäftsstelle Dormagen zum Vormonat um 0,8 Prozentpunkte auf 5,4 Prozent (im April 2019 waren es hingegen noch 4,2 Prozent) und in der Geschäftsstelle Grevenbroich um 0,3 Prozentpunkte auf 4,8 Prozent (April 2019: 4,5 Prozent).
„Wie viele Menschen tatsächlich betroffen sind, werden wir erst in einigen Monaten sehen“Angela Schoofs Agentur für Arbeit