Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Müll-flut wegen Corona in Grevenbroi­ch

Spaziergeh­en ist zu Corona-zeiten eine der wenigen möglichen Outdoor-aktivitäte­n – mit Folgen. Viele Mülleimer sind übervoll, die Stadtbetri­ebe legen Extra-touren bei der Leerung ein. Bürger beobachten mehr Abfall in der Landschaft.

- VON WILJO PIEL UND CARSTEN SOMMERFELD

GREVENBROI­CH Seit die Corona-krise immer mehr Menschen in die Natur treibt, ist dort auch mehr Müll zu finden. „Masken, Handschuhe, Lebensmitt­elverpacku­ngen – vieles liegt herum“, beklagt Claudia Middeldorf. Und ihr juckt es allmählich in den Fingern. Denn die Yoga-lehrerin und ihre Mitstreite­r aus der Facebook-gruppe „Gutes Karma für Grevenbroi­ch“haben sich eines auf die Fahnen geschriebe­n: Sie sammeln Müll auf, den andere achtlos weggeworfe­n haben.

„Wir ziehen schon jetzt einzeln los, um an den Erftufern und rund um den Waldtempel aufzuräume­n“,

„Eine größere Müllsammel-aktion wäre jetzt dringend nötig“

Claudia Middeldorf Yoga-lehrerin sagt Middeldorf. „Doch es wäre besser, in einer größeren Gruppe zu starten, denn das ist angesichts des Müllaufkom­mens in der Natur dringend notwendig.“Die Frage, ob ein solcher Frühlingsp­utz in Zeiten der Pandemie möglich ist, will sie nun mit Bürgermeis­ter Klaus Krützen klären. „Wir würden natürlich in gebührende­m Abstand starten, uns mit Handschuhe­n und Müllpicker­n ausrüsten“, sagt Claudia Middeldorf, die dem Verwaltung­schef auch ein weiteres Herzensanl­iegen mitteilen möchte: „Wir benötigen mehr Mülleimer an den Spazierweg­en.“

Die Behälter, die in den Parks und Grünanlage­n stehen, sind schon jetzt häufig restlos überfüllt. „Bereits seit einigen Wochen stellen wir fest, dass die öffentlich­en Mülleimer mehr als sonst genutzt werden“, berichtet Stephan Renner. Der Stadtsprec­her sieht zwei Gründe. „Das Wetter war lange sehr schön, und die Möglichkei­ten zur Freizeitge­staltung sind durch die Beschränku­ngen zum Schutz vor Corona stark eingeschrä­nkt.“Kurzum: Viel mehr als Spaziereng­ehen ist im Freien nicht drin, und das hat Folgen. Abfalleime­r quellen über, teilweise liegen Flaschen und anderer Müll daneben.

„Der Müll hat zugenommen. Am Anfang war das eine Katrastrop­he, das Problem wurde wohl unterschät­zt“, stellt Ulrike Oberbach fest. Die Südstädter­in ist Ratsfrau für „Mein Grevenbroi­ch“. Eine Ursache des Mülls aus ihrer Sicht: „Eisdielen dürfen nur Eis zum Mitnehmen verkaufen“, der Verzehr ist im

Umkreis von 50 Metern nicht erlaubt, das führt zu mehr Verpackung. „Eine Zeit lang flogen die Becher durch die Innenstadt. Das hat sich aber mittlerwei­le gebessert“, sagt Oberbach. Eisdielenb­esitzer würden den Abfall aufsammeln.

Auch die Stadt hat Konsequenz­en gezogen. „Die Stadtbetri­ebe fahren häufiger Touren, um die Behälter zu leeren – beispielsw­eise in der Innenstadt, auch im Umfeld von Eis- cafés, im Stadtpark und auf der Apfelwiese“, erläutert Stephan Renner. Die Kosten für den Zusatz-aufwand stehen noch nicht fest. Im Jahr werden für die Leerung der öffentlich­en Mülleimer 41.000 Euro berechnet. „Unsere Bitte an die Bürger: Wenn ein Abfallbehä­lter voll ist, sollten sie den Abfall bis zum nächsten Eimmer oder nach Hause mitnehmen“, appelliert Renner.

Ulrike Oberbach beobachtet auch sonst in der Landschaft mehr Müll. „Bei uns im Bend, den zurzeit viele Menschen nutzen, wurden von der Stadt fast alle Abfalleime­r an den Bänken abgebaut. Jetzt liegt der Müll in der Botanik. Der Antrag von Mein Grevenbroi­ch, wieder Behälter aufzustell­en, wurde leider abgelehnt.“Im Bend rund um das zurzeit geschlosse­ne Wildgehege sei es zum Glück noch relativ sauber – nur die Papierkörb­e müssten häufiger geleert werden, meldet Frank Wadenpohl. Was den Stadtförst­er freut: „Das Aufkommen an Spaziergän­gern und Joggern ist immens hoch. In der Corona-krise haben die Leute den Wald wieder für sich entdeckt.“

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FOTO: SALZBURG Claudia Middeldorf (r.) und ihre Tochter Chiara beklagen sich seit dem Ausbruch der Corona-pandemie über zu viel Müll in der Natur. Sie sehen nicht tatenlos zu, sondern sammeln den Unrat auf.

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