Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
„Temple“über eine Klinik im Londoner Untergrund
Mit ihrem 402 km langen Streckennetz und einem labyrinthischen Röhrensystem, das bis zu 50 Meter tief unter der Erde verlegt wurde, ist die altehrwürdige Londoner U-bahn eine Welt für sich – und eine fantastische Film-location für eine Arztserie der etwas anderen Art.
In der britischen Produktion „Temple“, dienun auf Sky startet, betreibt der Chirurg Daniel Milton (Mark Strong) in den weitläufigen Versorgungstunneln der gleichnamigen Metrostation eine Klinik für Patienten, die sich nicht dem staatlichen Gesundheitssystem anvertrauen wollen. Hierhin flüchtet sich nach einem missglückten Raubüberfall der schwerverletzte Kleinkriminelle Jamie (Tobi King Bakare), dessen Kumpel Lee (Daniel Mays) das Untergrund-hospital mitgegründet hat. Lee ist ein sogenannter „Prepper“– ein Verschwörungstheoriker, der sich mit dem Ausbau des Überlebensbunkers auf einem terroristischen Biowaffen-anschlag vorbereitet.
Für den angesehenen Mediziner Daniel ist die illegale Klinik hingegen nur Mittel zum Zweck. Mit dem Erlös finanziert er eigen Forschungsarbeiten. Seine Frau Beth (Catherine Mccormack) liegt bewusstlos in einem Intensivbett im Keller nebenan und wurde offiziell für tot erklärt. Daniel hofft ein Medikament gegen ihre unheilbare Nervenkrankheit entwickeln zu können und wird dabei von der Wissenschaftlerin Anna (Carice van Houten) unterstützt.
Der große Trumpf von „Temple“– ein Remake der norwegischen Serie „Valkyrien“– ist das illustre Setting im Londoner Untergrund, das zu einer Parallelwelt ausgebaut und immer wieder effektvoll mit dem lauten Treiben an der urbanen Erdoberfläche kontrastiert wird. Auch die Figurenkonstellation vom Mediziner auf moralischen Abwegen, der für die Rettung seiner Frau zu allem bereit scheint birgt erzählerische Entwicklungsmöglichkeiten, gerade auch weil Mark Strong („Deep State“) und Daniel Mays („Star Wars: Rogue One“) ein schauspielerisches Doppelpack mit guten Kontrasten bilden.
Aber trotz all dieser Voraussetzungen leidet die Serie an einigen eklatanten, dramaturgischen Schwächen und kommt über die acht Episoden nie so recht in die Gänge. Die überambitionierte Rückblendendramaturgie erklärt vieles, was man eine Folge zuvor auf der Gegenwartsebene längst verstanden hat. Da fehlt es an narrativer Dynamik, die ja vielleicht in der angekündigten zweiten Staffel Fahrt aufnimmt.
Info Ab sofort bei Sky zu sehen.