Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Die Deutschen vermuten das Glück auf dem Lande
INFO
Verstädterung Ende 2018 lebten in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamts 11,7 Millionen Menschen in Gemeinden mit weniger als 5000 Einwohnern. 44,6 Millionen lebten in Gemeinden mit 5000 bis 100.000 Einwohnern und 26,6 Millionen in Großstädten.
Preise Nach Angaben der europäischen Statistikbehörde Eurostat waren 2018 in Deutschland knapp 18 Prozent der Bewohner größerer Städte durch Wohnkosten überbelastet – das Wohnen fraß abzüglich eventueller Beihilfen mehr als 40 Prozent ihres Nettoeinkommens auf. Auf dem Land waren es nur gut zehn Prozent.
Zufriedenheit Schwer zu sagen ist, wo sich die Deutschen wohler fühlen. 2018 sagten bei Infratest auf die Frage, wo sie am liebsten leben möchten: 40 Prozent Kleinstadt, 38 Prozent Dorf, 21 Prozent Großstadt. Beim sogenannten Sozioökonomischen Panel 2015 bezeichneten sich 38 Prozent der Dörfler, aber auch 38 Prozent der Großstädter als zufrieden. Vermutet wird das Glück allerdings inzwischen auf dem Land – 2014 sagten in einer Allensbach-umfrage 40 Prozent, dort habe man „mehr vom Leben“, nur 21 Prozent vermuteten das für die Stadt. 1954 war das Verhältnis noch umgekehrt: 54 zu 19 Prozent für die Stadt. tun. Und: Müssen Unternehmen mit Steuergeldern gerettet werden, die noch immer nicht im neuen Jahrtausend angekommen sind? Machen Sie den Test: Vergleichen Sie Online-services der Lufthansa mit jenen zeitgemäßer Online-reiseanbieter. Bestellen Sie online bei Media Markt und dann bei Amazon. Vergleichen Sie den Bordcomputer jeder deutschen Automobil-luxusmarke mit einem Tesla – als sei das Internet gerade erst erfunden worden. Die Krise beschert uns einen Crashkurs in Digitalisierung – sie legt aber auch offen, wie analog und verkrustet unsere traditionelle Industrie ist – unsere volkswirtschaflichen Versäumnisse sind gewaltig.
Vielleicht ist es an der Zeit, sich damit abzufinden, nicht länger Klassenprimus zu sein. Wirtschaftswunder. Exportweltmeister. Verblasste Mythen? Wir haben die Wahl, uns und unsere Kinder auf den bevorstehenden Abstieg einzustimmen oder diese Pandemie als Weckruf zu begreifen, endlich unsere Hausaufgaben zu machen. Staatshilfe aus Steuergeldern und dann zurück zur alten Normalität wäre das Schlimmste, was uns passieren könnte. Corona ist vielleicht unsere letzte Chance, den Anschluss an die Gegenwart zu finden.
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