Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Schüler dürfen wieder nach Frankreich pendeln
Die Grenze zwischen Frankreich und Deutschland war seit März für alle geschlossen. Nun dürfen mancherorts zumindest die Schulbusse wieder fahren. In der CDU wächst die Kritik an den Kontrollen. INFO
PARIS Die schrittweise Öffnung der deutsch-französischen Grenze geht weiter. Trotz der weitreichenden Beschränkungen wegen der Corona-krise dürfen Schüler aus dem Elsass von Montag an für den Schulbesuch in Deutschland wieder die Übergänge passieren. Sie könnten ein- und ausreisen, zudem dürften Schulbusse die Grenze überqueren, teilt das Regierungspräsidium in Freiburg mit. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte noch am Mittwoch angekündigt, die in der Corona-krise allgemein eingeführten Kontrollen an deutschen Grenzen bis zum 15. Mai zu verlängern.
Anders als in Frankreich, wird in Deutschland am Montag an vielen Schulen der Unterricht wieder aufgenommen. Seit Beginn der Grenzkontrollen im März war Schülern das Reisen über die Grenze nicht mehr möglich. Von der neuen Regelung profitieren unter anderem Schüler aus Frankreich, die in Freiburg das deutsch-französische Gymnasium (DFG) besuchen und dort Ende Mai die schriftliche Abiturprüfung ablegen. Für den Grenzübertritt benötigen sie den Angaben zufolge einen Passierschein, wie ihn zum Beispiel Berufspendler erhalten.
Auch drei der geschlossenen Grenzübergänge zwischen dem Saarland und Frankreich werden nach Angaben der Regierung in Saarbrücken wieder geöffnet. Darüber hinaus hätten sich der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) und Bundesinnenminister
Horst Seehofer (CSU) darauf verständigt, mit Blick auf bevorstehende Lockerungen der Corona-maßnahmen in Frankreich ab dem 11. Mai ein Konzept zu erarbeiten, um alle Grenzübergänge wieder zu öffnen.
In der Diskussion um die Grenzschließungen ist es im Saarland zu einem heftigen Streit um mögliche Äußerungen von Landesinnenminister Klaus Bouillon (CDU) gekommen. Im Zdf-„heute Journal“wurde der Politiker unter anderem mit den Worten zitiert: „Grenzschutz ist Menschenschutz“. Außerdem habe Bouillon laut dem „Handelsblatt“gesagt, jeder abgewiesene Franzose bedeute ein Stück mehr Sicherheit für die Saarländer. Oppositionspolitiker fordern nun vehement den Rücktritt des Ministers. Bouillon mache mit seiner Aussage das Saarland zum Gespött der Republik, twitterte Kira Braun, Landesvorsitzende der Jusos.
Aus dem saarländischen Innenministerium hieß es anschließend, beide Sätze seien teils falsch zitiert und teils erfunden. Schließlich veröffentlichte Innenminister Bouillon ein Statement auf Facebook, in dem auch er betonte, falsch zitiert worden zu sein: „Das hat mich überrascht – und schockiert. Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich, auch aufgrund meiner jahrzehntelangen Tätigkeit als Bürgermeister, immer die deutsch-französische Freundschaft gelebt habe.“
Unterdessen wird auch in der CDU die Kritik an den Grenzkontrollen immer lauter. So fordert Andreas Jung, Vizechef der Unionsfraktion im Bundestag und Vorsitzender der deutsch-französischen Parlamentariergruppe, dass diese ersten Erleichterungen für die Schüler „nur ein Schritt zu weiteren sofortigen Lockerungen sein können. Immer noch werden von der deutsch-französischen Grenze Familien zerschnitten, Lebenspartner getrennt, Pendler behindert, Lieferketten gestört und Verbindungen gekappt. Damit muss jetzt Schluss sein“.
Andreas Jung führt auch eine Gruppe von neun Abgeordneten aus Baden-württemberg und Rheinland-pfalz an, die sich gegen die Verlängerung wenden. „Es geht um das Zusammenleben in den Grenzregionen“, erklären die Cdu-politiker unisono. Die Grenzmaßnahmen könnten mit Gesundheitsschutz nicht mehr begründet werden, argumentieren die Abgeordneten, verursachten aber jede Menge Probleme.
Volker Kauder, langjähriger Vorsitzender der Cdu/csu-bundestagsfraktion, kritisiert die Grenzschließungen vor allem zu den Schweizer Nachbarn. „In Baden-württemberg und der Schweiz gelten ähnliche Regeln und die Infektionslage ist vergleichbar. Es gibt also keinen Grund mehr, die Grenze zur Schweiz geschlossen zu halten,“erklärt der Vertreter des Wahlkreises Rottweil/ Tuttlingen.
Unterstützung erhalten die deutschen Abgeordneten von über einem Dutzend französischer Kollegen. In einer Erklärung schreiben sie: „Die Schließung der Grenze zwischen unseren beiden befreundeten Ländern hat Wunden aufgerissen, an deren Heilung unsere Vorfahren 50 Jahre lang gearbeitet haben.“Auch sie fordern in der Krise keine nationalen Alleingänge, wie sie jetzt an den Tag gelegt werden, sondern europäische Lösungen.