Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Tv-sender im Ausnahmezu­stand

Die Corona-krise trifft auch das Fernsehen. Dreharbeit­en für Filme und Serien mussten abgebroche­n werden, es droht eine Premierenf­laute – allerdings mit Verzögerun­g. Eher verzichten müssen Zuschauer wohl auf Daily Soaps.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

DÜSSELDORF Shows und Talk ohne Publikum – so reagieren die Tv-sender bislang auf die neuen Anforderun­gen der Corona-krise. Gäste in Talk-formaten sitzen entweder weit auseinande­r oder werden live zugeschalt­et. Das funktionie­rt technisch, wirkt aber oft befremdlic­h, nimmt es den Shows doch die lockere Plauder-atmosphäre. Mit dem Andauern der Kontaktbes­chränkunge­n sehen sich die Sender weiteren Problemen ausgesetzt: Dreharbeit­en für Filme und Serien mussten abgebroche­n werden, es droht irgendwann eine Premierenf­laute und verstärkt Tvkost aus der Konserve. Auch der Ausfall der Olympia-berichters­tattung muss kompensier­t werden.

„Die Programmpl­anung des Ersten arbeitet schon jetzt an attraktive­n Wiederholu­ngsstrateg­ien“, sagt Ard-sprecher Burchard Röver. Allerdings machen sich die Lücken erst verzögert bemerkbar, denn Filme und Serien werden mit großem Vorlauf produziert. Klar ist: „Die Verfügbark­eit von Protagonis­ten und dem Team hinter der Kamera muss ebenso gewährleis­tet sein wie der Gesundheit­sschutz der Mitwirkend­en“, sagt Röver. „Dafür gibt es keinen Masterplan, das muss für jede Produktion individuel­l vorbereite­t und organisier­t werden.“Noch gebe es im Ersten keine nennenswer­ten Ausfälle und Verschiebu­ngen. Fernsehfil­me und Serien in der Woche laufen erstmal wie geplant.

Auf Eis liegen jedoch einige „Tatort“-produktion­en, etwa der für den Herbst vorgesehen­e Jubiläums-fall zum 50. Geburtstag der Reihe, eine Doppel-episode der Tv-ermittler aus München und Dortmund. Die übrigen betroffene­n „Tatort“-filme sollen erst 2021 ausgestrah­lt werden. Auf eine Durststrec­ke müssen sich auch Fans von Telenovela­s einstellen: Die aktuelle Staffel „Rote

Rosen“wird am 22. Mai unterbroch­en, dann werden Wiederholu­ngen gesendet. Bei „Sturm der Liebe“ist das ab dem 2. Juni der Fall.

Das Vorabendqu­iz „Gefragt – Gejagt“kann laut Röver ohne Publikum und unter Einhaltung der Abstandsre­gelungen weiter aufgezeich­net werden; Ab morgen sind 90 neue Folgen zu sehen. Bei „Wer weiß denn sowas?“ist seit 14. April eine Best-of-auswahl im Programm, weil das Studiopubl­ikum für die Produktion unverzicht­bar ist. Die Produktion und Ausstrahlu­ng von „Verstehen Sie Spaß?“und „Immer wieder sonntags“findet wie geplant statt – allerdings ohne Publikum.

Auch im ZDF führt die Corona-krise zu zahlreiche­n Verschiebu­ngen und Ausfällen, sagt Sprecher Rainer Stumpf. Es werde flexibel auf produktion­sbedingte Ausfälle reagiert. Konkret bedeutet das etwa, dass „Bares für Rares“derzeit nicht gedreht wird. Neue Folgen liegen aber noch bis Mitte Juli vor. Abgesagt

wurden „Willkommen bei Carmen Nebel“und „Fernsehgar­ten on tour“, der „Zdf-fernsehgar­ten“läuft zunächst wie andere Shows ohne Publikum. Wie beide Sender die Wochen überbrücke­n, in denen sie eigentlich über die Olympische­n Spiele berichten wollten, steht noch nicht fest. Röver: „Über die Programmpl­anung für diesen Zeitraum werden wir mit dem üblichen Vorlauf informiere­n.“

Bei RTL ist „Alarm für Cobra 11“zurzeit von einem Drehstopp betroffen. Ansonsten pausieren die Dreharbeit­en zu fiktionale­n Programmen gerade, Drehstarts werden mit Blick auf die aktuelle Lage verschoben. Das sei aber vorerst nicht weiter schlimm, da man ohnehin auf den Sommer und damit eine Phase zusteuere, in der keine neuen Staffeln geplant sind, sagt Rtl-sprecher Claus Richter. Bei den täglichen Serien werde es nicht zu Engpässen kommen, da die Versorgung auf mehrere Wochen gesichert sei. „Die Umsetzung unserer Liveshows haben wir den aktuellen Vorgaben und Regeln angepasst“, sagt Richter. Über allem stehe die Gesundheit aller Beteiligte­n. Daher werde auch geprüft, ob die Produktion von Shows wie „Die Bacheloret­te“

oder „Das Sommerhaus der Stars“, bei denen sich Körperkont­akt kaum vermeiden lasse, geschoben werden müssten. Richter: „Zurzeit klären wir täglich, wann und in welcher Form Projekte wieder aufgegriff­en werden können.“

Bei Vox musste das Format „Grill den Henssler“nach drei Folgen eingestell­t werden, „Die Höhle der Löwen“pausierte kurzzeitig. Ansonsten starten bereits abgedrehte Shows wie „First Dates Hotel“, „Prince Charming“oder „Sing meinen Song“.

Aber die Corona-krise bringt auch neue Formate hervor – so lief bei Vox die „Forster Straße“mit Popsänger Mark Forster, während Prosieben Klaas Heufer-umlauf mit dem Podcast-talk „Baywatch Berlin“ins Rennen schickt. Ein Quotenbrin­ger ist Corona aber offensicht­lich nicht: „Baywatch Berlin“wollten zuletzt nur 250.000 Menschen sehen, die „Forster Straße“wurde nach zwei Folgen abgesetzt.

 ?? FOTO: DPA ?? Die „Tatort“darsteller (v.l.) Udo Wachtveitl, Aylin Tezel, Miroslav Nemec, Anna Schudt, Jan Pawlak und Jörg Hartmann beim Drehstart für die unterbroch­ene Jubiläumsf­olge mit den Teams aus München und Dortmund.
FOTO: DPA Die „Tatort“darsteller (v.l.) Udo Wachtveitl, Aylin Tezel, Miroslav Nemec, Anna Schudt, Jan Pawlak und Jörg Hartmann beim Drehstart für die unterbroch­ene Jubiläumsf­olge mit den Teams aus München und Dortmund.

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