Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Tv-sender im Ausnahmezustand
Die Corona-krise trifft auch das Fernsehen. Dreharbeiten für Filme und Serien mussten abgebrochen werden, es droht eine Premierenflaute – allerdings mit Verzögerung. Eher verzichten müssen Zuschauer wohl auf Daily Soaps.
DÜSSELDORF Shows und Talk ohne Publikum – so reagieren die Tv-sender bislang auf die neuen Anforderungen der Corona-krise. Gäste in Talk-formaten sitzen entweder weit auseinander oder werden live zugeschaltet. Das funktioniert technisch, wirkt aber oft befremdlich, nimmt es den Shows doch die lockere Plauder-atmosphäre. Mit dem Andauern der Kontaktbeschränkungen sehen sich die Sender weiteren Problemen ausgesetzt: Dreharbeiten für Filme und Serien mussten abgebrochen werden, es droht irgendwann eine Premierenflaute und verstärkt Tvkost aus der Konserve. Auch der Ausfall der Olympia-berichterstattung muss kompensiert werden.
„Die Programmplanung des Ersten arbeitet schon jetzt an attraktiven Wiederholungsstrategien“, sagt Ard-sprecher Burchard Röver. Allerdings machen sich die Lücken erst verzögert bemerkbar, denn Filme und Serien werden mit großem Vorlauf produziert. Klar ist: „Die Verfügbarkeit von Protagonisten und dem Team hinter der Kamera muss ebenso gewährleistet sein wie der Gesundheitsschutz der Mitwirkenden“, sagt Röver. „Dafür gibt es keinen Masterplan, das muss für jede Produktion individuell vorbereitet und organisiert werden.“Noch gebe es im Ersten keine nennenswerten Ausfälle und Verschiebungen. Fernsehfilme und Serien in der Woche laufen erstmal wie geplant.
Auf Eis liegen jedoch einige „Tatort“-produktionen, etwa der für den Herbst vorgesehene Jubiläums-fall zum 50. Geburtstag der Reihe, eine Doppel-episode der Tv-ermittler aus München und Dortmund. Die übrigen betroffenen „Tatort“-filme sollen erst 2021 ausgestrahlt werden. Auf eine Durststrecke müssen sich auch Fans von Telenovelas einstellen: Die aktuelle Staffel „Rote
Rosen“wird am 22. Mai unterbrochen, dann werden Wiederholungen gesendet. Bei „Sturm der Liebe“ist das ab dem 2. Juni der Fall.
Das Vorabendquiz „Gefragt – Gejagt“kann laut Röver ohne Publikum und unter Einhaltung der Abstandsregelungen weiter aufgezeichnet werden; Ab morgen sind 90 neue Folgen zu sehen. Bei „Wer weiß denn sowas?“ist seit 14. April eine Best-of-auswahl im Programm, weil das Studiopublikum für die Produktion unverzichtbar ist. Die Produktion und Ausstrahlung von „Verstehen Sie Spaß?“und „Immer wieder sonntags“findet wie geplant statt – allerdings ohne Publikum.
Auch im ZDF führt die Corona-krise zu zahlreichen Verschiebungen und Ausfällen, sagt Sprecher Rainer Stumpf. Es werde flexibel auf produktionsbedingte Ausfälle reagiert. Konkret bedeutet das etwa, dass „Bares für Rares“derzeit nicht gedreht wird. Neue Folgen liegen aber noch bis Mitte Juli vor. Abgesagt
wurden „Willkommen bei Carmen Nebel“und „Fernsehgarten on tour“, der „Zdf-fernsehgarten“läuft zunächst wie andere Shows ohne Publikum. Wie beide Sender die Wochen überbrücken, in denen sie eigentlich über die Olympischen Spiele berichten wollten, steht noch nicht fest. Röver: „Über die Programmplanung für diesen Zeitraum werden wir mit dem üblichen Vorlauf informieren.“
Bei RTL ist „Alarm für Cobra 11“zurzeit von einem Drehstopp betroffen. Ansonsten pausieren die Dreharbeiten zu fiktionalen Programmen gerade, Drehstarts werden mit Blick auf die aktuelle Lage verschoben. Das sei aber vorerst nicht weiter schlimm, da man ohnehin auf den Sommer und damit eine Phase zusteuere, in der keine neuen Staffeln geplant sind, sagt Rtl-sprecher Claus Richter. Bei den täglichen Serien werde es nicht zu Engpässen kommen, da die Versorgung auf mehrere Wochen gesichert sei. „Die Umsetzung unserer Liveshows haben wir den aktuellen Vorgaben und Regeln angepasst“, sagt Richter. Über allem stehe die Gesundheit aller Beteiligten. Daher werde auch geprüft, ob die Produktion von Shows wie „Die Bachelorette“
oder „Das Sommerhaus der Stars“, bei denen sich Körperkontakt kaum vermeiden lasse, geschoben werden müssten. Richter: „Zurzeit klären wir täglich, wann und in welcher Form Projekte wieder aufgegriffen werden können.“
Bei Vox musste das Format „Grill den Henssler“nach drei Folgen eingestellt werden, „Die Höhle der Löwen“pausierte kurzzeitig. Ansonsten starten bereits abgedrehte Shows wie „First Dates Hotel“, „Prince Charming“oder „Sing meinen Song“.
Aber die Corona-krise bringt auch neue Formate hervor – so lief bei Vox die „Forster Straße“mit Popsänger Mark Forster, während Prosieben Klaas Heufer-umlauf mit dem Podcast-talk „Baywatch Berlin“ins Rennen schickt. Ein Quotenbringer ist Corona aber offensichtlich nicht: „Baywatch Berlin“wollten zuletzt nur 250.000 Menschen sehen, die „Forster Straße“wurde nach zwei Folgen abgesetzt.