Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Fortunas Boss stößt Fußball-revolution an
Gibt es im Fußball künftig eine Gehaltsobergrenze? Das fordert Thomas Röttgermann. Heute wird der Verein 125 Jahre alt.
DÜSSELDORF 1895. Vor 125 Jahren fand in Paris die allererste Filmvorführung statt. Vor 125 Jahren entdeckte Wilhelm Conrad Röntgen die später nach ihm benannten „Röntgenstrahlen“. Und vor 125 Jahren wird in Düsseldorf der Turnverein Flingern gegründet. Alle drei Ereignisse offenbarten eine enorme Haltbarkeit. Der Turnverein ist inzwischen nach mehreren Fusionen im Verein Fortuna Düsseldorf aufgegangen – und der wird heute 125 Jahre alt, was die Bürger der Landeshauptstadt mit beflaggten Häusern und Straßenmalereien feiern. Die geplante Altstadtparty musste ja wegen der Corona-krise ausfallen.
Der Fußball hat sich in den vergangenen 125 Jahren stark gewandelt. Heutzutage werden mit dem Geschäft Milliarden umgesetzt. Es kamen viele neue Regeln hinzu. Manche von ihnen haben den Sport verbessert, andere nicht. Nun sieht Thomas Röttgermann die Zeit für eine neue Revolution im europäischen Profifußball gekommen. Er ist der Vorstandsvorsitzende des Jubilars Fortuna und plädiert für eine Gehaltsobergrenze, einen sogenannten „Salary Cap“, wie er bereits im Us-sport praktiziert wird.
Fortuna selbst investiert 45 Prozent ihres Gesamtumsatzes in Spielergehälter. Nicht gerade wenig, in der Branche aber kein Spitzensatz. Generell sei das gesamte Finanzierungsmodell extrem risikoreich und auf Kante genäht, meint Röttgermann. Sein Vorschlag: keine plumpe Schwächung der besser betuchten Vereine, aber eine Minimierung der vorhandenen Spreizung zwischen Klubs wie Bayern München und Paderborn oder Borussia Dortmund und eben Fortuna.
Röttgermann, Vorstandsboss eines gemessen am Umsatz recht kleinen Profiklubs, wagt also den Vorstoß. Und erntet zur Überraschung mancher viel Unterstützung von gewichtigen Personen wie Karl-heinz
Rummenigge oder Martin Kind. „Ich habe ausschließlich positive Resonanz bekommen“, sagt Röttgermann im Gespräch mit unserer Redaktion. „Zudem haben zahlreiche Vereine und Christian Seifert den Ball der Fortuna bereits aufgenommen und unterstützen diesen Gedanken öffentlich.“
Auch die DFL will sich der Thematik annehmen und kündigte an, eine Taskforce „Zukunft Profifußball“einzusetzen. Für Röttgermann ist dies genau der richtige Schritt zur richtigen Zeit. „Das macht Sinn. Ich würde dort gerne mitarbeiten, weil ich es für notwendig halte, dass Vertreter kleinerer Klubs und von Traditionsvereinen dort beteiligt sind.“
Das Problem: Will man die Revolution, müssen andere Ligen mitziehen. Unvorstellbar, dass der FC Bayern
eine Gehaltsobergrenze in der Bundesliga akzeptiert, ohne sich abzusichern, im europäischen Vergleich keinen Boden auf die Klubs aus England, Spanien und Italien zu verlieren. Noch hakt es also.
Zuerst müsste eine Lösung gesucht werden, die die Interessen aller abdeckt. Dann müsste ein Konsens aller europäischen Ligen herbeigeführt werden. Und dann müsste auch die Uefa ihr Go geben. Röttgermann gibt sich dennoch zuversichtlich, zeitnah in die Diskussion einsteigen zu können. „Die breite Akzeptanz ist genau die richtige Voraussetzung, um jetzt in konkrete Gespräche zu gehen. Das werden wir schnell und dynamisch tun.“
Wie lange diese Gespräche dauern und ob ein zufriedenstellendes Ergebnis präsentiert wird, ist offen. Dass allerdings Fortunas Vorstandsboss derjenige sein könnte, der eine Revolution angestoßen haben könnte, ist bemerkenswert und füllt ein weiteres Kapitel in der 125-jährigen Historie des Traditionsklubs.