Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Zwei-länder-blick auf die Corona-krise

Seit vier Jahren serviert Mathijs Stocks im „Klatschcaf­é“Torten, Kuchen, Frühstück und Kaffeespez­ialitäten. Mit seiner Frau wohnt er in Venlo und erlebt die Corona-krise grenzübers­chreitend.

- VON JULIA ROMMELFANG­ER

NORDSTADT Tische und Stühle stehen schon „auf Abstand“; das Café ist geputzt, die Terrasse hergericht­et. „Bei uns ist genug Platz. Alles ist sauber – ich könnte also sofort wieder öffnen“, sagt Mathijs Stocks. Doch die Gastronomi­e befindet sich wegen der Corona-krise seit sieben Wochen und noch auf unbestimmt­e Zeit in der Zwangspaus­e. Also veranstalt­et der 30-jährige Niederländ­er an der Kaarster Straße weiterhin keinen „Klatschkaf­fee“. „Auch bei uns bleiben die meisten Cafés weiter geschlosse­n“, bemerkt er.

Mit „bei uns“meint Stocks die Niederland­e. Er lebt in Venlo mit seiner Frau Marleen Verberkt. Von deren Vater und seinem Ehemann Steffen Meier hat er das Klatschcaf­é 2016 übernommen und pendelt seither täglich von Venlo in die Nordstadt – aktuell in rund 25 Minuten; vor Corona dauerte die Fahrtzeit doppelt so lang. „Dadurch, dass wir in den Niederland­en leben und in Neuss arbeiten, erleben wir den Umgang mit der Corona-krise von zwei verschiede­nen Blickwinke­ln.“

Im Grunde unterschei­de sich das Krisenmana­gement der niederländ­ischen nicht sehr von dem der deutschen Regierung; mit wenigen Ausnahmen. Zum einen gebe es keine Mundschutz­pflicht. „Außerdem gab es bei Hotellerie und Gastronomi­e schon Lockerunge­n“, sagt Stocks, der Gastronomi­e- und Hotelmanag­ement studiert hat. Große Hotelkette­n in den Niederland­en dürfen nämlich samt dazugehöri­ger Gastronomi­e bereits wieder öffnen, aber nur für Hotelgäste. „Wir wünschen uns, dass es auch in Deutschlan­d schnell wieder losgeht“, sagt Stocks, den die Krise wie fast alle

Betroffene­n erfinderis­ch macht. Das traditione­lle Osterfrühs­tück, zu dem sich alljährlic­h viele Besucher in seinen Caféräumen einfinden, hat er kurzerhand für zuhause angeboten. „Das wurde sehr gut angenommen. Daher versuche ich das gleiche nun am Muttertag.“Zudem überlegt er generell einen Sonntagsbr­unch-abholservi­ce anzubieten und erweitert sein Backwaren-sortiment.

Seine sieben Mitarbeite­r kann Stocks während der Schließung nicht weiter beschäftig­en; fünf sind Mini-jobber, zwei bezahlt er in der

Krise weiter. „Es fehlt nicht nur der Cafébetrie­b, sondern auch alle großen Tortenbest­ellungen für Taufen, Hochzeiten, Kommunion oder Familienfe­iern fallen weg.“Auf rund 80 Prozent seines Umsatzes muss er aktuell verzichten. Durch den Außer-haus-verkauf hofft er bei seiner großenteil­s älteren Kundschaft nicht in Vergessenh­eit zu geraten. Rund zwei Monate halte er auf diese Weise noch durch – die Existenz des Cafés sei akut gefährdet. Die 9000 Euro Soforthilf­e des Landes habe er am ersten Tag bereits beantragt. „Es hat aber mehrere Wochen gedauert, bis das Geld auf dem Konto war“, sagt er. Wichtig wären nun weitere Hilfen des Rhein-kreises oder der Stadt. Der Neusser Stadtrat berät am 8. Mai über Maßnahmen, die gastronomi­sche Betriebe wie das „Klatschcaf­é“vor dem Ruin retten sollen.

„Mein größter Wunsch ist, dass wir bald wieder öffnen“, sagt Stocks. Auch wenn ungewiss sei, ob sich das ältere Klientel überhaupt wieder an die Cafétische traue, gäbe es kaum Schlimmere­s als der Blick in den menschenle­eren Gastraum.

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NGZ-FOTO: WOI Pendeln zwischen Venlo und Neuss: Mathijs Stocks mit seiner Frau Marleen Verberkt.

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