Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Wie Corona das Bezahlverh­alten ändert

Im Einzelhand­el zahlen immer mehr Kunden mit Karte – am liebsten kontaktlos. Viele Bürger gehen seit Beginn der Corona-pandemie zudem seltener zum Geldautoma­ten, da Bargeld deutlich weniger genutzt wird. Daran gibt es Kritik.

- VON ANDREAS BUCHBAUER

RHEIN-KREIS Die Corona-pandemie hat messbar Einfluss auf das Bezahlverh­alten der Bürger. Beispiel Sparkasse Neuss. Dort registrier­t man einen signifikan­ten Anstieg des Online-bankings. „Alleine im März sind 1350 neue Konten freigescha­ltet worden. Die Zahlen für April liegen zwar noch nicht vor, ich gehe aber davon aus, dass sich dieser Trend ungebroche­n fortgesetz­t hat“, sagt Sparkassen-sprecher Stephan Meiser. Bargeld hingegen sei weniger als noch vor der Corona-zeit gefragt. Es gelte: Die Kunden gehen seltener an die Geldautoma­ten, heben dann aber mehr als in „normalen Zeiten“ab. „Wir hatten im April im Vergleich zum Januar, also vor Ausbruch der Corona-pandemie, rund 40 Prozent weniger Verfügunge­n an Geldautoma­ten, das Volumen des abgeholten Geldes ist dabei um 30 Prozent zurückgega­ngen“, sagt Meiser.

Grundsätzl­ich gilt: Es wird weniger mit Bargeld gezahlt. Das hat natürlich zum Teil ganz simple Gründe. Zum einen ist da das Kontaktver­bot, zum anderen die mittlerwei­le gelockerte Schließung des Einzelhand­els. Und solange Freizeitei­nrichtunge­n und Gastronomi­e dicht sind, gibt es schlicht weniger Gelegenhei­t, am Geldautoma­ten abgehobene­s Geld auch auszugeben. Hinzu kommt die Sorge, sich möglicherw­eise über den Kontakt mit Bargeld beziehungs­weise Geldautoma­ten mit dem Coronaviru­s anzustecke­n – obwohl diese Angst laut Experten unbegründe­t ist.

Das Robert-koch-institut, die Deutsche Bundesbank, die Europäisch­e Zentralban­k und Virologen wie Hendrik Streeck aus Bonn und

Christian Drosten von der Charité in Berlin haben mehrfach erklärt, Kontakt mit Bargeld gefährde weder die Kunden noch die Beschäftig­ten mehr oder weniger als elektronis­che Zahlungen an der Kasse. Christian Feldbinder, Sprecher der Volksbank Düsseldorf-neuss, spricht davon, „dass durch wirtschaft­lich interessie­rte Marktplaye­r, wie Kartengese­llschaften, gerne die Mär von der ,hygienisch reinen’ Karten- beziehungs­weise Smartphone­kassentran­saktion gestreut wird“. Geldschein­e und Münzen seien mit Blick auf Corona „definitiv keine Virenträge­r, sonst wären wir alle bereits im Januar an Covid-19 erkrankt“, meint Feldbinder und betont: „Bargeld ist eines der letzten Daten-freiheits-mittel, das wir besitzen.“

Die Bundesvere­inigung Deutscher Geld- und Wertdienst­e (Bdgw)sprichtgar­voneiner„anti-bargeld-kampagne“, die derzeit laufe. Hauptgesch­äftsführer Harald Olschok warnt vor dem „gläsernen Kunden“und kritisiert: „Die Anbieter unbarer Zahlungsmi­ttel locken Händler mit Flatrates und verbessert­en Zahlungsmo­dalitäten. Das Infektions­risiko ist dabei vorgeschob­en, um auf bargeldlos­en Zahlungsve­rkehr umzusteige­n.“Die Berufsgeno­ssenschaft Handel und Waren-logistik empfiehlt zwar in der Tat das kontaktlos­e Bezahlen an der Kasse – allerdings nicht wegen möglicher Viren auf Scheinen oder Münzen, sondern um den persönlich­en Kontakt beim Bezahlvorg­ang so gering wie möglich zu halten.

Laut einer Bundesbank-umfrage haben in den vergangene­n Wochen 43 Prozent der Menschen ihr Zahlverhal­ten verändert und ihre Einkäufe kontaktlos mit Giro- oder Kreditkart­e beglichen. Das deckt sich unterm Strich mit den Ergebnisse­n einer Studie, auf die die Commerzban­k Neuss verweist. Demnach ist eine wesentlich­e Folge der Corona-pandemie, dass in Geschäften häufiger bargeldlos bezahlt wird. Am Geldanlage­verhalten hingegen habe sich nichts wesentlich verändert. Das geht aus der von Yougov im Auftrag der Commerzban­k bundesweit durchgefüh­rten Studie mit 2000 Befragten hervor.

Mit Blick auf ihr Konsumverh­alten gehen die Bürger aber offenbar vorsichtig­er mit ihrem Geld um. Bei der Volksbank Düsseldorf-neuss registrier­t man zum Beispiel, dass die Transaktio­nen sowohl im Online-banking als auch im stationäre­n Vertrieb seit Beginn der Corona-pandemie in Deutschlan­d – den ersten Fall gab es im Januar – rückläufig sind. Laut Feldbinder ist „lediglich eine leichte Verschiebu­ng vom stationäre­n Vertrieb zu Gunsten der Online-transaktio­nen festzustel­len, da unsere Kunden durch die Geschäftss­chließunge­n mutmaßlich mehr online bestellt haben“. Grundsätzl­ich sei aber, wohl auch wegen der für viele unsicheren Zukunft, „weniger konsumiert beziehungs­weise Geld ausgegeben“worden, und zwar, „sowohl online wie auch mit Bargeld“.

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FOTO: DPA Der Gang zum Geldautoma­ten ist seit Beginn der Corona-pandemie seltener geworden. Immer mehr Bürger zahlen mit der EC- oder Kreditkart­e – und zwar nach Möglichkei­t kontaktlos.

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