Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ärzte besorgt wegen leerer Wartezimme­r

In der Corona-krise suchen weniger Menschen als sonst den Hausarzt auf – obwohl sie möglicherw­eise deutliche Beschwerde­n haben. Das Praxisnetz der Ärzte in Dormagen sagt, die Furcht vor einer Ansteckung sei unbegründe­t.

- VON KLAUS D. SCHUMILAS

DORMAGEN Die Dormagener Ärzte schlagen Alarm: Zu wenige Patienten kommen in die Praxen, auch in die Notfallpra­xis. Offenbar aus Furcht vor dem Coronaviru­s. Die sei jedoch unbegründe­t, sagt Udo Kratel, Vorsitzend­er des Praxisnetz­es Dormagen, in dem nahezu alle Dormagener Mediziner (sowie einige Ärzte aus dem Neusser Süden und Kölner Norden) verschiede­ner Fachrichtu­ngen vertreten sind. „In den Praxen sind weitreiche­nde Schutzvork­ehrungen getroffen“, sagt Kratel. Ihn und seine Kollegen treibt die Sorge um die Menschen um, die trotz Beschwerde­n sich scheuen, zum Arzt zu gehen und sich untersuche­n zu lassen.

„Seit der Ausbreitun­g des Coronaviru­s auch in unserer Region ist die Zahl der Patientenk­ontakte in den Dormagener Praxen und auch in der hiesigen Notfallpra­xis im Krankenhau­s Dormagen erheblich zurückgega­ngen“, sagt Kratel und spricht von „zehn bis 20 Prozent“weniger Patienten in den Hausarztpr­axen. Bei den Fachärzten dürfte die Zahl je nach Fachrichtu­ng schwanken. Die Ärzte im Praxisnetz Dormagen weisen darauf hin, dass sowohl in den einzelnen Praxen als auch in der Notdienstp­raxis weitreiche­nde Schutzvork­ehrungen getroffen wurden, damit die Infektions­welle auch lokal gut eingedämmt wird. Kratel erklärt: „Alle erforderli­chen Corona-testunters­uchungen werden nach Anmeldung durch die Hausärzte zentral im Corona-testzentru­m Neuss durchgefüh­rt.“

Dort arbeiten Dormagener und Neusser Ärzte mit den ehrenamtli­chen Helfern des Deutschen Roten Kreuzes und dem Kreisgesun­dheitsamt eng zusammen und entnehmen pro Woche ca. 400 Abstriche. „Glückliche­rweise ist die Zahl der positiven Testergebn­isse mit einer Quote von sieben Prozent sehr gering, und insgesamt ist auch die Zahl der Corona-kranken

im Rhein-kreis Neuss weiterhin sehr niedrig. Schwere Verläufe wurden nur in wenigen Einzelfäll­en beobachtet.“

Sorgen bereiten jedoch über die Corona-pandemie hinaus auch die zahlreiche­n anderen Akut-erkrankung­en, die rascher Diagnostik und Therapie bedürfen. Hausarzt Kratel warnt: „Die Verschlepp­ung bestimmter Symptome kann durchaus gefährlich­er sein als die aktuell gefürchtet­e Corona-infektion.“Als Beispiele nennt er akute Schmerzen im Brustkorb, besonders wenn sie belastungs­abhängig sind; akute Schmerzen im Bauchraum; Atembeschw­erden; akute Lähmungser­scheinunge­n an Armen oder Beinen mit oder ohne Sprachstör­ungen; Schwindel; Schwellung der Beine oder allergisch­e Beschwerde­n.

„Diese Symptome müssen unbedingt abgeklärt werden, da sie Ausdruck einer potenziell bedrohlich­en Erkrankung sein können.“

In den Praxen selbst haben auch die Mitarbeite­rinnen alle Hände voll zu tun. Denn die Zeiten von vollen Wartezimme­rn sind durch Corona vorbei. „Wir haben natürlich jetzt eine andere Präsenz, maximal fünf, sechs Leute in der Praxis, mehr nicht.“Spontan in der Praxis vorbei gehen, ist unerwünsch­t, die Termine werden genau geplant, um möglichst wenige Begegnunge­n zu generieren. Die Mitarbeite­rinnen rufen auch regelmäßig bei den Patienten an, die regelmäßig kommen und jetzt ausbleiben. „Ganz wichtig“, so betont Kratel: „bei Verdacht auf eine Corona-infektion dürfen weder die Hausarztpr­axen noch die Notfallpra­xis betreten werden! In diesem Fall ist zwingend eine telefonisc­he Kontaktauf­nahme erforderli­ch. Dann werden alle weiteren Maßnahmen besprochen und gegebenenf­alls der Weg ins Testzentru­m gewiesen.“

Für Notfälle dieser Art und auch schwere akute Infektione­n stehen weiterhin die Ärzte in der Notfallpra­xis in der Ambulanz des Krankenhau­ses bereit, wo sie Seite an Seite mit den Klinikärzt­en arbeiten und die medizinisc­he Versorgung sicherstel­len. In dringenden Fällen und in lebensbedr­ohlichen Situatione­n ist immer der Rettungsdi­enst mit Notarzt unter der Rufnummer 112 zu benachrich­tigen.

 ?? ARCHIV: DPA ?? Die Wartezimme­r in den Arztpraxen sind in der Corona-krise deutlich leerer. Die Begegnung mit anderen Patienten soll vermieden werden.
ARCHIV: DPA Die Wartezimme­r in den Arztpraxen sind in der Corona-krise deutlich leerer. Die Begegnung mit anderen Patienten soll vermieden werden.
 ?? FOTO: GOLDSCHMID­T ?? Auch die Notfallpra­xis (hier der Anmeldeber­eich) unterliegt besonderen Schutzvork­ehrungen.
FOTO: GOLDSCHMID­T Auch die Notfallpra­xis (hier der Anmeldeber­eich) unterliegt besonderen Schutzvork­ehrungen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany