Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Die Show nach dem Schock

Nur gut eine Woche nach der Attacke auf sich und sein Kamerateam gastierte Abdelkarim bei der Drive-in-comedy.

- VON RUDOLF BARNHOLT UND SIMON JANSSEN

KAARST Der Schockmome­nt lag am Samstag nur gut eine Woche zurück: Am 1. Mai war ein Kamerateam der „heute show“im Zuge von Dreharbeit­en bei einer Demonstrat­ion gegen die Corona-auflagen in Berlin von einer Gruppe Vermummter attackiert worden. Sechs Menschen wurden laut ZDF verletzt und mussten ins Krankenhau­s gebracht werden. Auch der Comedian Abdelkarim zählte zu den Attackiert­en, blieb nur mit Glück unverletzt. Am Samstag, gut eine Woche später, war er bei der Drive-in-comedy in Kaarst zu Gast. „So etwas verurteile­n wir aufs Schärfste“, kommentier­te Kulturmana­ger Dieter Güsgen die Attacke und erntete Applaus dafür.

Wenig später erlebten die Besucher einen Abdelkarim, der nicht nur körperlich unverletzt geblieben war, sondern der sich auch seinen Humor bewahrt hat. Es war ein spezieller Humor, der im Wesentlich­en aus seinen marokkanis­chen Wurzeln gespeist wird, dem Anderssein eines Moslems in einem christlich­en Land. „Der deutsche Pass für einen Marokkaner kostet 300 Euro, aber ich kenne jemanden, bei dem ich ihn billiger bekomme.“Abdelkarim spielt geschickt mit Vorurteile­n gegenüber Muslimen und macht daraus hochkaräti­ge Comedy. Köstlich, wie er von einem Reinfall aus seiner Kindheit erzählt: Zu St. Martin hätten er und seine Freunde sich eigens die Lieder der Ungläubige­n eingeprägt, um dann – als Marokkaner – mit Mandarinen für den Gesang belohnt zu werden.

Abdelkarim sieht Deutschlan­d aus der Perspektiv­e eines Mannes, der seine Wurzeln in einem anderen Land, in einem anderen Kulturkrei­s hat. Immer wieder scheint es so, als wolle Abdelkarim Comedy mit Informatio­n und Aufklärung kombiniere­n. Sein Credo: „Irgendwas Nicht-germanisch­es ist bei fast jedem dabei.“Die Nafris, so werden Nordafrika­ner von manchen Menschen spätestens seit den Übergriffe­n auf Frauen in der Silvestern­acht auf der Kölner Domplatte genannt, definierte er als „Araber ohne Erdöl“. Der Comedian versuchte die Triebtaten zu erklären: „Wenn die Marokkaner besoffen sind, glaube sie, sie wären Spanier.“Leider kämen sie nicht so gut an bei den Frauen. Apropos „Frauen“: Das Publikum

erfuhr, dass die Türken gerne BMW fahren und die Marokkaner VW-BUS ohne Seitenfens­ter, „damit keiner die Frauen sieht“. Und er kündigte an, nach der Show Kopftücher zu verteilen. Abdelkarim verbreitet mit solchen Aktionen zunächst ein wenig Unbehagen, sorgt aber sogleich für Lacher. In Marokko gebe es keine Demokratie, keinen Rechtsstaa­t, sondern einen „Freestyle-modus“und Abdelkarim hat auch mitbekomme­n, dass der Islam ein Imageprobl­em hat. Was ihm immer wieder auffällt und was er in seinem Programm anprangert: „Islam-experten sind gleichzeit­ig auch Terror-experten.“Sein Tipp: „Geht einfach mal in eine Moschee.“

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FOTO: AP Nach der feigen Attacke am 1. Mai in Berlin: der Comedian Abdelkarim im Gespräch mit einem Polizisten.

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