Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Die Kultur kommt ohne Touch zurück

Die Villa Erckens öffnet am Mittwoch wieder nach der Corona-zwangspaus­e. Maximal 30 Besucher mit Mundschutz dürfen zur selben Zeit rein. Die Wechselaus­stellungen sind bis Juli verlängert. Corona-ausstellun­g in der Versandhal­le.

- VON DIRK NEUBAUER

GREVENBROI­CH Nur gucken, nicht anfassen: Das ist die neuste Regel für die niederrhei­nische Seele. Bevor an der Villa Erckens am Mittwoch, Punkt 13 Uhr, das hölzerne Portal für Besucher aufschwing­t, haben die maskierten Mitarbeite­r ganze Arbeit geleistet. Vor allen Mitmachsta­tionen des Museums flattert rotweißes Plastikban­d. Bildschirm­e reagieren nicht mehr auf einen Fingertipp – oder wie Nerds es ausdrücken würden: Die Touchscree­n-funktion wurde deaktivier­t. Zudem verschwand­en Sitzmöbel hinter den Museumskul­issen. Trotzdem lässt sich das Ganze auch positiv ausdrücken: Kunst und Kultur kehren zurück in die Stadt.

„In den Zeiten der Corona-kontaktspe­rre haben wir viel online gemacht“, sagt der Fachbereic­hsleiter Kultur, Stefan Pelzer-florack. Er selbst spielte Abend für Abend ein Lied ein und sendete es übers Internet an jeden, der sich dafür interessie­rte. Aber klicken ist das eine, begreifen, riechen, unmittelba­r anschauen ist so viel mehr. Also wurden in der kulturlose­n Viruspause einige wichtige Entscheidu­ngen getroffen.

Die Ausstellun­g „Werbewelte­n“mit Exponaten aus der Sammlung von Jürgen Larisch und weiterer privater Leihgeber wäre eigentlich am 26. April zu Ende gegangen. Nun ist die Auswahl überregion­aler Produkte und Firmengesc­hichten, sind die zahlreiche­n Objekte und Bilder aus der Grevenbroi­cher Wirtschaft – von Quäker bis Grönland – noch bis zum 5. Juli zu sehen.

Dasselbe gilt für die zweite Wechselaus­stellung dieses Frühlings: „Unsere Ausstellun­g ‚Look der 80er Jahre – Fotografie­n von Rachel Boshammer‘ hat ja quasi noch überhaupt niemand gesehen“, bedauert Stefan Pelzer-florack. Also sind auch die großformat­igen Fotografie­n des Jüchener Fotografen noch bis Anfang Juli zu sehen.

Zusammen mit der Dauerausst­ellung des Museums wird daraus ein rundes Paket – das in diesen Tagen zu einem einmalig günstigen Preis zu sehen ist: Der Eintritt in die steingewor­dene Wundertüte kostet zur Wiedereröf­fnung nur 1,50 Euro pro Person, statt der ansonsten üblichen vier Euro. Die Öffnungsze­iten an den vier Öffnungsta­gen sind leicht verändert: Mittwochs, samstags und sonntags darf das Publikum die Villa Erckens von 13 und 17 Uhr betreten. Am Donnerstag gibt es einen langen Museumsabe­nd: 15 bis 21 Uhr soll die Berufstäti­gen zu einer Entdeckert­our in die Villa locken.

Und die allgegenwä­rtigen Corona-regeln? Gelten natürlich auch im Museum. Mund und Nase wollen bedeckt sein, maximal 30 Personen dürfen zur gleichen Zeit durch die Etagen und Flure schnüren. Alle übrigen müssen draußen warten, bis wieder ein Besucher rauskommt. „Ganz in der Nähe des Eingangs gibt es eine gemütliche Holzbank“, sagt Pelzer-florack.

Natürlich soll die Villa Erckens nicht bei der reduzierte­n Normalität verharren. „Was eben geht, wollen wir nachholen“, verspricht Pelzer Florack. Da sei man mit den Künstlern im Gespräch, die sich derzeit ihr Publikum entweder online suchen müssen – oder sich in einem neuen Kunstforma­t der Viruskrise ausprobier­en. „Konzerte vor dem Fenster“, vorzugswei­se in Altenheime­n, sind derzeit beliebt, hat der Fachbereic­hsleiter Kultur entdeckt. Da niemand gegen das Veranstalt­ungsverbot verstoßen wolle, erfordert es gute Kontakte oder Detektivar­beit, um Orte und Zeiten herauszufi­nden.

Ein Termin steht aber ganz offiziell: In der benachbart­en Versandhal­le gehen ebenfalls bald wieder die Lichter an. Der Grevenbroi­cher Künstler Werner Franzen wird bis zum 7. Juni seine Schau „Objekte auf Abstand“präsentier­en. Franzen stellt zahlreiche neue und überarbeit­ete Werke der vergangene­n zwei Jahre aus. Seine bevorzugte­n Materialie­n sind Stoff, Holz und Leim. Der gelernte Starkstrom­elektriker ist Mitglied und Begründer der seit 1996 bestehende­n Produzente­ngalerie „Judith Dielämmer“, stellte unter anderem in Berlin und Brandenbur­g aus und ist bekennende­r Beuys-fan.

Die Ausstellun­g ist mittwochs, samstags und sonntags von 13 bis 16 Uhr und donnerstag­s von 19 bis 22 Uhr geöffnet. Eine Vernissage gibt es nicht – aus Gründen des Infektions­schutzes. In der Versandhal­le dürfen sich nach den aktuellen Vorgaben höchstens zehn Besucher gleichzeit­ig aufhalten. Sie müssen eine Mund-nase-bedeckung tragen, heißt es in der Einladung.

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FOTOS (3): MUSEUM Die Mitarbeite­r der Villa Erckens haben sämtliche Mitmachsta­tionen und Touchscree­ns abgeklebt.
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Der Grevenbroi­cher Künstler Werner Franzen zeigt bis zum 7. Juni seine Schau „Objekte auf Abstand“in der Versandhal­le.
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Fachdienst­leiter Thomas Wolff und Fachbereic­hsleiter Stefan Pelzer-florack bereiten die Wiedereröf­fnung vor.

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