Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Schützen trotzen Corona mit Böllern
Die Schützen der St.-sebastianus-bruderschaft haben ihr großes Fest zwar abgesagt. Doch an einigen Traditionen hielten sie fest: dem Kanonenböllern, den Fahnen und dem Besuch im Altenheim.
GARZWEILER Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg musste das Schützenfest in Garzweiler, das wohl größte Fest im Ort, wegen der Corona-pandemie ausfallen. Der Fest-termin wäre am Wochenende gewesen. Die Schützen wollten trotzdem an ihr geliebtes Fest erinnern, und zwar unüberhörbar: Ganz in diesem Sinne böllerte die Artillerie am Samstag ab 12 Uhr ein Fest ein, das gar nicht stattfand. Für einen Moment ein fast normaler Schützenfest-samstag.
„Garzweiler zeigt Flagge“– diesem Aufruf der Schützen waren viele Bürger und hatten die Fahne an ihren Häusern gehisst. Dazu hatten Brudermeister Hubert Bierewirtz und Oberst Peter Schiffer aufgerufen. Mit der Resonanz auf diesen Aufruf waren sie zufrieden. „Wir wollten die Menschen feiern, die in dieser Krise Großes für unsere Gesellschaft leisten und ihnen danken, indem wir Flagge zeigen“, erklärte der Oberst.
Der Vorstand der Garzweiler Schützen hatte sich schon sehr früh entschieden, das Schützenfest ausfallen zu lassen. Jürgen und Dorothee Teppler, die eigentlich am Freitagabend zum Königspaar hätten gekrönt werden sollen, waren damit einverstanden – aufgeschoben ist schließlich nicht aufgehoben.
Geböllert wurde nicht, wie ursprünglich geplant, mit drei Kanonen, sondern nur mit zwei. Ein Geschütz stand zunächst im Anger „Am Gerhardsweiler“und später auf der Garzweiler Allee gegenüber der Bäckerei. Brudermeister Hubert Bierewirtz hatte sich auf dem Zeltplatz eingefunden. „Wir stehen jetzt mitten im Zelt“, scherzte Geschäftsführer Michael Pfankuch, bevor insgesamt 19 Kartuschen in das Kanonenrohr eingeführt und abgeschossen wurden. Michael Aretz steuerte seine Drohne über den Kirmesplatz, um Fotos zu machen von einer Ausnahmesituation, wie es sie noch nie gegeben hat und die ganz sicher in die Bruderschaftsgeschichte eingehen wird.
Der Blick auf den Friedhof mahnte, Corona ernst zu nehmen. Dort hatten die Schützen vor einer Woche ihren Kameraden Uwe Wagner zu Grabe getragen – der 58-Jährige war an den Folgen der Viruserkrankung gestorben.
Die Stadt hatte in diesem Jahr nicht den großen Berg von Rindenmulch abtragen müssen wie sonst vor dem Schützenfest.„es tut mehr als nur ein bisschen weh, dass wir in diesem Jahr kein Schützenfest feiern können“, gestand Bierewirtz. Aber ein bisschen Normalität musste sein. Dazu gehörte am Samstagnachmittag der Besuch einer kleinen Delegation im Altenheim. Schützenbruder Carsten Görtz hatte dafür gesorgt, dass die Schützen ein in diesen Zeiten enorm wertvolles Gastgeschenk mitbringen konnten: 100 Liter Desinfektionsmittel.
„Eigentlich sollte die Musik aus einem Ghettoblaster kommen, doch es sollte anders kommen, besser, authentischer: Die Jägerkapelle Hochneukirch spielte um 15 Uhr mit Genehmigung von Bürgermeister Harald Zillikens auf. Den Senioren merkte man ihre Freude über diese kleine Abwechslung an. Mit dabei: Fahnenschwenker Christoph Coersten.
Präsident Bierewirtz betonte in seiner kurzen Ansprache, dass es gerade in schwierigen Zeiten gelte, Verbundenheit zu zeigen. Der Versuch, die alten Menschen aufzumuntern, schien geglückt. Am Sonntag hielt Präses Ulrich Clancett eine Messe, und zwar nicht in Garzweiler, sondern in der Pfarrkirche St. Jakobus in Jüchen. 50 Schützen durften diese Messe erleben und auf einen ausreichend großen Abstand achten. Der Vorstand war vertreten und von jedem Zug ein Schütze. Bereits in der Woche war eine Blumenschale am Denkmal für die Opfer der beiden Weltkriege niedergelegt worden.