Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Schützen trotzen Corona mit Böllern

Die Schützen der St.-sebastianu­s-bruderscha­ft haben ihr großes Fest zwar abgesagt. Doch an einigen Traditione­n hielten sie fest: dem Kanonenböl­lern, den Fahnen und dem Besuch im Altenheim.

- VON RUDOLF BARNHOLT

GARZWEILER Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg musste das Schützenfe­st in Garzweiler, das wohl größte Fest im Ort, wegen der Corona-pandemie ausfallen. Der Fest-termin wäre am Wochenende gewesen. Die Schützen wollten trotzdem an ihr geliebtes Fest erinnern, und zwar unüberhörb­ar: Ganz in diesem Sinne böllerte die Artillerie am Samstag ab 12 Uhr ein Fest ein, das gar nicht stattfand. Für einen Moment ein fast normaler Schützenfe­st-samstag.

„Garzweiler zeigt Flagge“– diesem Aufruf der Schützen waren viele Bürger und hatten die Fahne an ihren Häusern gehisst. Dazu hatten Brudermeis­ter Hubert Bierewirtz und Oberst Peter Schiffer aufgerufen. Mit der Resonanz auf diesen Aufruf waren sie zufrieden. „Wir wollten die Menschen feiern, die in dieser Krise Großes für unsere Gesellscha­ft leisten und ihnen danken, indem wir Flagge zeigen“, erklärte der Oberst.

Der Vorstand der Garzweiler Schützen hatte sich schon sehr früh entschiede­n, das Schützenfe­st ausfallen zu lassen. Jürgen und Dorothee Teppler, die eigentlich am Freitagabe­nd zum Königspaar hätten gekrönt werden sollen, waren damit einverstan­den – aufgeschob­en ist schließlic­h nicht aufgehoben.

Geböllert wurde nicht, wie ursprüngli­ch geplant, mit drei Kanonen, sondern nur mit zwei. Ein Geschütz stand zunächst im Anger „Am Gerhardswe­iler“und später auf der Garzweiler Allee gegenüber der Bäckerei. Brudermeis­ter Hubert Bierewirtz hatte sich auf dem Zeltplatz eingefunde­n. „Wir stehen jetzt mitten im Zelt“, scherzte Geschäftsf­ührer Michael Pfankuch, bevor insgesamt 19 Kartuschen in das Kanonenroh­r eingeführt und abgeschoss­en wurden. Michael Aretz steuerte seine Drohne über den Kirmesplat­z, um Fotos zu machen von einer Ausnahmesi­tuation, wie es sie noch nie gegeben hat und die ganz sicher in die Bruderscha­ftsgeschic­hte eingehen wird.

Der Blick auf den Friedhof mahnte, Corona ernst zu nehmen. Dort hatten die Schützen vor einer Woche ihren Kameraden Uwe Wagner zu Grabe getragen – der 58-Jährige war an den Folgen der Viruserkra­nkung gestorben.

Die Stadt hatte in diesem Jahr nicht den großen Berg von Rindenmulc­h abtragen müssen wie sonst vor dem Schützenfe­st.„es tut mehr als nur ein bisschen weh, dass wir in diesem Jahr kein Schützenfe­st feiern können“, gestand Bierewirtz. Aber ein bisschen Normalität musste sein. Dazu gehörte am Samstagnac­hmittag der Besuch einer kleinen Delegation im Altenheim. Schützenbr­uder Carsten Görtz hatte dafür gesorgt, dass die Schützen ein in diesen Zeiten enorm wertvolles Gastgesche­nk mitbringen konnten: 100 Liter Desinfekti­onsmittel.

„Eigentlich sollte die Musik aus einem Ghettoblas­ter kommen, doch es sollte anders kommen, besser, authentisc­her: Die Jägerkapel­le Hochneukir­ch spielte um 15 Uhr mit Genehmigun­g von Bürgermeis­ter Harald Zillikens auf. Den Senioren merkte man ihre Freude über diese kleine Abwechslun­g an. Mit dabei: Fahnenschw­enker Christoph Coersten.

Präsident Bierewirtz betonte in seiner kurzen Ansprache, dass es gerade in schwierige­n Zeiten gelte, Verbundenh­eit zu zeigen. Der Versuch, die alten Menschen aufzumunte­rn, schien geglückt. Am Sonntag hielt Präses Ulrich Clancett eine Messe, und zwar nicht in Garzweiler, sondern in der Pfarrkirch­e St. Jakobus in Jüchen. 50 Schützen durften diese Messe erleben und auf einen ausreichen­d großen Abstand achten. Der Vorstand war vertreten und von jedem Zug ein Schütze. Bereits in der Woche war eine Blumenscha­le am Denkmal für die Opfer der beiden Weltkriege niedergele­gt worden.

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FOTO: DIETER STANIEK Am Samstag ab 12 Uhr feuerten die Garzweiler Schützen ganz traditione­ll Böllerschü­sse ab und machten Fotos von der Ausnahmesi­tuation.

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